II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 1043

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11. Reigen
Rloie & Seider
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 45, Georgenkirchplatz 21!
andeszeitung
Zeitung:
Tiahnover
Ort:
„.Nov. 1%
Datum:

Der „Reigen“ von Schnitzler und die
Front der anstäudigen Leute.
Am Momägabend fand im Konzerthaussaale an der
Goethebrücke eine sehr stark besuchte Volksversammlung
tatt, in der Herr Pastor Hustedt über obiges Thema sprach. Im
Namen des „Kartells zur Verhütung össentlich=sit
licher Schäden“ eröffnete Herr Rechtsanwalt von Issen¬
dorf die Versammlung und betonte, daß jeder Hannoveraner ein
Interesse daran habe, Stellung zu nehmen, wenn moralische
und sittliche Schäden, Schamlosigkeiten oder ähnliche
Uebelstände eingerissen seien. Die Versammlung solle dazu Stellung
nehmen!
Sodann begann Herr Pastor Husiedt seine Ausführungen
damit, daß er zunächst Stellen aus den hiesigen großen Tages¬
zeitungen über den „Reigen“ verlas, wobei er ausdrücklich bekonte,
duß er kirchliche Blätter dabei nicht berücksichtige. Die verlesessen
Kritiken dürflen den Lesern bekannt sein, so daß wir auf eine noch¬
malige Veröffentlichung verzichten können. Redner erinnerte daran,
daß sämtliche Tageszeitungen die Aufnahme weiterer „Reigen"=
Inserate abgelehnt haben. Aber mit Hilfe der Post hal man
die Hannoverauer mit „Einladungen“ überschwemmt. Was ani¬
wortet die Direktion des Residenz=Theaters auf alle Proteste?
„Der Reigen ist eine sittliche Tat“. Nach einem Rück¬
blick auf alle Vorkommnisse in der „Reigen“=Angelegenheit sprach der
Redner den Wunsch aus, Herr Direkter Schindler möchte an¬
wesend sein und in dieser Versammlung den Mut finden, das
Werk als „sittliche Tat“ anzupreisen! Was sollen wir
un? Demonstrieren hat nichts genützt, wie wir leider
gesehen haben! Der Staat muß die Gemeinheit schützen, weil
die Gesetze darnach eingerichtet sind. Durch die Gesetzge¬
bung müssen die Organe des Staates aus dieser Lage
befreit werden, die eine Gewissensbelastung für die ein¬
zelnen Beamten bedeutet. Wir müssen daran denken, daß wir
Volkserziehung zu treiben haben! Jeder Christ hat das
Recht, sich gegen den Schmutz zu wehren. Wenn die Direktion
von einer läuternden; moralischen Wirkung spricht, so
kennt sie die Leute nicht, die im „Reigen“ saßen. Pastor Hustedt
nannte erschreckende Zahlen aus der Statistik der Ge¬
schlechtskrankheiten und Prostikution! Es muß
ein Appell an die Männer des deutschen Volkes gerichtet
werden, sich auf ihre Pflichten zu besinnen, um diese entsetzlichen
Zustände zu bessern = und wenn die Männer uns nicht hören.
müssen sich die Frauen wehren! Wir müssen eine „Front
der anständigen Leute“ zur Abwehr des ärgsten
Schmutzes haben, der sich breit macht. Die Gründung des
Bühnen=Volksbundes, Lesehallen, verschiedene Ein¬
richtungen der Frauen=Vereine u. a. m. sind als positive
Arbeit zu begrüßen. Bis alle Ziele erreicht sind, müssen wir alle
Schulter an Schulter kämpfen und uns gegen die Gemein¬
heit wehren! (Beifall.) Wir müssen das ganze öffentliche
Geschäftsleben als Bundesgenossen gegen den
Schmutz und Schund gewinnen. In Zukunft müssen solche
Dinge völlig totgeschwiegen werden und hier setzt der
Selbstschutz ein. An, die Behörden allein kann man sich nicht
verlassen, es muß jeder für sich selbst sorgen! Wir gebrauchen
Persönlichkeiten die in ihren Vereinen dafür sorgen,
daß die Ansichten des Bundes für Sitte und Anstand bekannt und
befolgt werden. Wer mitarbeiten will, soll sich in der Geschäfts¬
stelle Friedrichstraße 8 B melden. Die Presse hat eine ungeheure
Verantwortung, und wir werden uns freuen, auf die Mit¬
arbeit der Zeitungen rechnen zu können. Die „Front der
anständigen Leute", die „Hannoversche Volks¬
wacht“ wird heilsam wirken, wenn der nötige Ernst dahinter
steht. Wir rechnen auf alle Kreise, die breitesten Schichten:
Kirche, Lehrerschaft, Aerzte, Vereine, Juristen,
Elternbünde — kurz alle, denen es Ernst ist, mitzu¬
helfen an der Gesundung unseres Volkes! Wir leben in den
schwersten Zeiten des deutschen Volkes und sind noch nicht
unten angekommen! Wir brauchen einen fröhlichen Optimis¬
mus und sagen „Und wenn die Welt voll Teufel wär'

es soll
uns doch gelingen!" Die Lehrerschaft könnte viel tun, wenn
sie dem „Residenz=Theater“ ihre Meinung über den „Reigen“ kund¬
gäbe. Wir müssen geschlossen zusammenstehen, denn es
muß wahr werden, daß am deutschen Wesen die Welt einst
noch genesen wird! (Stürmischer Beifall!)
In der folgenden Aussprache äußerte sich zunächst Herr Lehrer
Rolf, der als Beauftragter der gesamten Elternbünde sprach
und den „Reigen“ als das Gemeinste bezeichnete, was über
eine Bühne gegangen sei. Er sei beauftragt, schärfsten Protest
gegen diesen Schmutz zu erheben. Alle Anhänger der Elternbünde
werden ein solches Theater in Zukunft meiden! Das Auf¬
treten des Pastors Hustedt in aller Oeffentlichkeit sei eine wahrhaft
ittliche Tat! Für den deutsch=evangelischen Frauenbund sprach
Frau Oberstabsarzt Haberkorn ihre Genugtuung aus, daß der
Kampf weitergeführt werde im Interesse der Jugend! Herr Schul¬
rat Peters sprach nicht in besonderem Auftrage, hielt es aber für
selbstverständlich, daß die Lehrerschaft die „Front der an¬
ständigen Leute“ verstärke! Wir wollen nicht tatenlos zusehen
und am deutschen Volke nicht verzweifeln! Die Ehrfurcht vor
jeder religiös=sittlichen Empfindung muß gefordert werden!
Wir müssen an das Schiller=Wort denken: „Der Menschheit Würde
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