Sette 2
Wien, Samstag
Aufführungen durch das Bundesministerium des Innern
getan und der Endabsehntt der heutigen Sitzung bot
ein Bild wie aus der guten alten Zeit vor dem Krieg
Nur waren die Hauptakteure damals andere.
Ihre Rolle übernahmen
heute die
Sozial¬
demokraten. Man muß es anerkennen, daß sie dieselbe
mit hingehungsvollem Eiser spielten und ihren Vorbildern
aus dem alten österreichischen Parlament talentvoll nach¬
strebten, sie sogar insoferne übertrafen, als sie ihren
Krawall ohne Zuhilfenahme technischer Mittel lediglich
mit ihren eigenen Fäusten und Siimmitteln bestritten.
Sofort nach dem Bekanntwerden des „Reigen“=
Verbotes kam Bewegung in die Reiben der Sozialdemo¬
kraten. Ein Abgeordneter sammelte Unterschriften, drängte
besonders die Frauen dazu. Es war zu ersehen, daß es
sich um die Unterstützung eines dringlichen Antrages oder
einer dringlichen Anfrage handelte. Und sofort, als sich
die Abgeordneten zur Annahme des letzten Punktes der
Tagesordnung das letzte Mai von den Sitzen erhoben
hatten, schritt Abg. Leuthner zum Rednerpult und
stellte die Anfrage „ob der Bundesminister für Inneres
den verfassungswidrigen Erlaß über das Verbot
der Aufführung des „Reigen“ sofort zurück¬
ziehen wolle. Abg. Leuthner ist nicht ganz gesund und
die gebotene Rücksicht auf seinen bedauernswerten
Zustand verbietet es dem Taktgefühl, auf die Art,
wie er seine Anfrage begründete, charakterisierend
einzugeben. Erwähnt sei nur, daß er auf den Bänken
der Mebrheit des Hauses mitleidiges Lächeln ernteie.
Bundesminister Dr. Glanz erteilte unverweilt
die Antwort. Sachlich, bündig, ruhig und kühl, wie es
seine bekannte Art ist. Sein Auftreten im Nationalrat
zeigt ihn immer wieder als einen Mann von Kenntnissen,
Verantwortungsgefühl, geradlieniger Tatkraft und Kalt¬
blätigkeit. Gerade seine Beherrschtheit scheint die Sozial¬
demokraten am meisten zu reizen. Sie, die sich angeblich
zur Verteidigung der Verfassung erhoben hatten,
verloren auch diesmal wieder mährend der Aus¬
führungen des Bundesministers völlig ihre Fassung
und kamen
außer #and und Band wie
kam je in den Marenzeiten der Opposition.
Für ihre Auffassung von parlamentarischem Benehmen
ein beschämendes, für den Zuschauer beinahe ein ergötz¬
liches Bild. Männer waren zu sehen, die im vorgeblichen
Kampf für die Kultur ihre ganze Kultur ablegten. Be¬
sonders bemerkenswert tat sich zu Beginn der Minister¬
rede der Abg. Seit hervor.
Er, das Musterbild
würdevoll getrage ner oder — wenn man sich an die Zeit,
wo er selbst auf dem Präsidentenstuhl saß, erinnert
oft auch schläfriger Rude, stand eifrig tätig mitten unter
den Krawallmachern als einer der lautesten. Ein Zwischenru
des christlichsozialen Abg. Mataja erst brachte
ihn
mieder etwas jür Besinnung und den welleren Kä
mußten kleinere Gölter besorgen. Sie taten es mit
Ausdauer und Fertigkeit,
daß Bundesminister
s9
Dr. Glanz Mühe datte, sich verständlich zu machen
und seine Rede soge mehrmals ##erdrechen mußte. Die
Aufregung der Sozialdrmokrate# s#erte sich gerabezu
zur Tobsucht, ais der Bundesminister schließend erklärte,
er überlasse das Urteil über sei: Wirken getrost allen
anstäudigen Menschen. Beschimpfungen erhoben
sich gegen ihn. Fäusle trommelten auf die Ministerbau
und der Minister schien von Tätlichkeiten bedroht. Die
Nachfolge Schreckers berief. Gleich das erste Konzert war
ein schlagender Beweis hiefür. Daß dem begeisterten Mahler¬
schüler „Das klagende Lied“ liegt, konnte man zum voraus
wissen, auch wenn man nicht die Einheitlichkeit und Wucht
der Auffassung, den rhythmischen Zug und die seingetönte
Verteiluno von Licht und Schatten an diesen Abend erleht
hätte Auch Bruckners Te Deum“ gelang ausgezeichnet. Der
vortreffliche, den Winken des Dirigenten willig gehorchende
Chor lang prüchtig.
