II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 490

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Anabhängiges Tagblatt für das christliche Volk.
Wien, Samstag, den 12. Februar 1921
XXVIII. Jahrgang
Wiens und der jungen österreichischen Verfassung zu
tarier, die schwer um des Lebens Notdurft ringenden
um die Latrine.
kurz kommen — die Hauptsache ist, daß Herr Reumann
Männer und Frauen, an der Aufführung dieses Schau¬
Wien, 11. Februar.
für einige Tage den Ruhm hat, sein bewährtes System
und Zugstückes ganz uninteressiert sind und sich wahr¬
niserium des Innern hat die wei¬
der Stadtverunreinigung auch auf das Literarische über¬
scheinlich mit Ekel und Zorn von der Darbietung ab¬
Schnitzlers „Reigen“ in den Kam¬
tragen zu haben, und Direktor Bernau weiter seine
wenden würden, in der die Nöt ihrer hungernden Kinder
Als oberste Polizeibehörde hat es
Ueberpreise für Schweinernes einheimsen kann.
als Vorwand für die Aufpeitschung der perversen Empfin¬
welfelhaft zustehenden gesetzlichen
dungen von ein paar Schiebern und schmuckbehangenen
Bürgermeister Reumann hat heute im Wiener Ge¬
tad
k. Maßgebend für das Vorgehen
Weibern verwendet wurde, sie geben es ohne weiteres zu,
meinderate den Standpunkt eingenommen, auch er ver¬
er
Bürgermeister das Verbot der
daß nach dem Urteil Sach= und Kunsiverständiger der
urteile moralisch das umstritteneStück, doch er bestehe auf
als erste Instanz aufhebend
innere künstlerische Wert des Reigens keineswegs die un¬
seinem Rechte, als verfassungsmäßige letzte Instanz in
gegenüber taub geblieben war
zeheuerliche Schamlosigkeit rechtfertigt, mit der das
Theatersachen zu entscheiden. Wenn es nur verfassungs¬
der Aufführung des schmutzigen
schwerste und dunkelste Geheimnis alles Menschlichen auf
mäßige Gründe sind, die ihn abhielten, seiner Verurtei¬
hatte. Inzwischen hatten sich
offener Bühne prostituiert wird.
Und dennoch
ung des Stückes praktischen Ausdruck zu geben, warum
eaus der Bevölkerung bei
der
gelten ihnen nichts die höchsten Interessen des
hob er das Verbot der ihm unterstellten Wiener Polizei¬
ekelerregende Aergernis, und
Volkes, die Voraussetzung zum inneren Wiederaufbau
direktion, mit dem die Affäre anfing, auf? Er hätte es in
Rufes der alten Kunststadt
und zur inneren Gesundung, das Bekenntnis zu einer
der Hand gehabt, diesen Skandal, den er kommen sehen
Regierung mußte deshalb
das
sittlichen Gesellschaftsauffassung der ohnehin so schwer
mußie, namentlich nach den Erfahrungen von Münche
Innern als orerste Instanz
in
geschüdigte Ruf und die Ehre dieser ihrer Verwaltung
und Berlin, in der Wurzel zu ersticken. Er ließ es darauf
lassen. Nun ptäubt sich Landes¬
und Obhut anvertrauten Stadt.
ankommen. Er und niemand anderer veranstaltete mit
em nach der neuen Bundesver¬
Die bobenständige christliche Bevölkerung wird es
einer Aufhebung des bereits erfolgten polizeilichen
er polizei
ichen Gewait
ihnen nie vergessen, daß sie eines politischen Machtkitzels
Verbotes eine Machtprobe, ob seine Gewalt
aus¬
Verbot des Bundesministe¬
willen hohe geistige Güter der frechen Willkür fremd¬
reiche, selbst eine solche Herausforderung der anständigen
ngen
zu lassen und ermuntert
rassiger Theatermacher preisgeben, daß Bernau, Schnitzler
Bevölkerung durchzusetzen.

