II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 802

11. Reigen
box 18/1
107
die undemokra¬
chen, imperialistischen, von Haß und Eigensucht
diktierten neuen Forkerungen der Almiierten. Die
beabsichtigte Versklavung nicht nuy der jetzigen, sondern ##chder
82

1O Um den „Reigen.“Adf den vol uns gebrachten
Auszug aus der „Berichtigung“, die Arthur Schnitzler zu dem
Gutachten Hardens im „Aigen'=Prozeß veröfsentlicht, uns
Maximilian Harden folghide Erwiderung: „Niemals d kirgends
habe ich behauptet oder angedeutet. Herr Dr. Schn#t#ler habe Herrn
Max Reinhardt zu Aufführung des „Reigen" „Loerredet“. Mir ist
von Gespräch oder Verhand#g der zwei, Künstler über diesen
Gegenstand nie irgendetwas lkannt geworden. Ebenso wenig habe
ich den Professor Reinhardt s als Gideshelser“ für oder gegen
Irgendetwas „angerusen“, sonferm###eiem von der Staatlichen Hoch¬
schule für Musik erbetenen Ghrachten, erwähnt, doß Reinhardt mich
in einem Gespräch einmat dach meiner Meinung über öffentliche
Aufführung des „Reigendgefragt und daß ich abgeraten habe.
Warum? Weil ich, genau wie der Autor der Dialoge nach der
Ungabe im „Tageblatt“, solche Aufführung „für ein höchst proble¬
natisches Unternehmen“ hielt (und noch halte). Mein Gutachten ist
eröffentlicht worden, also Jedem, den's interessiert, zugänglich
ind sich glaube mich nicht befugt, von Ihrer Zeitung mehr Raum zu
rhikten, als zu Berichtigung zwiefachen Irrens nötig war.“
*Wir bringen gern diese Erwiderung, möchten aber hinzusetzen, daß
er Passus im Hardenschen Gutachten folgendermaßen lautet: „Der
nit der Verantwortlichkeit für ein großes Heer Angestellter bebür¬
jete, von der Sorge für den über alles Erwarten hinaus verteuerten
tiesenbau des Großen Schauspielhauses bedrückte Künstler Max Rein¬
fardt war überredet worden, sich das Aufführungsrecht für seine
kammerspielbühne zu sichern („sonst erwirbt es morgen ein
nderer").“ Was die Auffassung, als wäre gemeint. Reinhardt sei
on Schnitzler überredet worden, zum mindesten erklärlich erscheinen
äßt.
er über den „Reigen“
In dem Prozeß der Hochschule für Musik gegen die
als
Direktion Eysoldt=Slabet hat Maximilian Harden
Gutachter heftige Angriffe gegen Schnitzler zerichtet.
„Neuen Wiener Journal“ hat Schnitzler diese Angriffe
zurückgewiesen.
die
Wir entnehmen dieser Abwehr
Erklärung Schnitzlers über die Beweggründe, die ihn
veranlaßt haben, den „Reigen“ freizugeben.
Zur endgültigen Aufklärung muß ich mehr um Max Reinhardts
ils um meinetwillen in aller Kürze mitteilen, wie meine Szenenreihe
Reigen“, dis bekanntlich ursprünglich keineswegs zur Aufführung be¬
immt war, mit meiner ausdrücklichen Einwilligung auf die Bühne kam.
Nachdem im Laufe der Jahre von einzelnen Schauspielern und
Schauspielerinnen, später auch von Theaterdirektoren Anfragen und
Antrüge an mich gelangt waren, die von mir durchaus abgelehnt wurden,
erbat Max Reinhardt im November 1918 kelegraphisch von mir
das Aufführungsrecht des „Reigen.“ für die Kammerspiele. Ich konnte
mich zu einer zustimmenden Antwort nicht gleich entschließen, erklärte
mich aber freiwillig bereit, Max Reinhardt die Priorität zu wahren,
was er dankend zur Kenntnis nahm.