Die Unermüdlichkeit und Arbeitskraft des
viel¬
beschöftigten Operndirektors Franz Schalf ist schlechtweg
bewunderungswürdig, wenn es auch in einer Hinsicht be¬
dauerlich genannt werden muß, daß sich zumal in den
Gelellschafiskonzerten bei dem routinierten und
12. Februar 1921
Reichspost
geben wird. Die Vorgä
Thristlichsozialen drängten sich heran, um weitere Aus¬
tehenden Stückes bilden,
sit
artungen der Sozialdemokraten zu verhindern. Ge¬
eindeutiger Art.
dränge vor der Ministerbank. Mit schwerer Mühe ge¬
Die deutsche Kultur
lang es den Ordnern, die Ruhe wieder einigermaßen her¬
Schaden leiden, wenn
auf offener Bühne unt
zustellen. Und nun bestieg Abg. Seih die Rednertribüne.
Händeklatschen bei den
Seine Angriffe gegen Bundesminister Dr. Glanz gingen
nicht, daß die breiten
nicht nur über das Maß dessen hinaus, was man für
die einen schweren Exif
einen Mann, der einmal Präsident war, für erlaubt
betrachten werden, wenn
hält, sondern auch über die Grenzen der parlamen¬
nießer — die Berichte ül
Verhalten des Publikum
tarischen Ausdrucksweise überhaupt,
so daß ihm
an dieser Charakteristik
Präsident Dr. Dinghofer den Ordnungsruf erleilte.
lichen Empfinden und de
Der christlichsoziale Abg. Volker wies unter dem
Vergnügen entzogen wir
Beifall der Mehrheit des Hauses, von den Sozial¬
Nach diesen Worten steig
demokraten vielfach stürmisch unterbrochen, die Angriffe
haltenden Larm, so daß der
ermahnen muß.
seiner Vorredner schlagfertig zurück.
Bundesminister Dr.
bei dieser Verfügung mit ##
Die Aufregung brandete nach Schluß der Sitzung
und ganz Niederösterreich
in den Gängen noch weiter. Die Besonnenheit der Christ¬
und ist überzeugt, daß ihre
lichsozialen verhinderte neue Zusammenstöße und jene
hohen Hauses fiuden wird.
ozialdemokratischen Rauhbeine, die den Austritt des
Was
Bundesministers Dr. Glanz aus dem Sitzungssaal ab¬
die for
betrifft, handelt es sich um
warten wollten, mögen es ihnen danken, daß sie von
trates den Verhältnissen,
ihrem vielleicht folgenschweren Vorhaben abgehalten
„Reigen“ gestaltet haben, nich
wurden.
es nach den geltenden
wesche die Theateran
Nachstehend der Bericht im Anschluß an die „Wiener
ört des Bundesmini
Stimmen“:
weisen, mein Recht und
Die Abgeordncten Leuthner (spzdem.) u. Gen. bringen
führungen zu untersagen. We
folgende dringliche Anfrage ein:
fragenden Abgeordneten das
Die Bundesregierung hat die Aufführung des bekannten
so
Bänze bestritten wird,
Theaterstückes „Reigen“ in Wien verboten. Dieses Verbot stellt
darauf verweisen, daß dieses
einen verfassungswidrigen Eingriff der Bundesregierung in die
allem eine Pflicht erbliche,
Rechte des Landes Wien dar, da zur Ausübung der Theater¬
tracht kommenden Behörden
zenfur in Wien ausschließlich der Landeshauptmann von Wien
Wissenschaft und Praxis nien
befugn ist. Das Verbot beweist, daß der Regierung das Diktal
uinseren obersten Gerichtshäfe
der Klerikalen höher steht als die Bestimmungen der Ver¬
daß es auch in unsere neue
fassung. Es wird die Frage gestellt, ob der Bundesminister für
wie die Art. 103 und 142 aus
Inneres den verfassungswibrigen Erlaß über das. Verbot der
der Aufsicht entsprich
Aufführung des „Reigen“ sofort zurückziehen wolle?
