II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 549

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11. Reigen
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42.
Wien, Samstag, 12. Februar 1921.
zum Zank um Theaterdinge sei die Zeit zu ernst
Die Machtprobe des Kardinals.
und das Verbot eines Theaterstückes sei schließlich kein
Malheur. Ist es nicht das Merkwürdigste an dieser
Es gibt kein Staatsrecht im Widerspruch mit
merkwürdigen Geschichte, daß der Kardinal bei seiner
Gottesrecht; in solchem Falle müßte man Gott mehr
Machtprobe die passive Unterstützung der liberalen
gehorchen als den Menschen. Wir können daher auch
Judenpresse und der großdeutschen Los=von=Rom¬
den Verfassungsgesetzen unseres Bundesstaates nur so
Gänger findet?
lange zustimmen, als sie die göttliche Rechtsordnung
Und doch löst sich das Rätsel sehr einfach. Man
nicht durchbrechen und die wohlerworbenen Rechte der
wird doch nicht der Regierung Schwierigkeiten bereiten,
Kirche nicht schmälern.“ Also sprachen die österreichischen
die endlich den Ansprüchen der Arbeiterklasse ein
Bischöfe in ihrem Fastenhirtenbrief. Und Herr Piffl,
bürgerliches Regierungssystem entgegenstellt! Und wird
der Kardinal=Erzbischof von Wien, setzte es sich
doch nicht für den sozialdemokratischen Landeshaupt¬
in den Kopf, der Welt schleunigst zu be¬
mann Partei ergreifen, dessen Steuerpolitik den Geld¬
weisen, daß es ernst gemeint war: daß kein
sack so rücksichtslos anpackt! Nur der Klerikalismus
Staatsrecht mehr gilt, wenn es in Wider¬
kann noch große Massen gegen die Sozialdemokratte
spruch mit jenem „Gottesrecht“ gerät, dessen allein
ufbieten; und da sollte man einen „Kulturkampf“
befugte Ausleger die Bischöfe sind.
gegen den Klerikalismus entfesseln? Keine Rede!
In einem Wiener Theater wird der „Reigen“
Judenliberale, Großdeutsche und Christlichsoziale eint
aufgeführt. Viele Leute meinen, daß diese Aufführung
der Haß der Sozialdemokratie, kittet das gemeinsame
das Schamgefühl verletze. Jubessen, es werden in
Klasseninteresse der Besitzenden zusammen. Die Liberalen
Wien Stücke aufgeführt, die noch in ganz anderem
unterscheiden sich von den Christlichsozialen wirklich
Sinne „unsittlich“ sind als Schnitzlers „Reigen“ und
nur noch dadurch, daß sie Juden sind; da beide der
in den unzähligen Nobelspelunken, die sich geradezu
Kampf um die Freiheit des Handels eint, werden sie
der Protektion der Polizei des Herrn Glanz erfreuen,
sich doch nicht wegen der Freiheit vom Kirchenzwang
gibt es Aufführungen, die wirklich schamlos die
zerstreiten! Der Kardinal kann die Machtprobe wogen.
Lüsternheit des Bourgeoispöbels befriedigen. Aber der
Er ist nicht nur seines klerikalen Heerbannes sicher.
Reigen“ ist ein bekanntes Werk eines bekannten
Er braucht auch keinen Widerstand des bürgerlichen
Dichters. Also suchte sich der Kardinal gerade dieses
Freisinns fürchten. Das Bürgertum führt keinen
Werk zur Machtprobe aus. An demselben Tage, an
Kulturkampf gegen Kardinale mehr, seitdem es entdeckt
dem die Bischöfe ihren Fastenhirtenbrief veröffent¬
hat, daß man unter dem Schutze des roten Kardinals¬
lichten, begann der Feldzug. Das Funder=Blatt, das
hutes immer noch am besten seinen Geldsack ver¬
Organ des Kardinals, forderte, die Regierung solle
stecken kann.
die Aufführung verbieten. Die Regierung hatte zu
solchem Verbot kein Recht, da über die Zulässigkeit der
Aufführung nur der Wiener Landeshauptmann, nicht
die Regierung zu entscheiden hat. Aber eben darum
forderte der Kardinal das Verbot. Es handelte sich ja
gerade darum, zu beweisen, daß es kein Staatsrecht
gibt gegen das „Gottesrecht“ des Kardinals und daß
keine Bestimmung der Verfassung gilt, wenn sie „das
wohlerworbene Recht der Kirche schmälert“ der Laien¬
regierung zu befehlen und zu verbieten. Das Werk¬
zeug, das der Kardinal brauchte, war bald gesunden.
Der Minister Glanz in der Riesidenz des Kardinals
ein häufiger Gast, ist es gewohnt, die Weisungen Seiner
Winarnmmmmnehmrinn
mtahren