11.
box 17/7
Reigen
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 210
1
ah-7
Zeitung:
Ort:
Datum:
· FEB. 1922
Arthur Schnitzler und die Wiener Auf¬
führungen des „Reigen“. Aus Wien wird uns ge¬
chrechen: Belanntlich haben, vor einem Jahre etwa,
pöthafte Ausschreitungen die Vorstellungen des „Reigen
insden Kammerspielen des Deutschen Volks¬
tMkaters unmöglich gemacht. Da das behördliche Ver¬
b3t der Aufführungen sich als rechtsunwirksam erwiesen
hat, setzte die Direktion des Theaters das Werk Schnitzlers
wieder auf den Spielplan und die Vorstellungen hätten in
den nächsten Tagen wieder beginnen sollen. Nun aber hat
der Dichter selbst in einem sehr entschledenen Brief an die
Direktion gegen die Wiederaufnahme seines Werkes
protestiert. Er erklärt, die Darstellung des „Reigen
an einer Wiener Bühne nur dann gestatten zu wollen,
wenn die Behörden den Schutz der Darsteller und des
Publiiums garantieren und gewiß sino, die erforderlichen
Maßnahmen, „wie es in anderen ziilisierten Städten ge¬
lungen ist“ erfolareich durchzuführen. Der polemische
Charakter dieses Briefes gegen die „Behörden“ ist unver¬
kennbar; daß der Dichter selbst in irgendeinem Sinm
kapituliert hätte, davon kann nicht die Rede sein. Da aber
undererseits auch durchaus nicht zu erwarten ist, daß sich
die Behörden in dieser, ihnen nach mannigfachen¬
Richtungen hin sehr lästigen Angelegenheit besonders
engagieren werden, ist das natürliche Ergebnis des Briefes
nur, daß die Vorstellungen des „Reigen“ in den Kammer¬
spielen unterbleiben werden — was den Behörden
und den verschiedentlichen christlich=sozialen Parbeigruppen
ebenso angeneim als für die Direktion des Theaters be¬
trüblich sein dürfte. Dies allerdings auch für alle die
und ihre Zahl dürfte nicht allzu gering sein — denen wie
immer sie sich auch zu einer Darstellung des „Reigen
stellen migen, eine Diktatur der Straße, zumal in künst¬
lerischen Dingen, wenig erfreulich erscheint.
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
#l. Bersen-Conais
Zeitung
Ort:
3
WHIE.
Theater und Muse
Schuitzlers „Neigen“ in den Wiener Kam¬
merspjelen und Schnitzlees Protest. Nachdem
die Echauspieler der Kammerspiele in Wien
ihr#moratische Auflassung durch einen Streik mani¬
festlert haben, scheinen sie jetzt doch auch anderen Ge¬
sichtspunkten zugänglich zu sein. Wie man uns aus
Wien drahtet, wird Schnitzlers „Reigen“ in den
Spielplan der Kammerspiele ausgenommen.
Nun richtet Schnitzler einen Brief an Direktor
Beinan, worin er erklätt, daß er die Wiegeramnahme
den Reigenvorstellungen an einer Wiener Bähne un
dann gestattn werde, wenn die Behörden sich geneint
zeigen, die Darsieller und das Publ kum sowohl vor
den ausbrüchen mehr oder minder echter sittsicher Ent¬
rüstung als auch vor angezettelten Pöbeleien zu
schützen, und' wenn diese Behörden überzeugt sind.
solche Schutzmaßnahmen wie Sicherheit praktiich dnrch¬
ühren zu können. Bis dabin erh beer in aller Form
Protest gegen jeden Versuch einer Wiederaufnahme
der Reizenvorstellungen.
4 „
„Reigen“ redivivus.
Sie Direktion des Deutschen
Ein Abendblatt meldet,
Schnitzler die Ver¬
Volkstheaters habe Artur
Anfführungen von „Reigen“.
sicherung gegeben, daß die
ohne Zwischenfälle verlaufen würden, worauf
der Dichter seine Einwilligung zur Wiederaufnahme
der Kammerspiele erteilt
des „Reigen“ ins Repertoile
habe. Wir wissen nicht, wan Herrn Direktor Bernau
den Mut gibt, solche Garantien zu übernchmen. Es ist
schon viel, wenn ein Theaterdirektor sich auf seine eigenen
Schauspieler verlassen kann. Obendrein auch noch die
Komödlanten der Politik und der
Moral zur Disziplin zu zwingen, dürfte die Kräfte
eines Bühnenleiters doch etwas übersteigen, zumal in
einer Zeit, in der sich Stinkbombenwürfe so gut be¬
zahlt machen, wic das Beispiel des Dr. Baeran
lehrt ... Unseres Erachtens beschwört die Direktien
der Kammerspiele ganz überflüssigerweise einen
Kampf mit dem Drachen herauf, der einer besseren
Sache würdig wäre. als es Schnitzlers „Reigen“ ist.
Alle Achtung vor der Charakterfestigkeit des
Dr. Bernau. Wir müssen ihm aber sagen, daß er auf
einem verlorenen Posten kämpft oder doch auf einem
Posten, um den es nicht sonderlich schade wäre,
wenn er verloren ginge.
Aus den Theatern.