pflichtung zur Durch
Schon bei der Verlesung der Anfrage zeigte sich im Saale
Anordnungen. Auch
lebhafte Unruhe. Die Abgeordneten sammelien sich in dem
strittene gewesen und komm
Halbrund um die Ministerbank, als die Sozialdemokraten ihren
zum Ausbruck. Die Regierun
Sturmbock, Abg. Leuthner, für die Einleitung erregter
mnau so handeln, mögen sie
Szenen vorschickten. Aus der Begründung der Dringlichkeit der
Fortgesetze lärmende Zwisch
nfrage durch Abg. Leuthner ist sachlich nur wieder das eine
Präsident ruft ihn zur Ordn
festzustellen, daß es eine brutale Rücksichtslosigkeit ist, einen
Bu##minister Dr. Glas
bedauernswerten, schonungsbedürftigen Kranken in bewußter
Abg. Teuthner erwähnten
Absicht in eine Angelegenheit zu hetzen, der er nicht gewachsen
hehe Haus Gelegenheit habe
st und die ihn zubem noch Aufregungszuständen aussetzt, vor
die Regierung auch diese F#
denen ihn ein wohlmeinender Arzt sicher nur eindringlich
und pflichtgemäßen Weise 15
warnen würbe.
Auf die gegen mich de
Bundesminister Dr. Glanz: Schon vor Zulassung der Aus¬
will ich nicht näher eingehen
führung des „Reigen“, die durch den Magistrat in seiner
über mein Wirken
Eigenschaft als politische Landesstelle erfolgt ist, hat der Herr
denkenden Meuschen
Poligeiprasident beim Herrn Bürgermeister von Wien auf die
Stürmischer Beifall und H#
schveren Bodenken gegen die Aufführung dieses Bühnenwerkes
sozialen. — Fortgesetzte lärme
aufmerksam gemacht. Er verwies hiebei auch auf die geteftte
emokraten.) Ich kann nur
Beurteilung, die vor längerer Zeit schon die bloße Vorlesung
frisse, mögen sie von wo im
der zehn Dialoge in der Publizistil gefunden habe. Der
weit von dem, was ich als
Magistrat als politische Landeepehörde hat jedach dessen¬
mstande sind. (Lebhafter
ungeachtet nach Anhörung des Zensurbeirates mit dem Bescheide
Christlichsozialen, stürmischer
vom 12. Jänner d. J. die Aufführung zugelasse n.
rüse bei den Sozialdemokrate
(unschenrufe.)
Die Aufführung des Stückes gob alsbald zu lebhaften
Die sozialdemokratischen
Erhrierungen in der Oeffentlichkeit Anlaß.
Abg. Pick (sozdem.): In der „Reichspost“! (Zwischennufe
ternigig und Widholz
bes den Sozialdemokraten; Gegenruse bei den Christlich¬
und schlagen solloütig mnt
sozialen. Lörm.)
Bundesminister Dr. Glanz
Bundesminister Dr. Glanz: Hiebei sprach sich die weit
diese Herren nun behaupten
überwiegende Mehrzahl der öffentlichen
rgumente vorgebracht zu
Stimmen ...
Ehrgeiz anderer Genossen. Au
Abg. Seitz (sozdem.): Wo haben Sie das gezählt? Weisen
Sie uns das nach! (Lärm.)
zeigen, da sich endlich wieder
Bundesminister Dr. Glanz: ... dahin aus, daß die Auf¬
zu bieten scheint, nach Herzer
führung ihrem gesamten Eindruck nach
ötinen. Sie balgen sich bein
eine arge Verletzung der öffentlichen Sittlichkeit
sterbank heranzukommen. Be
bedeute. Kundgebungen aus der Bevölkerung und zahlreiche
ohle gegen Bundsminister
Artikel der Presse verschiedener Richtung
ich betone das
—
und ähnliches, wie eben der e
noch einmal — ließen eekennen, daß diese Vorführungen mit
oweit er nicht seinen ständige
dem sittlichen Empfinden weiter Kreise der
Wiener Bevölkerung in scharfem Gegensatz
hat. Es hat den Anschein, als
stehen. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den
esminister, der durch den
Christlichsozialen.)
