II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 928

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begriffe der Gesellschaft in bestimmten, bewegten
on¬
Zeiten — heute nicht bloß in Deutschland,
dern ganz ebenso in der ganzen Kulturwelt
ins
er
Schwanken geraten, so kann dagegen nur mit
im
zieherischen Mitteln vorgegangen werden,
lich von selber. Solange man aber gerade von
der „Reigen“=feindlichen Seite gegen die Zoten
und Pikanterien der niedrigsten Unterhaltungs¬
stätten schmunzelndes Stillschweigen bewahrt
kann der geflissentliche Angriff gegen ein immer¬
hin unleugbar geistiges Werk und seine ebenso
inleugbar geistige Gestaltung — das Gericht hat
es anerkannt — nur Empörung wecken.
Seit wann verfolgt man andere Weltanschau¬
ungen mit Gefängnisdrohungen vor Gericht?
In der Zeit der Galilei=Prozesse leben wir denn
doch nicht mehr. Die obige Aeußerung Brun¬
ners zu seinen früheren im Prozeß beweist end
gültig die völlige geistige Unzulänglich
keit Brunners in seinem Tätigkeitsgebiet
das ihm weniger eingeräumt worden ist, als daß
er sich es selber allmählich eroberte. Gutgläubig¬
keit, die ihm zugebilligt wurde, ist keine Ent¬
chuldigung unwissender Selbstüberheblichkei
Die Regierung wird endlich Herrn Prof. Brun¬
ner einen. anderen Platz anweisen müssen, auf
dem er der deutschen Oeffentlichkeit weniger
Schaden und Unkosten zufügen kann.
*
Trotz der ungewöhnlich frühen Stunde, zu
der die Verkündung des Urteils im „Reigen“
Prozeß angesetzt war, hatte sich doch ein sehr
zahlreiches, meist aus Künstlerkreisen bestehendes
Publikum, auf das äußerste gespannt, im Klei¬
nen Saal des Neuen Gerichtsgebäudes in Moabit
eingesunden, wo heute nach vieltägiger Verhand¬
lung das Urteil im „Reigen“-Prozeß verkündet
werden sollte. Insbesondere auf der überfüllten
Anklagebank sah man nicht ohne Beunruhigung
der Verkündung des Urteils entgegen.
Punkt 9 Uhr eröffnete der Vorsitzende der
Strafkammer, Landgerichtsdirektor Brenn
hausen, die Verhandlung, indem er darauf
aufmerksam machte, daß jede Beifalls= oder Mi߬
fallensäußerung zu dem Urteil unzulässig sei.
Er erwarte von dem Takte des Publikums, daß
es sich an diese Mahnung halte, und würde,
wenn es das nicht täte, besondere Maßregeln er¬
greifen. Sodann verkündete er das oben wieder¬
gegebene Urteil.
Leutnant Boldt aus
dem Gefängnis entflohen.
Eigene Drahtung.
Hamburg, 18. November.
scht
Der Marinelentnant a. D. Boldt, der in
dem Kriegsbeschuldigten=Proze
vor dem Leipziger Reichs'gericht im
Juli d. J. wegen der Versenkung des englischen
Lazarettschiffes Landwery Castle zusammen mit
dem Offizier Dithmar zu vierjähriger Gefängnis¬
strafe verurteilt worden ist, ist heute aus dem
Gefängnis entwichen.
Boldt hatte in dem Gefängnis die bevorzugte
Stellung eines Schreibers eingeräumt erhalten.
Wie er den Ausbruch bewerkstelligt hat, ist noch
nicht aufgeklärt, Untersuchung und Verfolgung
sind im Gange.
Es sei daran erinnert, daß Boldt seinerzeit
von Hamburg nach Leipzig zum Prozeß in
Retten transportiert wurde, weil er der Polizei
als starker Mann von ungewöhnlicher körper¬
licher Gewandtheit bekannt war und schon da¬
n
Neues vom Tage.
