II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 471

Wien, Samstag
n, die sich auf niederen Stufen der
natürlichen Gefühlen entsprechend
n umgeben wird. Die Vorgänge
enden Stückes bilden, sind in dieser
ger Art. Die deutsche Kultur
iß keinen Schaden leiden,
her Vorgänge auf offener Bühne
eifall und Händeklatschen bei den
genrufe bei den Sozialdemokraten
handelt sich um eine Ver¬
as Sie sagen, hat mit der Ver¬
(Fortgesetzte Zwischenrufe.)
lanz: Ich glaube auch nicht, daß
er Bevölkerung, die einen schweren
Verlust betrachten werden, wenn
er Genießer — die Berichte
und das Verhalten des Publikums
ßt an dieser Charakteristik keinen
lichen Empfinden und dem Ernst
rgnügen entzogen wird.
(Sozialdemokrat): Das
ist
Gegenrufe bei den Christlich¬
#rm.)
lanz: Die Regierung
glaubt, sich
er öffentlichen Meinung
in Wien
Uebereinstimmung
befinden.
zu
eAuffassung auch die Billigung
pischenrufe.)
Seite der Frage.
rage betrifft, handelt es sich um
Magistrats den Verhältnissen, wie
„Reigen“ gestaltet haben, nicht
war es nach den geltenden
elche die Theaterangelegenheiten
isteriums des Innern zuweisen,
flicht, die weiteren Auf¬
ngen. Wenn nun von seiten des
Recht zur Aufsicht in seiner
te ich demgegenüber nur kurz
Recht, in dem ich übrigens vor
schon in dem Verhältnis der
en Behörden an sich be¬
enschaft und Praxis niemals be¬
insern obersten Gerichtshöfen stets
Daß es auch in unsre neue Ver¬
wie die Artikel 103 und 142 aus¬
echt der Aufsicht entspricht
ungzer Durchführung der
ungen Auch diese Verpflichtung
und kommt auch in der neuen
ie Regierung wird in analogen
handeln, mögen sie welche
(Lachen und Widerspruch bei den
esetzte lärmende Zwischenrufe des
chner: Herr Abgeordneter
rdnung wegen fortgesetzter
nrufe.)
lanz: Auf die gegen mich ver¬
ggen will ich nicht näher eingehen.
über mein Wirken getrost
mkenden Menschen über¬
Stürmischer Beifall und Hände¬
dzialen. — Fortgesetzte lärmende
demokraten.) Ich kann nur betonen,
#gen sie von wo immer
weit von dem, was ich als Pflicht
imstande sind.
auf die
er
— Prügeleien.
Bundesministers gehen in dem
die Bemerkung hervorruft, er über¬
rken jedem anständig denken¬
r Ministerbank zunächst stehenden
Aeußerung, die als eine Heraus¬
Monat!“ „Wie viel werden die
ch weiter. — „Wos koste, koste ...!“
Sie scherzen, schalkhafter Meister
n wissen, was der Macherlohn be¬
.. betragen ... betragen wird...
es war im Jänner. Anfang März,
ich wieder. Auch Ende März. Auch
PEi
be
Neues Wiener Taghlatt.
12 Februar 1921.
sorderung und Beleidigung der ganzen Partei aufgefaßt wird,
zu schwach, um eine Regierung von Angestellten oder ger
Söldlingen zu ertragen. (Lebhafte Zwischenrufe bei den
aut schreiend weiter, und im Nu stehen die rad kalen Elemente
Christlichsozialen. Ruse: Unerhört! Sie sprechen von Söld¬
der Linken Dr Glanz gegenüber, der sich nach Beendigung seiner
ingen?) Das ist der eigentliche Fehler. Wenn die Mehrheit
Rede niedergesetzt hat und nun ohne jede Erwiderung den
des Hauses den Mut gehabt hätte, selbst zu regieren, so hätten
ganzen Sturm über sich ergehen läßt. Die Abgeordneten
sie gewiß das notwendige Verständnis und den notwendigen
Zelenka, Witternigg und später Widholz drängen
olitischen Takt gehabt, der in der Entscheidung dieser Frage
ich in die erste Reibe vor, gehen mit erhobenen Fäusten gegen
notwendig ist. (Zwischenrufe bei den Christlichsozialen.) Das
die Ministerbank los und schlagen drohend auf das Pult los
kann man natürlich ein m jungen, strebsamen Mann, der einige
unter den Rufen: „Wer ist ein unanständiger Mensch, Sie
Jahre in Präsidialbureaux gedient hat und dann plötzlich auf
Lakaienfeele? Hinaus mit Ihnen!“ Sie wiederholen diese Rufe
einen solchen Posten berufen wurde, nicht zumuten. (Zwischen¬
ununterbrochen und trommeln dabei mit aller Kraft auf das
rufe bei den Christlichsozialen.) Wenn es zum Beispiel richtig
st, daß sich Herr Dr. Glanz erkühnt hat, zu sagen, er überlasse
Pult los. Man versucht, sie zurückzuziehen, aber vergeblich, und
das Urteil das von einer großen Partei des Hauses be¬
die Situation sieht einige Augenblicke hier für Dr. Glanz be¬
anständet wurde, jedem anständigen Menschen, so ist das eine
drohlich aus.