Menschen“ ihr Mißfallen err
Abg. Seiy (sozdem.): Woher wissen Sie das?
drängen. Dr. Glanz schaut
Abg Witzann (sozdem.) ruft: Die christlichsozialen Ab¬
geoltneten haben sich die Füße abgelaufen, damit sie Karien
ruhig sitzen. Die christlichsozie
ekommen. (Stürmischer Widerspruch und Protestrufe bei den
durchzubrängen, um den Mini
Christlichsozialen.
— Zwischenrufe des Abg. Leuthner.)
In der Mitte des Soales bild
Präsidem: Weißkirchner zu Abg. Leuthner: Die
Wien, Samstag
Aufführungen durch das Bundesministerium des Innern
getan und der Endabsehntt der heutigen Sitzung bot
ein Bild wie aus der guten alten Zeit vor dem Krieg
Nur waren die Hauptakteure damals andere.
Ihre Rolle übernahmen
heute die
Sozial¬
demokraten. Man muß es anerkennen, daß sie dieselbe
mit hingehungsvollem Eiser spielten und ihren Vorbildern
aus dem alten österreichischen Parlament talentvoll nach¬
strebten, sie sogar insoferne übertrafen, als sie ihren
Krawall ohne Zuhilfenahme technischer Mittel lediglich
mit ihren eigenen Fäusten und Siimmitteln bestritten.
Sofort nach dem Bekanntwerden des „Reigen“=
Verbotes kam Bewegung in die Reiben der Sozialdemo¬
kraten. Ein Abgeordneter sammelte Unterschriften, drängte
besonders die Frauen dazu. Es war zu ersehen, daß es
sich um die Unterstützung eines dringlichen Antrages oder
einer dringlichen Anfrage handelte. Und sofort, als sich
die Abgeordneten zur Annahme des letzten Punktes der
Tagesordnung das letzte Mai von den Sitzen erhoben
hatten, schritt Abg. Leuthner zum Rednerpult und
stellte die Anfrage „ob der Bundesminister für Inneres
den verfassungswidrigen Erlaß über das Verbot
der Aufführung des „Reigen“ sofort zurück¬
ziehen wolle. Abg. Leuthner ist nicht ganz gesund und
die gebotene Rücksicht auf seinen bedauernswerten
Zustand verbietet es dem Taktgefühl, auf die Art,
wie er seine Anfrage begründete, charakterisierend
einzugeben. Erwähnt sei nur, daß er auf den Bänken
der Mebrheit des Hauses mitleidiges Lächeln ernteie.
Bundesminister Dr. Glanz erteilte unverweilt
die Antwort. Sachlich, bündig, ruhig und kühl, wie es
seine bekannte Art ist. Sein Auftreten im Nationalrat
zeigt ihn immer wieder als einen Mann von Kenntnissen,
Verantwortungsgefühl, geradlieniger Tatkraft und Kalt¬
blätigkeit. Gerade seine Beherrschtheit scheint die Sozial¬
demokraten am meisten zu reizen. Sie, die sich angeblich
zur Verteidigung der Verfassung erhoben hatten,
verloren auch diesmal wieder mährend der Aus¬
führungen des Bundesministers völlig ihre Fassung
und kamen
außer #and und Band wie
kam je in den Marenzeiten der Opposition.
Für ihre Auffassung von parlamentarischem Benehmen
ein beschämendes, für den Zuschauer beinahe ein ergötz¬
liches Bild. Männer waren zu sehen, die im vorgeblichen
Kampf für die Kultur ihre ganze Kultur ablegten. Be¬
sonders bemerkenswert tat sich zu Beginn der Minister¬
rede der Abg. Seit hervor.
