II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 645

11.
Ine
munan
4280
der¬
ung
#ten
KO

.
e


#e
m
er
t
it


),
S
0
9
S
1
r
1
box 17/7
Reigen
WIENER MORGENZEITUNG
Bühne und Kunst.
Die Frage der Wiederaufführung des
„Reigen“ in Wien.
Als nach dem Wiener „Reigen“-Skandal die Auf¬
führung dieses Stückes behördlich untersagt wurde,
ergriff Direktor Bernau den Rekursweg! Nun wurde
seinem Rekurs stattgegeben und der Wieder¬
aufführung des Werkes steht nichts im Wege.
Wir, haben seinerzeit in der „Reigen“-Frage ein¬
deutig Stellung genommen. Wir fanden, daß diese aus¬
gezeichneten, vom künstlerischen und sittlichen Stand¬
punkt wertvollen Dialoge nicht auf dieBühne
gehören. Es ist unkünstlerisch, etwa Chopinsche
1
Klaviermusik von, einem französischen Orchester
spielen zu lassen. Ebenso unkünstlerisch
C
erscheintes uns, daß eine Dichtung,
S
die niemals für die Bühne geschrieben
S
war und gegen deren Aufführung
sich der Dichter durch Jahrzehnte
ü
gewehrt hat, plötzlich in Szene
gesetzt wird. Nicht
ji
über¬
sehen ist auch, daß die „Reigen“-Aufführung ein
Ereignis für das sensationslüsterne
A:
Publikum geworden ist, das der künstlerische
V0
und sittliche Inhalt des Werkes gewiß nicht ins
Lc
Theater lockt. Ein Bedürfnis, das Werk in Szene
gesetzt zu sehen, besicht gewiß nicht und alle
echten Kunstfreunde können nur wünschen, daß es
41
von den Brettern dorthin zurückkehrt, wo es noch
bu
lange leben wird: in das Buch. Nimmt man hinzu,
daß die „Reigen“-Aufführungen willkommener Anlaß
u.
für antisemitische Radaubrüder waren, gegen das
Ot
judentum zu hetzen und weite Schichten zu be¬
be
unruhigen, so kann man nur wünschen, daß Direktor
Bernau von dem Rechte der Wiederaufführung des
Ge
„Reigen“, keinen Gebrauch macht und von Artur
Mo
Schiiitzler dazu auch nicht ermuntert wird.
%
liter
Jän
11 dar Froien iidiechen vere
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschmitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
es Wiener Jouraat
Zeitung:
.7
Oft:
Datum:
+I.
Theater und Kunst.
Die Wiederaufnahme der „Reigen“.
Aufführungen.
Ein Protest des Dichters.
* Dr. Artur Schnitzler hat an Direktor Bernau
vom Deutschen Volkstheäter das folgende Schreiben gerichtet:
Verehrtester Herr Direktor! Zu meiner Verwunderung lese ich in
der Zeitung eine Notiz des Inhalts, daß ich nach anfänglicher
Weigerung meine Einwilligung zur Wiederaufführung des „Reigen“
erteilt hätte. Diese Auffassung beruht auf einem schwer erklärlichen
Mißverständnis, das kaum in der Direktionskanzlei seinen Ursprung
genommen haben dürfte, wo man ja über meinen Standpunkt
hineichend informiert war und ist. Erlauben Sie mir aber in
jedem Fall diesen meinen Standpunkt noch einmal mit aller Klar¬
heit zum Ausdruck zu bringen.
Ich werde die Wiederaufnahme der „Reigen"=Vorstellungen
an den Kammerspielen oder an irgendeiner anderen Wiener Bühne
nur dann gestatten, wenn die hier in Betracht kommenden
Behörden, die selbstverständlich nach reiflicher Ueberlegang das
Verbot erlassen und es nun, selbstverständlich nach ebenso reif¬
licher Ueberlegung, aufgehoben haben, sich geneigt erklären, die
Darsteller und das Publikum sowohl vor Ausbrüchen mehr
oder minder echter sittlicher Entrüstung
als auch vor angezettelten Pöbeleien zu
schützen, und
wenn diese Behörden überzeugt
sind, solche Schutzmaßnahmen, wie es in anderen zivilisierten
Städten gelungen ist, mit Sicherheit praktisch durchführen zu
können. Ehe nach dieser Richtung hin die mir im Interesse der
Darsteller und des Publikums notwendig erscheinenden Garantien
nicht vorliegen, erhebe ich in aller Form Protest
gegen jeden Versuch einer Wiederaufnahme meiner Szenenreihe
„Reigen“ in den Spielplan der Kammerspiele, was ich Sie, ver¬
ehrtester Herr Direktor, freundlichst zur Kenntnis zu nehmen bitte.
Mit herzlichem Gruß
Ihr aufrichtig ergebener Dr. Schnitzler.“