11. Reigen
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Hardens Erwiderung gegen
cninler
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Verlegene Ausflüchte.
• FEORUAR 152
Bekanntlich hat Maximilian Harden in einem Gut¬
achten anläßlich des Berliner Aufführungsstreites um den „Reigen“
neben einer Reihe von künstlerlichen auch persönliche Angriffe
gegen Artur Schnitzler gerichtet. Der Dichter, der sonst
niemals das Wort zur Widerlegung von Urteilen über seine Kunst
und seine Person ergriffen hat, sah sich diesmal aber ausnahms¬
weise veranlaßt, gegen einige Hardensche Behauptungen Stellung
zu nehmen, und in einem im „Neuen Wiener Journal“ am letzten
Sonntag veröffentlichten Aussatz, den Artur Schnitzler mit dem
Titel „Berichtigung“ versah, hat er in seiner ruhigen und noblen
amstag
Art anseinandergeseht, daß Marimilian Harden bewußt und fülsch¬
lich Behauptungen aufgestellt hat, die der Wahrheit widersprechen.
Auf diese „Berichtigung“ Schnitzleis, die aus dem „N. W.
in die auswärtige Presse übergegangen ist, hat nun Herr Maxi¬
milian Harden dem „Ber Tageblatt“ eine Erwiderung gesendet
die nicht nur eine leere Ausflucht bedeutet, sendern den Versuch
macht, den Tatbestand zu verdrehen. Hardens Erwiderung lautet:
„Niemals und nirgends habe ich behaupt t oder angedeutet,
Herr Dr. Schnitzln habe Herrn Max Reinhardt zur Auf¬
führung des „Reigen“ „überredet". Mir ist von Gespräch oder
Verhandlung der zwei Künsiler über diesen Gegenstand nie irgend
etwas bekannt geworden. Edensowenig habe ich den Professor
Reinhardt je „als Eideshelfer“ für oder gegen irgend etwas „an¬
gerusen“, sondern, in einein von der Staatlichen Hochschule für
Musik erbeienen Entachten, erwähnt, daß Reinhardt mich in
einem Gespräch einmal nach meiner Meinung über öffentliche
Aufführung des „Reigen“ gefragt und daß ich abgeraten habe
Warum? Weil ich, genat wie der Antor der Dialoge nach der
Angabe im „Tageblatt“ solche Aufführung „für ein höchst prohle¬
matisches Unternehmen“ hielt (und noch halte). Mein Gutachten
ist veröffentlicht worden, also jedem, den's interessiert, zugänglich;
und ich glaube mich nicht befugt, von Ihrer Zeiuung mehr Raum
zu erbitten, als zu Berichtigung zwiesachen Irrans nötig war.
Das ist alles, was Herr Harden zu erwidern het Aber es
ist nicht nur wenig, sondern geradezn ein glattes Auskneifen.
Herr Harden ist ein alter Wortegaukler und hat das System
hintenherum, zwischen den Zeilen zu verdächtigen und Sätze so
zu verschachteln, daß sie gegebenenfalls zweideutig bleiben,
bis
zur Virtuosität ausgebildet. Dadurch ist er zuweilen nicht recht
faßbar. Aber gerade in dem einen Fall, den er berichtigt,
schlägt er sich selbst auf den Mund. Der Passus, gegen den
er sich verteidigt, lautei nämlich in seinem Gutachten wörtlich:
Der mit der Verantwortlichkeit für ein großes Heer Angestellter
bebürdete, von der Sorge für den über alles Erwarten hinaus
verteuerten Riesenbau des Großen Schauspielhauses bebrückte
Künstler Max Reinhardt war überredet worden sich das
Aufführungsrecht für seine Kammerspielbühne zu sichern („sonst
erwirht es morgen ein andeter").“
Es ist gar kein Zweifel, daß jeder nach dem, was Harden
sonst in dem Gutachten vorzubringen für gut fand, unbedingt der
Auffossung sein mußte, Reinhardt sei von Schnitzler überredet
worden Hardens Erwiderung ist eine seiner heltebten Ausflüchte,
wobei er es, wenigstens vorläufig, vermieden hat, die anderen
Berdrehungen seines ebenso affeknerten wie künstlerisch lächerlich
begründeten Gutachtens gerade zu biegen. Das wäre, nachdem
ihn eine Persönlichkeit wie Schnitzler gestellt het, Anstandspflich
gewesen.
