II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 847

11. Reigen
var der „Anatol“. Das sind
ßiggängers, der mindestens die
eise müßig zu sein — eine solche
r Epoche der Arbeit besonders
Estehen sich noch auf die edleren
perden Produktivität und Ueber¬
kten, ganz untergegangen sein,
„Anatol“ bis zu dem letzten
kon einer Schaffenszeit, die etwa
hmt war, hat Schnitzler immer
gehört, herumgedichtet. Werke
ich von seinem Thema entfernt
ückt. Seine rundesten Arbeiten
schaft gewidmet, vom „Anatol“
en“ bis zum „Einsamen Weg“.
es „jungen Herrn“ aus gutem
Liebelei“ das Trauerspiel des
gen Stunden“ hat er die durch
Liebestragödie dargestellt, im
l der Schauspielerin zum ersten
Schnitzlerfiguren seiner eroti¬
ber junge Herr, die anständige
klerin usw. Im „Reigen“ sind
alle erotische Komödien sind,
& Extrakte aus ihnen gibt. Hier
schen Aufputz mit einem philo¬
en im Zusammenhang erst den
Im Parallelismus der Szenen
en, in den Pausen zwischen den
ste Schnitzlers zum Vorschein.
nGesetzen sich wiederholenden
gene Altersweisheit stehen:
und Winter,
briftsteller, junger Herr und
lerin — Frühling, Sommer,
dahinter. Wer Schnitzlers
hm eine sehr traurige Melodie,
rik, mit welcher der taumelnde
rgänge der Natur aufputzt und
diese Szenen müßten erotisch
ktralthema beschäftigen. Ganz
eben weil hier die erotische
Ich finde, man geht aus dem
Nachdenklichkeit hinaus, die
tiviert.
bosoooococosese
HE UND KRAFT
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Kurze Bemerkung für moralisierende Schwachköpfe: Wer dich zwingt,
über das Erotische nachzudenken, der verführt dich damit zum Denken,
nicht zur Erotik!
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Es ist richtig, Schnitzlers „Reigen“ ist vor mehr als 20 Jahren
er ist 1897 erschienen — nur für Freunde gedruckt worden. Ich verrate
diesen Forschern noch mehr: Er ist eine Zeitlang gar nicht gedruckt ge¬
wesen. Dann ließ ihn Schnitzler für Freunde drucken. Dann kam er
durch einen inzwischen eingegangenen Wiener Verlag in den Handel. Dann
lasen ihn Zehntausende. Dann wurde er in Rußland gespielt.
* In die¬
sen zwanzig Jahren hat sich aber auch das Schicklichkeitsgefühl außerordent¬
lich gewandelt. Beiläufig: Die öffentliche Aufführung ist keine Frage
nach immanenter Sittlichkeit eines Werkes, sondern eine Frage der öffent¬
lichen Schicklichkeit, nicht Sittlichkeit! Der Schicklichkeitsbegriff aber ist
höchst wandelbar. Eine Tänzerin, die es vor 30 Jahren gewagt hätte, mit
nackten Beinen aufs Podium zu kommen, wäre mit Eiern beworfen und in
den Zeitungen zerrissen worden. Auf den größten deutschen Theatern
mußte noch vor 15 Jahren Goethes „Kaust“ abgeändert werden, Valentin
durfte seine Schwester höchstens eine Dirne, keine Hure schelten. Der ganze
Frank Wedekind ist vor 25 Jahren unaufführbar gewesen.
Eine festgeordnete bürgerliche Gesellschaft hat feste Begriffe bürger¬
licher Schicklichkeit. Sie geraten ins Schwanken, wenn diese ganze Ordnung
in den Grundfesten wankt. Nehmet ein Bürgermädchen von 1890, das
wohlbehütet auferzogen, verlobt und verheiratet wurde. Ihre Bahn war
geglättet. Ihr Weg vorgesehen. Das Bürgermädchen von 1910 ist gestern
wohlhabend gewesen, morgen ist es auf eigenen Broterwerb angewiesen,
es hat bis 1914 keinen nackten Manneskörper erblickt, 1914, 15, 16, 17, 18
ist es in Lazaretten tätig gewesen, hat Verwundete entkleidet, Operierte ge¬
waschen, an Betten Rekonvaleszenter nächtelang gesessen. Wie wollt ihr
mit Menschen von ganz anderem Erlebnisgehalt die alten bürgerlichen
Schicklichkeitsbegriffe aufrechterhalten? Solchen geänderten Schicklich¬
keitsgriffen entspricht es, daß Schnitzler 1920 zur Aufführung des „Reigen“
seine Zustimmung gab, die er um 1910 vielleicht noch verweigert hätte.
*
Aber der Widerstand, den diese Aufführungen gefunden haben? In
Wahrheit hät der „Reigen“ nirgendwo de Widerstand des natürlichen,
unvoreingenommenen Publikums gefunde. Selbstverständlich hat es
überall auch Zuschauer gegeben, die enttäusht oder verdrossen oder gelang¬
weilt werden. Dies ist ihr gutes, subjektives Recht und solche Besucher
mögen, wenn es ihnen Bedürfnis ist. andere vor dem Besuche warnen.
Aber die Störungen, die in einigen Städten vorfielen, waren organisierte
Mache, bei der oft genug mißbrauchte, unwissende Menschen mittaten, die
ursprünglich gar nicht wußten, worum es sich handle. Schnitzler selbst hat
nicht einmal in Wien, als ein katholischer Gesellenverein zur Störung der
Vorstellung entsandt wurde, dagegen protestiert. Er schreibt in einem
Briefe, den ich in meiner Zeitschrift „Das Tagebuch“ veröffentlicht habe:
„Ich käme mir unsäglich komisch vor, wollte ich mit den Abgeordneten
Kunschak oder Seipel oder mit dem Schusterlehrlich polemisieren, der
Sossssssssssssssssssssssssssssssse
BUCHHANDLUNG GRÄFE UND UNZER