edeweise, die ungehörig ist. Einen großen Teil der Aus¬
Er erhält indessen von der rechten Seite Sukkurs, von we
führungen des Ministers hat die Darstellung
seiner
einige christlichsoziale Agrarier sich den Weg zum Platze des
ästhetischen Auffassungen über irgendein Schauspiel
Bundesministers Dr. Glanz bahnen wollen. Durch dieses
eingenommen, daß jetzt in Wien aufgeführt wird. Die ästheti¬
Drängen kommt der vor der Ministerbank zusammengedrängte
schen Auffassungen des Dr. Glanz interessieren uns gar nicht.
Menschenknäuel in Bewegung, und es entsteht im Zentrum des
er hat aber eingestanden, daß die Gestattun der Aufführung
Hemizykles eine Keilerei, die infolge des Eingreifens der Ordner
auf Grund des Beschlusses des Zensurbeines, also der amt¬
lich berufenen Stelle, erfolgt ist. Der Land shauptmann von
zuerst noch wuster wird. Es regnet Püffe und Stöße von allen
Wien hat sich bei seiner Entscheidung einfal auf die von der
Seiten, und erst die Intervention des Abg. Fink, der sich mit
zuständigen Stelle bekundete Auffassung gestützt. Ich wünsche
Riesenkraft den Weg in die Mitte der Raufenden bahnt, er¬
nicht einmal anzudeuten, wie ich über die Aufführung denke.
möglicht es, die Streitteile auseinander zu reißen. Dabei erhält
Wir kümmern uns auch nicht darum, welches Publikum das
der gewesene Bundeshauptmann Sever, der seine Partei¬
Stück anhört. Wenn hier immer von der bedrohten Sittlichkeit
genossen zu beruhigen versucht, von dem Christlichsozialen
gesprochen wird, die Sittlichkeit der Wiener Arbeiter wird durch
Pirchitz einen Stoß ins Gesicht. Aber auch die andern Ab¬
die Aufführung des „Reigen“ nicht verletzt (Zustimmung bei
geordneten teilen Püffe aus und empfangen Stöße von allen
den Sozialdemokraten), weil die Arbeiter nicht hingehen. Und
Seiten, bis es gelingt, die Ruhe wenigstens halbwegs wieder¬
per sonst immer für seine Sittlichkeit fürchtet, hat ja die Freiheit,
in dem Theater vorüberzugehen. Um was es sich handelt, ist
herzustellen. Unterdessen sind die Abgeordneten Witternigg
die politische Frage, die Frage der Verfassungs¬
und Polzer zur Ordnung gerufen worden, haben aber dessen¬
mäßigkeit diees Erlasses des Dr. Glanz. Es ist eine alte
ungeachtet ihre Kundgebungen gegen Dr. Glanz fortgesetzt.
Taktik der christlichsozialen Partei, in kleinen, untergeordneten
Endlich vermag sich Präsident Dr. Weiskirchner
Fragen zunächst kleine verfassungswibrige Vorent¬
Gehör zu verschaffen und sagt: Ich muß über diese unqualifi¬
scheidungen zu treffen, um sich dann bei wichtigen Anlässen
zierbaren Vorgänge mein tiefstes Bedauern ausdrücken. (Bei¬
auf ein Präjudiz berufen zu können. Wir wissen, daß Sie
fall. — Ahaltende Zwischenrufe und Lärm.) Durch solche Vor¬
die Absicht haben, in den Ländern, in denen Sie die Majorität
gänge wird die Würde des Hauses aufs tiefste geschädigt. (Bei¬
haben, den Landeshauptmann zu einem selbstherr¬
fall: — Zwischenrufe und anhaltende Unruhe.)
lichen Gebieter zu machen, gleichzeitig aber dort, wo ein
Sozialdemokrat als Landeshauptmann wirkt, ihm gegenüber
die sogenannte Staatsautorität geltend zu machen.
Die Debatte.
