II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 717

11.
Reigen
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Per S
Schauspieser
Wettlauf um die Rollen. Namentlich die
Schnitzlers, deren Original — das darf man, da das Werk jn
jetzt schon historischen Rang hat, ruhig sagen — Adele Sandrock ist,
während zum Grasen ein Ballazzi Modell stand, namentlich
diese Schauspielerin also ist eine Rolle, nach der die Salondamen
des Volksthealers mit ollen Händen greifen. Wird sie Frau Olly
oder Fräukein Woiwode spielen? Die weiblichen Rollen werden
im Volkstheater viel besser besetzt sein, als in Berlin, wo für
die sünf wienerischen Rollen eine einzige wirkliche Wienerin,
Poldi Müller, dem Dichter half. Die Schauspielerin zum Beispiel
gab eine Ungarin, Blanche Dergan, die man vom Prager Deutschen
Theater geholt hatte. Besser war es um die männlichen Rollen.
So spielte Louis Ralph, von den Jarno=Bühnen bekannt, jetzt
ein oft genannter Filmregisseur, den Soldaten, und Karl Etlinger,
der zu diesem Zwecke extra die ihm zuwidere Fahrt nach Berlin
unternommen hatte, den Dichter, während für den jungen Herrn
und Ehemann zwei reichsdeutsche Künstler wie Kurt Goetz und
Viktor Schwennecke zur Versügung standen. Felix Holländer hatte
bei seinem letzten Aufenthalt Schnitzler eine ganz andere, weit
bessere Besetzung versprochen. Aber Direktoren versprechen viel und
es liegt nicht einmal immer an ihnen, wenn sie ihre Zufagen
nicht halten können. In der Wiener Besetzung des „Reigen“
hätte Schnitzler gern Ida Roland gesehen. Und vielleicht tut
Frau Roland den von ihr verehrten Dichter sygar den Gefallen
Der andere Schlager der Bernau=Bühnen wird wohl Karl
das ist eine augenblicklich
Rößlers „Der pathetische Hut“
kopflose Königskrone — werden, den Bernau annahm, nachdem
ihm der Dichter die Komödie vorgelesen. Zum erstenmal, daß
einem Werk von Rößler in Wien eine so glatte Annahme be¬
schieden war. Aber jetzt gehört Rößler doch schon zu den Autoren,
denen die Theater nachkaufen. Früher war es — trotz der großen
Erfolge — umgekehrt. „Die fünf Frankfurter“ zum Beispiel sind
von drei Wiener Prosabühnen refüsiert worden. Bis Direktor
Berger auf den Rat Hugo Thimigs hin das Lustspiel akzeptierte.
Aber der damalige Volkstheaterleiter wollte es nicht geben. „Ich
kann doch nicht sunf Juden auf meinem Theater auftreien lassen,
meinte er. Und der zynisch=boshafte Rößler erwiderte: „Aber Herr
Direktor spielen doch den Wallenstein allein ...
Die große Feiertagsnovität der Renaissancebühne heißt
Geständnis“, eine amerikanische Geschichte, die im Rahmen einer
Gerichtsverhandlung abrollt. Der junge Autor Cirricks, seines
Zeichens Journalist, hat die Fabel seines Stückes aus seiner
Zeitung entnommen. Es war ein Skandalprozeß, der ganz New¬
York in Aufregung brachte, handelte es sich doch um die Frau
eines der großen Geldmagnaten, eine bekannte Schönheit, die
eines Tages ihren Liebhaber erschossen, der, wie der sensationelle
Prozeß ergab, gar nicht ihr Liebhaber gewesen, sondern ein von
ihrem Mann bezahlter Verführer. Aus diesem Prozeß machte Carlicks!

EIER TUIN A n
25. Wember 1920
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eine sponnende, efsektvolle Komöbie, aus der der deutsche Be¬
arheiter, der sonderbarerweise ein Ungar ist, eine Menge Einzel¬
heiten streichen mußte, die der Magen europäischer Theaterbesucher
einfach nicht verdaut hätte. Es blieben noch genug grausame
Details, aber dem amerikanischen Publikum würde die deutschen
Ohren zurechtgemachte Geschichte viel zu liebensmürdig klingen.
Das Stück bringt eine für Wien neue Reinhardt=Künstlerin, Maria
Fein, Oskar Veregi wird als grausamer Milliardär und
Harry Walden als Pariser Hochstapler zu sehen sein. Die neueste
große Walden=Rolle: ein scharmenter Schurke, ein bezaubernder
Verbrecher
In der Volksoper gibt es jetzt, da der Direktor auf Urlaub
ist, einige Direktoren, Unter ihnen auch einen bekannten Wiener
Rechtsanwalt, Dr. Kollek, der Fachmann in Steuersachen und auch
sonst musikalisch sehr bewandert ist. Bei der Generalprobe von
„Cäcilie“ war es, da saß Direktor Dr. Kollek mit ####m witzigen
Wiener Kritiker in der Loge, der plötzlich meinte: „Was würden
Sie sagen, lieber Direktor, wenn sich Richard Strauß jetzt als
Rechtsanwalt etablierte?“
Und als Direktor Dr. Kollek bei einer Stelle der Oper ins
Orchester sah und die Frage stellte: „Was, wieder die da?“,
meinte der Kritiker gutgelaunt: „Expensnoten