Er, das Musterbild
würdevoll getrage ner oder — wenn man sich an die Zeit,
wo er selbst auf dem Präsidentenstuhl saß, erinnert
oft auch schläfriger Rude, stand eifrig tätig mitten unter
den Krawallmachern als einer der lautesten. Ein Zwischenru
des christlichsozialen Abg. Mataja erst brachte
ihn
mieder etwas jür Besinnung und den welleren Kä
mußten kleinere Gölter besorgen. Sie taten es mit
Ausdauer und Fertigkeit,
daß Bundesminister
s9
Dr. Glanz Mühe datte, sich verständlich zu machen
und seine Rede soge mehrmals ##erdrechen mußte. Die
Aufregung der Sozialdrmokrate# s#erte sich gerabezu
zur Tobsucht, ais der Bundesminister schließend erklärte,
er überlasse das Urteil über sei: Wirken getrost allen
anstäudigen Menschen. Beschimpfungen erhoben
sich gegen ihn. Fäusle trommelten auf die Ministerbau
und der Minister schien von Tätlichkeiten bedroht. Die
Nachfolge Schreckers berief. Gleich das erste Konzert war
ein schlagender Beweis hiefür. Daß dem begeisterten Mahler¬
schüler „Das klagende Lied“ liegt, konnte man zum voraus
wissen, auch wenn man nicht die Einheitlichkeit und Wucht
der Auffassung, den rhythmischen Zug und die seingetönte
Verteiluno von Licht und Schatten an diesen Abend erleht
hätte Auch Bruckners Te Deum“ gelang ausgezeichnet. Der
vortreffliche, den Winken des Dirigenten willig gehorchende
Chor lang prüchtig.
Die Unermüdlichkeit und Arbeitskraft des
viel¬
beschöftigten Operndirektors Franz Schalf ist schlechtweg
bewunderungswürdig, wenn es auch in einer Hinsicht be¬
dauerlich genannt werden muß, daß sich zumal in den
Gelellschafiskonzerten bei dem routinierten und
12. Februar 1921
Reichspost
geben wird. Die Vorgä
Thristlichsozialen drängten sich heran, um weitere Aus¬
tehenden Stückes bilden,
sit
artungen der Sozialdemokraten zu verhindern. Ge¬
eindeutiger Art.
dränge vor der Ministerbank. Mit schwerer Mühe ge¬
Die deutsche Kultur
lang es den Ordnern, die Ruhe wieder einigermaßen her¬
Schaden leiden, wenn
auf offener Bühne unt
zustellen. Und nun bestieg Abg. Seih die Rednertribüne.
Händeklatschen bei den
Seine Angriffe gegen Bundesminister Dr. Glanz gingen
nicht, daß die breiten
nicht nur über das Maß dessen hinaus, was man für
die einen schweren Exif
einen Mann, der einmal Präsident war, für erlaubt
betrachten werden, wenn
hält, sondern auch über die Grenzen der parlamen¬
nießer — die Berichte ül
Verhalten des Publikum
tarischen Ausdrucksweise überhaupt,
so daß ihm
an dieser Charakteristik
Präsident Dr. Dinghofer den Ordnungsruf erleilte.
lichen Empfinden und de
Der christlichsoziale Abg. Volker wies unter dem
Vergnügen entzogen wir
Beifall der Mehrheit des Hauses, von den Sozial¬
Nach diesen Worten steig
demokraten vielfach stürmisch unterbrochen, die Angriffe
haltenden Larm, so daß der
ermahnen muß.
seiner Vorredner schlagfertig zurück.
Bundesminister Dr.
bei dieser Verfügung mit ##
Die Aufregung brandete nach Schluß der Sitzung
und ganz Niederösterreich
in den Gängen noch weiter. Die Besonnenheit der Christ¬
und ist überzeugt, daß ihre
lichsozialen verhinderte neue Zusammenstöße und jene
hohen Hauses fiuden wird.
ozialdemokratischen Rauhbeine, die den Austritt des
Was
Bundesministers Dr. Glanz aus dem Sitzungssaal ab¬
die for
betrifft, handelt es sich um
warten wollten, mögen es ihnen danken, daß sie von
trates den Verhältnissen,
ihrem vielleicht folgenschweren Vorhaben abgehalten
„Reigen“ gestaltet haben, nich
wurden.