Dieser Politik werden wir den entschiedensten Wider¬
Abg. Volker (christlichsozial) benerkt, daß aus einem
stand entgegensetzen. Wenn es uns au) gar nicht sympathisch
Theaterstück mit einem Male eine Verfassungsfrage geworden
st, daß wir einen so untergeordneten Anlaß wie eine Theater¬
sei. Die Art. in der Abg. Leuthner den Minister angegriffen
aufführung benützen müssen, um dieses Streben gleich im Keim
habe, zeige, daß die Sozialdemokraten keine Achtung vor der
zu ersticken, so tun wir es dennoch pflichtgemäß. Es darf kein
Verfassung haben. (Widerspruch.) Wer einem Minister sagt, er
Schritt bieser Regierung erfolgen, der die in
sei ein Bedienter, und nicht weiß, daß er ein Diener des Volkes
der Verfassung gewährleisteten Rechte des
ist, der hat eben keine Achtung vor der Verfassung. Es handle
Landes Wien auch nur im geringsten tangiert.
ich nicht um einen Kompetenzkonflikt, sondern darum, daß das
(Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den Sozial¬
Sittlichkeitsgefühl der Bevölkerung durch die Aufführung des
demokraten.) Sie werden bei der Mehrheit der Bevölkerung
Reigen“ verletzt wird, und wenn Landeshauptmann Reu¬
von Wien, im Landtage von Wien und bei der Landesregierung
mann die Sistierung nicht verfügt hat, so sei die Regierung
von Wien gegenüber jedem solchen Versuche einem Wider¬
verpflichtet, einzuschreiten. Sie wollen die ganze Frage auf das
tand begegnen, der eisern ist und den Sie nicht werden
Verfassungsgeleise lenken. Wir stehen auf dem Standpunkt, in
iberwinden können. (Erneuerter lebhafter Beifall und
dieser Zeit müsse die Sittlichkeit gewahrt werden. Ihre Arbeiter¬
Händeklatschen bei den Sozialdemokraten.) Und wern Sie etwa
rauen werden gewiß nicht zum „Reigen“ gehen. Wer geht denn
hoffen sollten, den Widerstand Wiens gegen Verfassungsbrüche
hin.? Nur sattgefressene Schieber! (Stürmischer Beifall bei den
mit bewaffneter Gewalt zu brechen, so werden Sie
Thristlichsozialen. — Lebhafte Zwischenrufe bei den Sozial¬
Gefahr laufen, daß der Gewalt mit Gewalt begegnet
demokraten.) Empören Sie sich darüher, daß es diesen Leuten
wird. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den Sozial¬
versagt sein soll, den „Reigen“ zu sehen? Wir stehen auf dem
demokraten.
— Andauernde Zwischenrufe bei den Christlich¬
Standpunkt, daß die Regierung ihre Pflicht getan hat, und wir
sozialen.)
verteidigen das. (Lebhafter Beifall bei den Christlichsozialen.
Die Rechtslage im vorliegenden Falle ist ganz einfach
Der
Andauernde Zwischenrufe bei den Sozialdemokraten.)
Wir haben, so wie alle alten Gesetze, auch die Theat#rver¬
Bärgermeister Reumann aber hat seine Pflicht verletzt.
ordnung aus dem Jahre 1850 in die Republik übernommen.
Redner verweist auf die Aufführungsverbote in andern deutschen
Nach ihr hat der Landeshauptmant. über Aufführungsgesuche
Städten und erklärt, die Deutschen an der Donau wollen in
zu entscheiden; lehnt er sie ab, so steht dem Bewerber das
ihrem sittlichen Reinlichkeitsgefühl nicht hinter dem übrigen
Rekursrecht an das Bundesministerium zu. Wenn der Landes¬
deutschen Volke zurückstehen.
hauptmann die Aufführung gestattet, so ist sie eben gestattet
und keine andre Behörde hat das Racht, in der Sache eine
Der Standpunkt der Sozialdemokraten.
weitere Entscheidung zu fällen. Aber selbst wenn man sich
auf den Standpunkt des Ministers stellen und annehmen würde
Abg. Seitz: Die höchst bedauernswerten Szenen, die
daß er das Recht hätte, in der Sache irgendeinen Schritt zu
sich hier ereignet haben, sind, wie ich glaube, auf einen schweren
unternehmen, würde er nur berechtigt sein, dem Landes¬
politischen Fehler der christlichsozialen Partei und der Mehrheit
hauptmann den Auftrag zu erteilen, er möge seine
in diesem Hause überhaupt zurückzuführen. Oesterreich ist viel
Auf neun war ich geladen. Um viertel zwei rief man mich
Man werde mich schon verständigen. „Aber“ — kein „aber“,
vor. Im Gerichtssaal herrschten Eile, Ungeruch und ein Ver¬
wenn man bitten dürfe! Ich sei nicht allein auf der Welt!
teidiger, der bei meinem Eintritt dem Richter einen Blick zuwarf,
Nie habe ich so viel geschwitzt wie im vorigen Juli. Es
einen Blick... genug, ich schaute erschrocken an mir abwärts, ob
var zum Unglück besonders heiß, und meine Winteranzüge
ich nicht einen Fehler wahrnehmen könne. Da ich nichts der¬
sind schwer. Es ist wahr, ich habe immer Wert auf weiche,
irtiges, meine Schuhe jedoch in den Händen eines dicken Mannes
schwere Winterstoffe gelegt. Nun . . . bis zu meinem Urlaub
erblickte, trat ich vor. Der Richter sah mich erzürnt an und
dachte ich, wird die Sache ja erledigt sein. Er fiel in den August.
KERERLLSMMHMERLELE
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