II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 682

11.
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Reigen
noch Teuerungszuschläge, die sich von 250 bis 500 hüllte, vorläufig geweigert, dem Unzufriedenen
sein Geld zurückzuerstatten. Der andere geht nun
Mark staffeln. Die Kinderzulage beträgt 75 M.
hin und klagt ...
für jedes Kind. Man darf sich also ruhig Kinder
Wie es auch sei. Man wird dem Ausgang des
Die ideellen Forderungen
nsschluß.
„zulegen“....
eventuellen Prozesses nicht ohne Spannung ent¬
Bühnenmitglieder sind vorläufig zurückgestellt. Es
Blück der
gegensehen. In anderer Hinsicht aber ist diese
soll nämlich erst entschieden werden, ob der Tarif¬
unzufrie¬
Affäre wieder einmal ein Schulbeispiel dafür, wie
ausschuß hierfür maßgebend ist.
gte Dar¬
jetzt an unseren Bühnen das Starsystem All¬
Die Entscheidung in diesem wichtigen Punkte
und sein
beherrscher geworden ist. Das Stück ist nichts,
muß bis zum 15. Februar 1921 gefallen sein.
der Darsteller alles. Aber man tut den Theater¬
Wie gesagt, — im ganzen können alle zufrieden
leitern unrecht, wenn man sie allein für
Streik¬
sein. Selbst die Souffleuse ist jetzt in punkte
diese Zustände verantwortlich macht. Es ist
Weihnachts¬
Mindestgage mit allen übrigen Kollegen gleich¬
nicht immer Sensationslust allein, die sie dazu ver¬
ge¬
stand
gestellt. Sie darf, wenn sie auch am Abend zum
führt. In den meisten Fällen sind die Verfasser
zu Neu¬
Flüsterton verurteilt ist, in freien Stunden ihr
und auch oft die Verleger mitschuldig. Sie find##s,
agen.
Glück in alle Welt schreien!
die in vielen Fällen eine Garantie dafür verlangn,
et worden.
Was noch unerkedigt blieb, ist die „Höchst¬
daß nur erste „Zugnummern“ die Stücke bei der
den Frie¬
gage" Noch immer erhalten gewisse Sterne
Premiere aus der Taufe heben. Name ist hietbei
Ern reichen
am Theaterhimmel eine Gage, von der sie den
alles, die eigentliche Verwendbarkeit oft Neben¬
neinund¬
anderen Mitgliedern getrost etwas abgeben könn¬
sache. Daher erlebt man es vielfach, daß trotz glän¬
wird man
ten. Und brauchten doch nicht zu verhungern. Daß
zendster Namen ein Stück miserabel und durchaus
diese Rieseneinnahmen einzelner die Unzufrieden¬
ungeeignet besetzt ist. Und was fast noch schwereir
Betriebes
heit der übrigen schüren, ist fraglos. Aber darin
wiegt: eine ganze Reihe tüchtiger Kräfte,
wird kaum etwas zu ändern sein. Wenigstens
nten „Ge¬
deren einziger Fehler es ist, daß sie noch nicht von
nicht bei der „Richtung“ von heute. Nach wie vor
g stets im
der Sonne der Popularität beschienen werden, schei¬
noch an¬
gehen die Leute weit weniger um des Stückes, als
nen ewig dazu verdammt zu sein, unter Aus¬
der Darstellung willen ins Theater.
nders die
schluß der Oeffentlichkeit spielen zu
Wer. Zum
Ein Vorgang aus allerjüngster Zeit spricht hier¬
müssen. Denn, wirken sie in der Premiere sicht
Das ehedem
für Bände. In einem hiesigen Theater hatte ein
mit, so weiß auch die Kritik nichts von ihnen, be¬
Ueberein¬
Parkettbesucher sich drei Plätze in der ersten
urteilt ihre Leistungen nicht. Denn, was nachher
recht,
Reihe für je 71 Mark gekauft, und zwar im Hin¬
kommt, ist für die Katz. Man sieht es an diesem
Pensions
blick darauf, daß an diesem Abend laut Ankündi¬
Falle wieder. Es wird sogar das Geld zurückver¬
Die Pen¬
gung nicht weniger als sechs Sterne am
langt. Womit natürlich nicht gesagt sein soll, daß
Von der
Theaterhiel leuchten würden. Von diesen sechs
der Theaterleiter im Recht ist, der, ohne vorherige
en, lehnen
traten aber dann nur zwei auf.