Im Burgthemr gelangt morgen „Thcater“
* Auffübrung
box 17/7
Reigen
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 210
1
ah-7
Zeitung:
Ort:
Datum:
· FEB. 1922
Arthur Schnitzler und die Wiener Auf¬
führungen des „Reigen“. Aus Wien wird uns ge¬
chrechen: Belanntlich haben, vor einem Jahre etwa,
pöthafte Ausschreitungen die Vorstellungen des „Reigen
insden Kammerspielen des Deutschen Volks¬
tMkaters unmöglich gemacht. Da das behördliche Ver¬
b3t der Aufführungen sich als rechtsunwirksam erwiesen
hat, setzte die Direktion des Theaters das Werk Schnitzlers
wieder auf den Spielplan und die Vorstellungen hätten in
den nächsten Tagen wieder beginnen sollen. Nun aber hat
der Dichter selbst in einem sehr entschledenen Brief an die
Direktion gegen die Wiederaufnahme seines Werkes
protestiert. Er erklärt, die Darstellung des „Reigen
an einer Wiener Bühne nur dann gestatten zu wollen,
wenn die Behörden den Schutz der Darsteller und des
Publiiums garantieren und gewiß sino, die erforderlichen
Maßnahmen, „wie es in anderen ziilisierten Städten ge¬
lungen ist“ erfolareich durchzuführen. Der polemische
Charakter dieses Briefes gegen die „Behörden“ ist unver¬
kennbar; daß der Dichter selbst in irgendeinem Sinm
kapituliert hätte, davon kann nicht die Rede sein. Da aber
undererseits auch durchaus nicht zu erwarten ist, daß sich
die Behörden in dieser, ihnen nach mannigfachen¬
Richtungen hin sehr lästigen Angelegenheit besonders
engagieren werden, ist das natürliche Ergebnis des Briefes
nur, daß die Vorstellungen des „Reigen“ in den Kammer¬
spielen unterbleiben werden — was den Behörden
und den verschiedentlichen christlich=sozialen Parbeigruppen
ebenso angeneim als für die Direktion des Theaters be¬
trüblich sein dürfte. Dies allerdings auch für alle die
und ihre Zahl dürfte nicht allzu gering sein — denen wie
immer sie sich auch zu einer Darstellung des „Reigen
stellen migen, eine Diktatur der Straße, zumal in künst¬
lerischen Dingen, wenig erfreulich erscheint.
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
#l. Bersen-Conais
Zeitung
Ort:
3
WHIE.
Theater und Muse
Schuitzlers „Neigen“ in den Wiener Kam¬
merspjelen und Schnitzlees Protest. Nachdem
die Echauspieler der Kammerspiele in Wien
ihr#moratische Auflassung durch einen Streik mani¬
festlert haben, scheinen sie jetzt doch auch anderen Ge¬
sichtspunkten zugänglich zu sein. Wie man uns aus
Wien drahtet, wird Schnitzlers „Reigen“ in den
Spielplan der Kammerspiele ausgenommen.
Nun richtet Schnitzler einen Brief an Direktor
Beinan, worin er erklätt, daß er die Wiegeramnahme
den Reigenvorstellungen an einer Wiener Bähne un
dann gestattn werde, wenn die Behörden sich geneint
zeigen, die Darsieller und das Publ kum sowohl vor
den ausbrüchen mehr oder minder echter sittsicher Ent¬
rüstung als auch vor angezettelten Pöbeleien zu
schützen, und' wenn diese Behörden überzeugt sind.
solche Schutzmaßnahmen wie Sicherheit praktiich dnrch¬
ühren zu können. Bis dabin erh beer in aller Form
Protest gegen jeden Versuch einer Wiederaufnahme
der Reizenvorstellungen.
4 „
„Reigen“ redivivus.
Sie Direktion des Deutschen
Ein Abendblatt meldet,
Schnitzler die Ver¬
Volkstheaters habe Artur
Anfführungen von „Reigen“.
sicherung gegeben, daß die
ohne Zwischenfälle verlaufen würden, worauf
der Dichter seine Einwilligung zur Wiederaufnahme
der Kammerspiele erteilt
des „Reigen“ ins Repertoile
habe. Wir wissen nicht, wan Herrn Direktor Bernau
den Mut gibt, solche Garantien zu übernchmen. Es ist
schon viel, wenn ein Theaterdirektor sich auf seine eigenen
Schauspieler verlassen kann. Obendrein auch noch die
Komödlanten der Politik und der
Moral zur Disziplin zu zwingen, dürfte die Kräfte
eines Bühnenleiters doch etwas übersteigen, zumal in
einer Zeit, in der sich Stinkbombenwürfe so gut be¬
zahlt machen, wic das Beispiel des Dr. Baeran
lehrt ... Unseres Erachtens beschwört die Direktien
der Kammerspiele ganz überflüssigerweise einen
Kampf mit dem Drachen herauf, der einer besseren
Sache würdig wäre. als es Schnitzlers „Reigen“ ist.
Alle Achtung vor der Charakterfestigkeit des
Dr. Bernau. Wir müssen ihm aber sagen, daß er auf
einem verlorenen Posten kämpft oder doch auf einem
Posten, um den es nicht sonderlich schade wäre,
wenn er verloren ginge.
Aus den Theatern.
Im Burgthemr gelangt morgen „Thcater“
* Auffübrung