dem Verbote der Regie¬
und ihr Publikum sich gegenüber der Volksregierung,
Es entbehrt nicht eines gewissen, pikanten Reizes,
leisten.
zu
So fordert die
gegenüber dem Willen des wirklichen Volkes als Herren
wenn wir angesichts dieser Tatsachen die Gracchen wie¬
chaut
ein sozialbemokratisches
aufzuspielen wagen dürfen, daß angebliche Volksvertreter
er einmal über Aufstand klagen hören, wenn dieselben
rhirektor, der an
dem
heate
offenkundigen Schmutz, der den Titel der Kunst
Leute über Verfassungsbruch Zeter und Mordio schreien,
Gaffer schmunzelnd
usurpirt, mit politischen Advokatenkniffen drapieren.
die hier selbst die Verfassung herabwürdigen und in den
die Republik und ihre
d
Der widerliche „Reigen“=Rummel hat das wahre
Uebergriffen ihrer Arbeiterräte, in versuchten und wirk¬
in
in sie
Schranken. Denn höher
Gesicht marxiftischer Kulturkämpferei enthüllt. In einer
lich erfolgten Eingriffen in Schulfragen und Koalitions¬
östverstandlich das für höchste
Zeit bitterster Not des Volkes retten sie für die Hun¬
freiheit gegenüber der Verfassung und den Rechten
1
der Schieber iüf die Zote.
gernden und Darbenden den — „Reigen“.
des Staates reichlich das Ihre getan haben.
chw
khalt. Der Reigen um die
wei
ter dauern. Der sozialistische
Bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes
Die 2
es geschworen, mit seinen
m Nationalrat.
sat
wird es also der Firma Reumann und Bernau möglich
zu
örgen, daß die schmutzigen
sein, den Theaterschmutz und die Herabwürdigung der
Die Tagesörhy##
dercheütigen Sitzung des
R
lichen nicht gestört werden. Da
Kunst weiter zu kultivieren. Dies umso leichter, als die
Nationalrates vortag, nahrte sich kärglsch von einigen
des Bundes in Polizeisachen
Masse der politischen Anhänger des Herrn Reumann be¬
Vorlagen geringerer Bedeut## nd bohne Konfliktstoff
hn
nvertraut ist, so hat er es in
stimmt nicht in die Lage kommen wird, sich aus eigener
und ließ daher einen glatten, reibungslosen Verlauf der
auf einen Rechtskonflikt an¬
Anschauung ein Urteil darüber zu bilden, mit welchem
Sitzung erwarten. Die einzelnen, Punkte wurden denn
er Anordnung der Bundes¬
Rechte das Oberhaupt von Wien sich schützend vor dieses
auch rasch und ohne Debatte erledigt. Aber knapp vor
zu verweigern. An der Re¬
Drama der obszönen Enthüllungen stellt, die für eine
dem allgemein erwarteten Schluß der Sitzung zuckte
sei
kleine Schar von jenen sittenlosen Genießern reserviert
den seine Pflicht verletzenden
wieder einmal der vielberufene Blitz aus heiterem
en Verfassungsgerichtshof zur
sind, deren übersättigte und abgestorbene Instinkte durch
immel nieder und die vorgesehene Tägesordnung be¬
jehet. Es ist das Verdienst des
die zehn Reigendialoge einen neuen Kitzel erfahren.
kam Nachspiel wie die alten griechischen Tragödien,
Reimann, aus einer Schmutz¬
Mit einer bemerkenswerten Offenheit räumen die
ein Satyrspiel, in dem eine Hauptrolle zu spielen nicht
isch Haupt= und Staatsaktion ge¬
sozialdemokratischen Führer in der heutigen Sitzung der
einmal der frühere Präsident Seitz sich scheute. Das
g iabei immerhin das Ansehen
Nationalversammlung ein, zu wissen, daß die Prole¬
hatte das Bekanntwerden des Verbotes der „Reigen“=
Damen Lefler, Rutschka, Herr Boruttan, der
Die Tittel=Sinfoniekonzerte beginnen allmählich
und Chorkonzerte.
Chor der Wiener Oratorienvereinigung in
ein Faktor im Wiener Musikleben zu werden und sich durch
ngser. — Arbeiter=Sinfonie¬
gesanglicher, die Herren Sennenberg (Flöte), Stieg¬
das ernste Streben und die unermüdliche Arbeitskraft des
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