Indessen traten immer neue, zum Teil recht erwägenswerte Anträge
an mich heran; im Jannar 1919 lud mich der Direktor eines namhaften
deutschen Theaters zur bevorstehenden Uraufführung des „Reigen
an seiner Bühne ein, so daß mir gerade noch Zeit blieb, die schon für
einen besimmten Tag angesetzte Vorstellung zu inhibieren; aus Rußland
brachten zurückkehrende Kriegsgefangene die Kunde von Aufführungen
des „Reigen“ in einer Anzahl von russischen Städten; und so hatten im
Ausland vorerst meine Dialoge ohne mein Dazutun und ohne meine
Zustimmung ihre theatralische Laufbahn begonnen. Trotz allen gesetzlich
gewährleisteten Schutzes schien es mir nach meinen bisherigen Erfahron¬
gen nicht ganz außerhalb aller Möglichkeit zu liegen, daß am Ende auch
irgendwo in deutschen Landen eine widerrechtliche Aufführung
stattfinden könne (mit einzelnen Szenen war das schon in
früheren, rechtsklareren und rechtsbewußleren Zeiten der Fall gewesen):
und diese Erwägung war mit ein Grund, daß ich im Frühjahr 1919 bei
Max Reinhardt anfragte, ob er eine öffentliche Aufführung des „Reigen
noch immer für opportun halte. Er antwortete mir am 19. April 1919:
„Ich halte die Aufführung Ihres Werkes künstleriich nicht nur für
opportun, sondern für unbedingt wünschenswert. Dabei ist allerdings
Voraussetzung, daß bei den Gefahren, die in der Gegenständlichkeit des
Stoffes liegen, das Werk in nicht unkünstler'sche und undelikate Hände
kommt, die es der Sensationslust eines allzu breiten Publikums aus¬
liefern könnten. Ich nehme aber bestimmt an, daß sich die Bedenken
durch eine völlig sensationsfreie, rein künstlerische und diskreie Inszente¬
gung überwinden lassen.“ Und weiterhin: Je weniger Sie mich zeitlich
estlegen, je mehr wächst für mich die Möglichkeit, unfer beider Wünsche
nach meiner Regie zu erfüllen. Sie dürfen jedoch in jedem Falle ver¬
sichert sein, daß ich aus den schon wiederholten Gründen mein volle
könstlerisches Interesse Ihrem Werk widmen werde und unbedingt
Sorge trage, daß es auf dem höchsten künstlerischen Niveau her
Auf diese Zusicherungen hin schloß ich mit Max Reinhardt ein
Verkrag, nach welchem der „Reigen bis spälestens 31. Januar 1920
einer seiner Bühnen zur Aufführung kommen sollte. Der Termin wurde
wie das im Theaterleben zuweilen vorkommt, versäumt, eine kurze
hindurch schienen die polltischen Verhältnisse für eine Aufführung
Reigen“ worüber ich mit Reinhardt eines Sinnes war, nicht
günftig zu liegen, und im Frühjahr 1920 drang ein Gerücht zu m
Reinhardt mit einer anderen Berliner Theaterdirektion verhandle
den „Reigen“ in den Kammerspielen zur Auffährung dringen solle.
mein Ersuchen um Aufklärung wurde mir von Reinhardt am 24.
folgende Antwort zukeil: Bezüglich des „Reigen“ möchte ich Ihner
keilen, daß von mehreren Seiten allerdings an mich herangekreten #
ist, das Werk freizugeben. Jede Unterhandlung in der Richtung
vornherein von mir abgelehnt worden. Ich habe niemals daran gebach
dieses Stück einer anderen Bühne zu überlassen. Ich habe immer an
Absicht festgehalten, das Werk selbst zu inszemteren. Daran hal
nichts geändert.“
Ich bedaure, daß es zu dieser Regieleistung Max Reinhardts nic
gekommen ist, bedaure es um so mehr, als es mir kürzlich vergönnk war,
einen Bück in das Regiebuch zu tun, das zu entwerfen er begonnen hatte.
Im Sommer 1920 irat Max Reinhardt bekanntlich von der Leitung seiner
Theater zurück. Felix Holländer, sein Nachfoiger, übernahm mit anderen
Verträgen auch den über den Reigen“, erbak in mündlicher Unterredung
mein Einverständnis, mein Lustspiel Die Schwestern“ in den Kammer¬
svielen und den „Reigen als Ensemblegastspiel des Deutschen Theaters
(wie es im vorigen Jahre mit der „Büchse der Pandora' der Fall g#
esen sei) am Kleinen Schauspielhaus zur Aufführung zu bringen,
unter der Leitung von Frau Eysoldt und Direktor Sladek stehe
Jubeit Reusch, mir auch aus persönlicher Erfahrung als vortrefflicher
Regisseur bekannt, die Inszenierung anzuvertrauen.
*
Im Augenblick, da ich meine Justimmung (zur Reigenaufführun
erteilt habe, Lehe ich in jeder Weise dafür ein und hätte jede Verant¬
wortung selbstverständlich auch dann mit dem größten Vergnügen ge¬
tragen, wenn das Resultat nicht so unwidersprechlich für Max Reinhand
Auffassung zeugle: „daß die Bedenken gegen eine Aufführung
Reigen“ sich durch eine künstlerische und diskrete Inszenierung über¬
winden leßen“
Troßdem bleibt es nach wie vor niemandem verwehrt, im Reigen“
mit Maximilian Harden nichts anderes zu sehen, als eine Reihe „schon
üßlich angesch mmelter, in jedem Sinn unplakonischer Gespräche über
Lust und Leid der Paarung“; jedem stehl es auch weierhin frei, das
Experiment einer „Reigen'-Aufführung, wie ich selbst es so lange Jahre
indurch tat, für problemakisch, ein gelungenes für mißglückt und sogar
ein behördlich approbiertes noch immer für strafwürdig zu erklären: ja,
als