II, Theaterstücke 10, Das Vermächtnis. Schauspiel in drei Akten, Seite 32

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10. Das Vernaechtnis
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Wiener Theater-Revne.
Das Burgtheater hat das bereits in Berlin aufgeführte dreiactige
SSchauspiel „Das Vermächtniß“ von Arthur Schnitzler als Première mit
dlichem Erfolge gebracht, der allerdings kein nachhaltiger sein wird, denn
ein sehr gelungenes Stück kann man# '2 nicht nennen. Schnitzler ist auch hier
wieder ganz Tendengeichtel und sein neues Werk macht oft den Eindruck, als
seien die Personen durchaus nicht um ihretwillen da, sondern als wären si
„Automaten, die die Tendenz handelnd ausführen und aussprechen. Der Aute
legt hier eine Lanze ein für jene Frauen aus niederem Stande, die in illegi¬
timer Ehe mit einem Manne aus den oberen Gesellschaftsclassen leben, von den
letzteren aber trotz aller Bravheit nicht anerkannt und geachtet werden. Dr. jur.
Hugo Losatti, Sohn eines Professors und Abgeordneten, hat seit vier Jahren
ein heimliches Verhältnit mit Toni Weber, einem armen Mädchen; beide sind
sehr glücklich und haben auch einen kleinen Sohn. Da verunglückt Hugo mit dem
Pferde und nimmt vor seinem Tode seinen Eltern das Wersprechen ab, Toni und
deren Sohn wie eine Tochter in's Haus zu nehmen ## geschieht auch, doch
bilden sich bald Spaltungen in der Familie, der Pro#hr und sein zukünftiger
Schwiegersohn, Dr. Schmidt, sind gegen Toni, die Frau, die Tochter und Tente
sind für sie. Als der kleine Enkel stirbt, verliert Toni ganz ihren Halt in der
Familie, es kommt zu einer heftigen Auseinandersetzung und die verzweifelnde
Toni verschwindet, um sich ein Leid anzuthun. Das ist Alles, was geschieht, d. h.
des wird sehr viel geredet und debattirt, aber so sehr man auch für die etwas
einseitige und sentimentale Tendenz sein mag, man langweilt sich schließlich bei
alldem. Der erste Act beginnt mit einer höchst langweilig ausgesponnenen
Exposition, die dann der gleichfalls viel zu lange Sterbescene Hugos folgt, an
dessen Lager seine Geliebte und sein Söhnlein gerufen werden. Dieses lange
Sterben wirkt auf die Dauer höchst roh und abstoßend, aber Dr. Schnitzler ist
ja seines Zeichens eigentlich ein Arzt, d. h. ein kaltherziger Materialist, und
findet es um des „schönen" Theatereffectes willen ganz in der Ordnung, den
entsetzlichsten Vorgang im Menschenleben eine halbe Stunde lang und mehr auf
der Bühne auseinanderzuzerren. Gottlob läßt er den Enkel im zweiten Zwischen¬
act sterben und auch Toni verschwindet, wie gesagt, heimlich irgend wohin, um zu
sterben. Gespielt wurde sehr gut, doch brachte es nur Frau Hohenfels als
Tochter des Professors mit einer feurigen Rede für die arme Toni (im dritten
Act) zu größerer Wirkung und verhalf damit dem Stück auch zu einem guten
Abschluß. Herr Hartmann und Frau Schmittlein gaben ein gutes
Professorspaar, Frau Schratt fand sich mit der Toni leidlich ab, besser
wäre wohl Frl. Medelsky an ihrer Stelle gewesen, die eine nichtssagende
Rolle inne hatte. Die Herren Treßler (Dr. Hugo), Devrient (Dr. Schmidt)
sund die kleine Toni Blaha als Enkel Franz seien noch lobend erwähnt. —
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Theaterbericht.
