II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 571

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Senenen en
für i, Jahr .25 K
Dreimal wöchentlich
Für Ungarn und lugos
Anglileh Grsenrne en Wien en soem Meritag.
Dreimal
wöchentlich
für ¼ Jahr 15 csl. K
Dreimal wöchentlich (Dienstag, Donnerstag und Samstag).
für ¼ Jahr 40
gehen die gleichen Bezugspreise wie sü
Einmal wöchentlich
Einmal wöchentlich (jeden Donnerstag).
Einmal wöchentlich
jedoch in der betreffenden Landes¬##
für ¼ Jahr 8 csl. K
für ½ Jahr 21 K
Die Bezugspreise sind nebenstehend verzeichnet.
Schriftleitunz und Verwaltung: Wien, VII. Kaiserstraße 10. — Madt-Zweisstelle: I. Schulerstraße 13. — Ankündiguagen naeh Farlf. Schriftstücke werden u
45.
Nr. 35
Wien, Sonntag, den 13. Februar 1921
Politischer „Reigen“.
Verhandlungen in Paris
Es geht uus elend in Oesterreich. Das ist keine
über die Kredithilfe für Oeste
Phrase, sondern bittere Wahrheit. Das
Staatsdefizit steigt, der Geldwert sinkt, die Ver¬
Wien, 12. Februar. Wie die „Politische Korrespondenz“ erfährt, ist der
elendung greift immer weiter um sich.
im Bundesministerium für Aeußeres Dr. Schüller heute nach Paris al
dort an den Verhandlungen über die Kreditaktionen teilzunehmen.
Man möchte denken, daß die Politiker des Landes
Tag und Nacht darauf sinnen sollten, wie diese zu¬
spielt und die Polizei
sammenbrechende Wirtschaft noch in letzter Stunde
Nationalrat wird der Minister des Innern
sorgen muß, daß es in Ruhe
wieder aufzurichten, dieses verelendende Volk noch
von den Sozialdemokraten interpelliert und von
All das ist typisch österreich
aufrechtzuerhalten ist.
Seitz schulmeisterlich zurechtgewiesen. Die Gemüter
einer Frage des guten Geschmacks ein
erregen sich so, daß beide streitenden Parteien mit
Dieweil aber treten andere Probleme in
wird nun aus einer Zeu###rfrage ein Ve
Geschrei und Beschimpfungen und Handgreiflich¬
den Vordergrund!
konflikt. Es ist glücklich gelungen, zu
keiten ihre moralischen, ästhetischen und
Man spielt seit einigen Tagen in einem Wiener
der „Reigen“=Aufführungen noch
juristischen Argumente verstärken zu müssen
Theaterchen unter der Erde eine Dialogreihe
Skandal dieses Kampfes um das V
glauben. Die unerquicklichen Szeuen, die sich mittags
„Reigen“ von Artur Schritzler. Wer die
Wenn der Dichter Schnitzler (de
im Nationalrat abgespielt haben, setzten sich abends
Dialoge nicht kennt, braucht nicht als Mangel an
lieb sein kann, daß sein bereits vergil
freilich in milderer Form — im Wiener
Bildung empfinden. Es sind zehn Gespräche zwischen
werk plötzlich im Mittelpunkt eines öffen
Landtag fort und das Ergebnis ist, daß man
je einem Mann und einem Weibchen, Gespräche um
abends das verbotene Stück doch steht!) etwas Geschmack besitzt, das
die Liebe, und zwar die Liebe in ihrer primitivsten,
rein sinnlichen Art. Schnieler schrieb sie, als „Jung
Wien“ literarische Mode war, ein „Jung Wien",
das keinen größeren Ehrgeiz kannie, als aus dem
modernen Paris Geist und Form zu entlehnen.
Den „Reigen“ nun auf der Bühne zu spielen, ist
zweifellos eine arge Geschmacklosig¬
keit, darüber kann under anständigen Leuten kein
Zweisel bestehen. Die Kritik hat auch fast einmütig
die Aufführung bedauert. Es mußte nur
wundernehmen, daß die Erstaufführung dieser erotischen
Szenenreihe, die zu Schieberpreisen stattfand, sich
gewissermaßen des Protektorats des
christlichsozialen Ministersfür soziale
Verwaltung rühmen konnte, deren Kinderhilfs¬
Die „Reigen“=Aufführung von vornherein nicht
zuzulassen, wäre das einzig Richtige gewesen.
Aber als man ihn spielte und die „Reichspost“
drohend ausrief, man werde dies nicht dulden,
stand pünktlich die „Arbeiter=Zeitung“ da und ver¬
teidigte die Aufführung. Mit einem Schlag
war die Frage des „Reigen"=Verbotes ein
Politikum geworden, ein echt österreichisches
Politikum freilich.
Der Kabinettsrat findet die Sache wichtig
genug, sie zu beraten. Er beschließt, die Aufführungen
zu verbieten. Der Minister des Innern erläß
das Verbot auf Grund einer 70 Jahré alten
Verordnung und teilt es dem Bürgermeister von Wier
mit, dem als Landeshauptmann des Landes Wien
die Durchführung zusteht. Aber der sozial¬
demokratische Bürgermeister von Wien erklärt das
als Eingriff in seine Rechte, als An¬
griff auf die Autonomie Wiens, denn die
angezogene Theaierordnung vom Ja lre 1850gibt
ihm, der jetzt die Stelle des Statthalters vertritt,
das Recht, zu erlauben oder zu verb eten und spricht
nicht den Mi isterien das Recht zu, eine vom Statt¬
halter gegebene Erlaubnis zurückzunehmen.
Die „Reigen" = Affäre ist damit ein ver¬
fassungsrechtlicher Streit geworden! Im