Die Angestelltenforderungen im
Magistrat.
Der Berliner Magistrat ist heute vormittag
zu einer Sitzung zusammengetreten, um über die
Forderung der städtischen Angestellten auf eine
ofort auszuzahlende Teuerungszulage zu be¬
raten. Zwischendurch verhandelt auch die
städtische Tarifdeputation mit dem Vorstand der
Afa. Die Betriebsräte der städtischen Angestellten
sind in der „Neuen Philharmonie“ versammelt,
um das Resultat der Verhandlungen im Rat¬
haus entgegenznehmen.
Trauerfeier für Josephine Leoy¬
Rathenau.
Im Trauerhause in der Brüenallee fand heute
die Trauerfeier für die verstorbene Stadträtin
Josephine Levy=Rathenau statt Die Ver¬
storbene war eine Cousine des Reichs¬
ministers a. D. Walter Rathenau. Bei der
Trauerfeier gedachte Rabbiner Dr. Weisse der
Verstorbenen. Bezirksbürgermeister Doflein sprach
das Beileid der Stadt aus und Stadtverordneter
Martin gedachte ihrer als Vorstandsmitglied der
Demokratischen Partei. Ministerialrat Dr. Ger¬
trud Bäumer schil####te ihr segensreiches Wirken
für die Frauen. Vertreterinnen aller Frauen¬
vereine, der Partei und Behörden, nahmen an
der Feier teil, an die sich die Beisetzung anschloß.
Raubüberfall auf einen Studenten.
In der vergangenen Nacht gegen 11½ Uhr
wurde der Student Erhardt W. aus Steglitz in
der Berliner Straße zu Zehlendorf von zwei
Wegelagerern überfallen. Als er mit seinem
Zweirade die Straße entlang fuhr, sprangen
ihm plötzlich zwei unbekannte Männer entgegen
und stießen ihn vom Rade hinunter. Da die
Angreifer ihm zugleich eine Pistole auf die
Brust setzten, konnte sich der Ueberfallene nicht
zur Wehr setzen. Außerdem hatte er sich infolge
des Sturzes vom Rade noch den linken Oberarm
gebrochen. Die Räuber nahmen ihm das Rad
und zogen ihm einen goldenen Ring mit blauem
Stein vom Finger. Mit der Beute ergriffen sie
die Flucht und entkamen. Zu dem Raubüberfall
in dem Lotteriegeschäft von Krüger in
der Friedrichstraße wird noch mitgeteilt, daß auf
Belohnung von 3000 Mark ausgesetzt ist.
170prozentige Erhöhung für Auslands¬
telegramme.
Infolge der starken Abwärtsbewegung der
Mark ist, wie die Reichstelegraphenverwaltung
mitteilt#e neue Gebührenerhöhung für Aus¬
landstelegramme notwendig geworden. Der Um¬
echnungswert für die in Goldfranken verein¬
barten Telegraphengebühren nach dem Auslande,
der bisher 1 Franken = 18 Mark betrug, mus
dem gegenwärtigen Kursstande entsprechend auf
48 Mark für den Franken erhöht werden, also
auf den gleichen Satz, der jetzt bei den Auslands¬
paketen angewendet wird. Demnach wird vom
20. November an bis auf weiteres zur jetzt gel¬
tenden Telegraphengebühr nach dem Ausland ein
Zuschlag von 170 Prozent erhoben wer¬
den. Je nach dem Steigen und Fallen des Mark¬
kurses wird dieser Zuschlag in angemessenen Fri¬
sten geändert werden. Die für Ferngespräche nach
dem Auslande ebenfalls entsprechend erhöhten
Gebühren werden noch bekanntgegeben.
Eine kostbare Briefmarkensammlung
gestohlen.
Eine Briefmarkensammlung im Werte von
einer halben Million Mark wurde,
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Die
aus Gotha berichtet wird dort gestohlen.
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