Ankündigung, am Abend nicht hält, was er am Tage
atsoper ab.
anderen ließen sich „vertreten". Der Billettinhaber
versprach. Aber dem Attraktionsfimmel auf der
forderte nun sein Geld zurück. Mit der
igen aber
seriösen Schauspielbühne sollte doch endlich einmal
Begründung, daß erstens die Direktion an jenem
Star gestochen werden!
der —
Abend nicht gehalten habe, was der Theaterzettel
Feishlan¬
Unter den diesjährigen Weihnachtsneu¬
Emmer sehr
versprach. Dann aber machte er einen noch ideelle¬
heiten ist eine, die von diesem System abweicht,
ren, gar nicht uninteressanten Standsunkt geltend.
olff, dem
indem sie ihre „Sensation“ ganz auf literarischem
Er meinte nämlich, daß auch die beiden ersten
de zwischen
Gebiete sucht. Es ist die Novität des Kleinen
Kräfte, die als Rest geblieben waren, ihre Künst¬
Tarif¬
Schauspielhauses, die wir heute abend erleben
lerschaft im Zusammenspiel mit minderwertigen
die Min¬
sollen. Arthur Schnitzlers „Reigen“. Daß
Kräften nicht so entfalten konnten, wie es bei
estens drei
man diese heiklen Szenen, ursprünglich nur als
erstklassigen Gegenspielern der Fall gewesen wäre,
ehnhundert
Buchdrama geschrieben, je aufführen könnte, hat
somit die ganze Vorstellung also, verstehe ich ihn recht
usend Mark
man vor dem Umsturz wohl kaum für möglich ge¬
aus dem Leim gegangen wäre. Die Theater¬
Mark eine
halten. Und doch geschah es schon einmal, in grauer
kommen direktion hat sich, indem sie sich in Stillschweigen
Münchener akademisch
Vorzeit. Der
dramatische Verein unternahm das Wagnis
bereits vor mehreren Dezennien, und zwar im
Rahmen einer Privatvorstellung. Anders wäre es
unter der Obhut der Zensur auch nicht gegangen.
Leiter der Aufführung war damals ein junger Stu¬
dent, der heute — Theaterdirektor in Berlin ist, Dr.
Georg Altmann vom Kleinen Theater. Unter
seiner Regie führte man einen Teil der „Dialoge
genannten Szenon auf, die heute restlos von Ger¬
trud Eysoldt und Maximilian Sladek in ihrem
Theater der Fasanenstraße gezeigt werden. Es
braucht nicht verschwiegen zu werden, daß Dr.
Altmann und seine Leute wegen dieser Aufführung
Die Darbie¬
beinahe relegiert worden wären...
tung selber aber ging ohne jede Störung vonstatten.
Die einzige Einschränkung, der sich die Veranstalter
unterwerfen mußten, bestand darin, daß sie ihre
Eintrittskarten nicht von beru#fsmäßigen Kassierern
verkaufen lassen durften. So standen immer drei
der jungen Studenten an der Kasse und
sorgten für Absatz ihrer Eintrittskarten. Daß auch
heute bei öffentlichen Vorstellungen so mancher
Theaterleiter persönlich hinter dem Kassenschalter
schaltet und seinen Kassierer oder der Kassiererin
„hilft“, ist ja auch nichts Ungewöhnliches mehr. Doch
kommt es eher daher, daß er, als Hauptbeteiligter,
nun einmal der beste — Rechner in seinem Hause
ist. ... Und ohne „Rechnen“ geht bekanntlich, heute
mehr denn je, selbst die beste Theaterkunst schließlich
Ludwig Renner.
zum Teufel.