es nach den geltenden
wesche die Theateran
Nachstehend der Bericht im Anschluß an die „Wiener
ört des Bundesmini
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weisen, mein Recht und
Die Abgeordncten Leuthner (spzdem.) u. Gen. bringen
führungen zu untersagen. We
folgende dringliche Anfrage ein:
fragenden Abgeordneten das
Die Bundesregierung hat die Aufführung des bekannten
so
Bänze bestritten wird,
Theaterstückes „Reigen“ in Wien verboten. Dieses Verbot stellt
darauf verweisen, daß dieses
einen verfassungswidrigen Eingriff der Bundesregierung in die
allem eine Pflicht erbliche,
Rechte des Landes Wien dar, da zur Ausübung der Theater¬
tracht kommenden Behörden
zenfur in Wien ausschließlich der Landeshauptmann von Wien
Wissenschaft und Praxis nien
befugn ist. Das Verbot beweist, daß der Regierung das Diktal
uinseren obersten Gerichtshäfe
der Klerikalen höher steht als die Bestimmungen der Ver¬
daß es auch in unsere neue
fassung. Es wird die Frage gestellt, ob der Bundesminister für
wie die Art. 103 und 142 aus
Inneres den verfassungswibrigen Erlaß über das. Verbot der
der Aufsicht entsprich
Aufführung des „Reigen“ sofort zurückziehen wolle?
pflichtung zur Durch
Schon bei der Verlesung der Anfrage zeigte sich im Saale
Anordnungen. Auch
lebhafte Unruhe. Die Abgeordneten sammelien sich in dem
strittene gewesen und komm
Halbrund um die Ministerbank, als die Sozialdemokraten ihren
zum Ausbruck. Die Regierun
Sturmbock, Abg. Leuthner, für die Einleitung erregter
mnau so handeln, mögen sie
Szenen vorschickten. Aus der Begründung der Dringlichkeit der
Fortgesetze lärmende Zwisch
nfrage durch Abg. Leuthner ist sachlich nur wieder das eine
Präsident ruft ihn zur Ordn
festzustellen, daß es eine brutale Rücksichtslosigkeit ist, einen
Bu##minister Dr. Glas
bedauernswerten, schonungsbedürftigen Kranken in bewußter
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hehe Haus Gelegenheit habe
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die Regierung auch diese F#
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und pflichtgemäßen Weise 15
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Bundesminister Dr. Glanz: Schon vor Zulassung der Aus¬
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führung des „Reigen“, die durch den Magistrat in seiner
über mein Wirken
Eigenschaft als politische Landesstelle erfolgt ist, hat der Herr
denkenden Meuschen
Poligeiprasident beim Herrn Bürgermeister von Wien auf die
Stürmischer Beifall und H#
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sozialen. — Fortgesetzte lärme
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Beurteilung, die vor längerer Zeit schon die bloße Vorlesung
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der zehn Dialoge in der Publizistil gefunden habe. Der
weit von dem, was ich als
Magistrat als politische Landeepehörde hat jedach dessen¬
mstande sind. (Lebhafter
ungeachtet nach Anhörung des Zensurbeirates mit dem Bescheide
Christlichsozialen, stürmischer
vom 12. Jänner d. J. die Aufführung zugelasse n.
rüse bei den Sozialdemokrate
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Die Aufführung des Stückes gob alsbald zu lebhaften
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Erhrierungen in der Oeffentlichkeit Anlaß.
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Bundesminister Dr. Glanz
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überwiegende Mehrzahl der öffentlichen
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Abg. Seitz (sozdem.): Wo haben Sie das gezählt? Weisen
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Bundesminister Dr. Glanz: ... dahin aus, daß die Auf¬
zu bieten scheint, nach Herzer
führung ihrem gesamten Eindruck nach
ötinen. Sie balgen sich bein
eine arge Verletzung der öffentlichen Sittlichkeit
sterbank heranzukommen. Be
bedeute. Kundgebungen aus der Bevölkerung und zahlreiche
ohle gegen Bundsminister
Artikel der Presse verschiedener Richtung
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—
und ähnliches, wie eben der e
noch einmal — ließen eekennen, daß diese Vorführungen mit
oweit er nicht seinen ständige
dem sittlichen Empfinden weiter Kreise der
Wiener Bevölkerung in scharfem Gegensatz
hat. Es hat den Anschein, als
stehen. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den
esminister, der durch den
Christlichsozialen.)
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Abg. Seiy (sozdem.): Woher wissen Sie das?
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Abg Witzann (sozdem.) ruft: Die christlichsozialen Ab¬
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durchzubrängen, um den Mini
Christlichsozialen.
— Zwischenrufe des Abg. Leuthner.)
In der Mitte des Soales bild
Präsidem: Weißkirchner zu Abg. Leuthner: Die