II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 1134

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11. Reigen
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BERLIN SO 16. RUNGESTRASSE 22-24
Frankfurter Zeitung
Ausschnitt aus der Nummer vom:
Abendblattz
HAUG.1927
= [Theater=Rundschau.] Man schreibt uns: Die
„Hamburger Kammerspiele eröffneten unter der
*Leitung Erich Ziegels in der Kgl. Schauburg im Haag
ein Gastspiek mit Schnitzlers „Zwischenspiel“, dem als
Uraufführung für Hollund=den=Reigen“ folgte. Beide Aufführungen
halken ber Publikum und Presse unwidersprochenen starken Erfolg
Dem Ensemble gehören u. a. an: die Damen Halicz, Horwitz,
v. Mahr, sowie Anni Reiter und Mela Schwartz vom Neuen
Theater (Frankfurt), die Herren Benekendorff, Fernau, Son¬
dingex, Wesolowsky, Ziegel.
Theater.
„Reigen.“
Wir in Temesvar sind immer um ein
Beträchtliches zurück und hinken allen
künstlerischen Dingen, die
weit
draussen ausserhalb dieser Grenzen
vorgehen, recht spät nach., So fuhr nun
der Temesvarer Bummler auch in der
Station Artur Schnitzler glimpflich
ein. Was von dem Dichter des Wienel
süssen Mädels in dieser Szenenfolge
festgehalten und vor der öffentlichen
Schausteilung lange Jahre hindurch
von ihm selbst streng gehütet wurde
hat man in Kreisen, die im „Reigen'
lediglich etwas anderes erblicken als
eine feiste Erotik, schon längst“ als
eine literarische Tat verbucht. Der
sexuelle Kreisel unserer irdischen
Laufbahn, dieses gewisse Ringelspiel,
dem ein menschliches Wesen sein Da¬
sein verdankt und welches ihm von der
Wiege bis zum Sarge zu einem eigent¬
lich grotesken, aber tiefmenschlichen
Leitmotiv wird, diesen ewigen Kreis¬
lauf, der bei der Dirne anfängt und über
Stubenmädelien, ghädige Frau, Back¬
fischlein, Schauspielerin hinaus bei
der Dirne aufbört, hat Schnitzler in
E
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acht mutigen, von der Wiener Luft
angehauchten Bildern" eingefangen.
Scheinheiligkeit und Selbstbetrug
lassen sich freilich von der Wahrheit
unc der dichterischen Ehrlichkeit
dieser Dialöge kaum, überzeugen und
daher der Rummel, den sie„bei jeder
Gelegehhléit und auch schon in Buch¬
form bei einer gewissen Menschensorte¬
auslöslen, Dass aus dem fein ge¬
dachten Gewebe keine kulissenhafte
Derbheit werde, gibt jedenfalls allen
Regisseuren zu Bedenken Anlass, die
freilich von dem primitiven, Bülinen¬
gehäuse im Grand Hotel am allerwe¬
nigsten zerstreut werden konnten.
Und'so gab es infolge der vollständig
unzufänglichen technischen Mittel,
trotz des stets pünktlich einsetzenden
Wiener-Walzers, ein Herumtasten der
Beiläufigkeit, das aber von der Intenr
tion der Theaterleitung, einmal elwas.
anderes zu bieten, einigermassenögut¬
gemacht wurde in dieser reparations¬
bedürftigen Zeit. Die einzelnen Dar¬
steller
— besonders die Damen
Harmath und Käroly hatten-De¬
achtenswerte Momenté — bewegten
sich in dem ungewohnten Rahmen,mit##
ziemlichem Gelingen. Das Bublikum
fasste die Sache als gesellschaftliches
Ereignis auf, erschien“, in dichten
Scharen — alles war dabei — und be¬
handelte Schnitzlers „Reigen“ als ein
saftig-erotisches Stück; dementspre¬
chend grinste man vielsagend bei jeder
Stelle, wo man eine dicke Schweinerei
während es dech um
witterte —
ei,
Menschliches ging.
Die nächste Premiere. Der freitägigen
Aufführung der Operette „Gyöngyviräg
kisasßony“ wird außerordentliches Inter¬
esse entgegengebracht. Der Komponist der
Operette ist, wie wir bereits kurz berich¬
teten, der gewesene Arader Finanzoberrat
Koloman Köpf, ein Schwiegersohn des
hiesigen Arztes Dr. Zanker, der gegen¬
wärtig in Temesvar wohnt. Die Operette
gelangte seinerzeit in Ofen bei Direktor
Sebestyen vor ausverkäuften Häusern zur
Aufführung und erzielte damals die ein¬
mütige Anerkennung der Budapester Kri¬
tik. Das Stück hat seinen erfolgreichen
Weg nach Temesvar und Arad fortgesetzt
und sollte auch schon in Siebenbürgen in
Szene gehen, was jedoch durch die Revo¬
lution verhindert wurde. Nun bereitet sich
das Operettenensemble des Direktors Fe¬
kete zur Auffrischung des melodienreichen
Werkes vor und sind die Proben unter
ersönlicher Leitung des Komponisten,
der auch bei der Aufführung das Orchester
dirigiert, in vollem Gange. Koloman Köpf
ist übrigens Vollblutmusiker, der an dem
Orchester der Arader Philharmoniker als
Primgeiger mitwirkte und jetzt auch an
der städt, Musikschule als Professor tätig
ist.
Verantwortlicher Redakteur Arpad Weil.