„Das Vermächtnis“, Schauspiel in drei Acten von Arthur
Schnitzter.Im Burgtheater zum erstenmale aufgeführt am 30. No¬
vember 1898. Es ist dem geistvollen, in den dramatischen Schil¬
derungen ebenso geschickten als glücklichen Autor ein guter Erfolg
beschieden gewesen; viel Beifall und trotz des Sujets nicht einmal
eine beachtenswerte Opposition. Das Sujet ist kurz folgendes: Das
„Vermächtnis“ ist ein Kind, das einem „Verhältnis“ entsprossen. Der
sterbende Vater bittet seine Eltern, das Kind mit der Mutter in ihr
Haus aufzunehmen. Es geschieht. Allein das Kind stirbt auch und
gegen die unverschwägerte Schwiegertochter bildet sich eine natürliche
Fremdheit heraus, die man sie so hart empfinden lässt, dass sie sich
in ihrer Verlassenheit entschließt, in den Tod zu gehen. Das Schau¬
spiel schließt mit einem von Frau Hohenfels glänzend gesprochenen
Plaidoyer für die — wie sollen wir sagen — nun am Ende doch
für die freie Liebe. Frau Schratt spielte die weibliche Hauptrolle in
in sympathischester Weise. Der erste und dritte Act hatte den kräftigen
Erfolg. Vielen schien die vom Dichter aufgeworfene Frage zu gewagt,
aber gerade für das Bedenkliche des Problems nahm der jüngere
Theil des Publicums leidenschaftlich Partei, und wer die Jugend für
K. Lchas.
sich hat, behält schließlich recht.
„Fechtbrüder“, Posse mit Gesang in vier Acten von Karl Costa.
Musik von Max v. Weinzierl. Zum erstenmale aufgeführt im
Raimund=Theater am 29. November 1898. Wieder hat Costa einen glän¬
zenden Erfolg zu verzeichnen. Sein neuestes Stück wurde vom Publi¬
cum äußerst beifällig aufgenommen. Der Dichter wurde unzähligemale
gerufen und konnte sich nicht genug für den Applaus, der ihm ge¬
Baron, natürlich ein junger, übersättigt von dem schwelgerischen
Leben, das ihm sein Reichthum zu führen gestattete, will als ein¬
facher Wanderbursche die Menschen studieren. Er erbittet sich von
einem an seiner Villa fröhlich vorbeimarschierenden Tischlergesellen die
Arbeitsdocumente und wandert an dessen Stelle als Handwerker nach
Tirol. Alle Personen, die dem verkleideten Baron unterwegs Gutes
erweisen, sollen zehnfache Vergeltung erhalten. Ein von dem Plane
unterrichteter Kellner avisiert seinen in einer Ortschaft Tirols häusen¬
den Onkel, der dort Gemeindevorstand und Wirt ist, von dem Er¬
scheinen des verkleideten Goldvogels. Gleichzeitig mit dem Baron
langt auch eine Wanderkomödianten=Gesellschaft an, die jedoch schon
bei der ersten Vorstellung des „Lumpaci“ von den ebenfalls theater¬
spielenden Bauern verjagt wird. Die Schauspieler mussten in den
Rollencostümen flüchten, unter ihnen der Darsteller des Tischlers Leim.
Er wird von dem avisierten Gemeindevorstand für den Baron gehalten,
und in der Voraussicht, zehnfachen Ersatz zu erhalten, verschwenderisch
bewirtet. Natürlich wird dem später auftauchenden Baron die Thür
gewiesen, der inzwischen einer ungarischen Gutsbesitzerstochter das
Leben gerettet hat. Der Vater hält den Komödianten für den Retter
seiner Tochter und so mehren sich die lustigen Missverständnisse, bis
die Lösung kommt, die natürlich auch auf das Dich=bekommen hinaus¬
läuft. Die Herren Weinzierl und Kapeller versehen das Ganze mit
einer einnehmenden Musik und Couplets, wie Thallers: „Natur und
Kunst“ und das reizende Duett vom Kuckuck, vom Fräulein Theren
und Herrn Natzler brillant vorgebracht, fanden den wohlverdienten
Beifall. Costa und das Raimund=Theater können zufrieden sein.