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Hardens Erwiderung gegen
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Verlegene Ausflüchte.
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Bekanntlich hat Maximilian Harden in einem Gut¬
achten anläßlich des Berliner Aufführungsstreites um den „Reigen“
neben einer Reihe von künstlerlichen auch persönliche Angriffe
gegen Artur Schnitzler gerichtet. Der Dichter, der sonst
niemals das Wort zur Widerlegung von Urteilen über seine Kunst
und seine Person ergriffen hat, sah sich diesmal aber ausnahms¬
weise veranlaßt, gegen einige Hardensche Behauptungen Stellung
zu nehmen, und in einem im „Neuen Wiener Journal“ am letzten
Sonntag veröffentlichten Aussatz, den Artur Schnitzler mit dem
Titel „Berichtigung“ versah, hat er in seiner ruhigen und noblen
amstag
Art anseinandergeseht, daß Marimilian Harden bewußt und fülsch¬
lich Behauptungen aufgestellt hat, die der Wahrheit widersprechen.
Auf diese „Berichtigung“ Schnitzleis, die aus dem „N. W.
in die auswärtige Presse übergegangen ist, hat nun Herr Maxi¬
milian Harden dem „Ber Tageblatt“ eine Erwiderung gesendet
die nicht nur eine leere Ausflucht bedeutet, sendern den Versuch
macht, den Tatbestand zu verdrehen. Hardens Erwiderung lautet:
„Niemals und nirgends habe ich behaupt t oder angedeutet,
Herr Dr. Schnitzln habe Herrn Max Reinhardt zur Auf¬
führung des „Reigen“ „überredet". Mir ist von Gespräch oder
Verhandlung der zwei Künsiler über diesen Gegenstand nie irgend
etwas bekannt geworden. Edensowenig habe ich den Professor
Reinhardt je „als Eideshelfer“ für oder gegen irgend etwas „an¬
gerusen“, sondern, in einein von der Staatlichen Hochschule für
Musik erbeienen Entachten, erwähnt, daß Reinhardt mich in
einem Gespräch einmal nach meiner Meinung über öffentliche
Aufführung des „Reigen“ gefragt und daß ich abgeraten habe
Warum? Weil ich, genat wie der Antor der Dialoge nach der
Angabe im „Tageblatt“ solche Aufführung „für ein höchst prohle¬
matisches Unternehmen“ hielt (und noch halte). Mein Gutachten
ist veröffentlicht worden, also jedem, den's interessiert, zugänglich;
und ich glaube mich nicht befugt, von Ihrer Zeiuung mehr Raum
zu erbitten, als zu Berichtigung zwiesachen Irrans nötig war.
Das ist alles, was Herr Harden zu erwidern het Aber es
ist nicht nur wenig, sondern geradezn ein glattes Auskneifen.
Herr Harden ist ein alter Wortegaukler und hat das System
hintenherum, zwischen den Zeilen zu verdächtigen und Sätze so
zu verschachteln, daß sie gegebenenfalls zweideutig bleiben,
bis
zur Virtuosität ausgebildet. Dadurch ist er zuweilen nicht recht
faßbar. Aber gerade in dem einen Fall, den er berichtigt,
schlägt er sich selbst auf den Mund. Der Passus, gegen den
er sich verteidigt, lautei nämlich in seinem Gutachten wörtlich:
Der mit der Verantwortlichkeit für ein großes Heer Angestellter
bebürdete, von der Sorge für den über alles Erwarten hinaus
verteuerten Riesenbau des Großen Schauspielhauses bebrückte
Künstler Max Reinhardt war überredet worden sich das
Aufführungsrecht für seine Kammerspielbühne zu sichern („sonst
erwirht es morgen ein andeter").“
Es ist gar kein Zweifel, daß jeder nach dem, was Harden
sonst in dem Gutachten vorzubringen für gut fand, unbedingt der
Auffossung sein mußte, Reinhardt sei von Schnitzler überredet
worden Hardens Erwiderung ist eine seiner heltebten Ausflüchte,
wobei er es, wenigstens vorläufig, vermieden hat, die anderen
Berdrehungen seines ebenso affeknerten wie künstlerisch lächerlich
begründeten Gutachtens gerade zu biegen. Das wäre, nachdem
ihn eine Persönlichkeit wie Schnitzler gestellt het, Anstandspflich
gewesen.
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