II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 96

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Alex. Weigls Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
„OBSERVER“
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(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Pikante Blätter, Wien
vom:
KL
Reich der Schminke.
Das Wiener Publikum soll für das klassische
Theater erzogen werden; ist es in Berlin Herrn
Reinhardt gelungen, so, will es Herr
Vallentin in Wien versuchen, hoffentlich hat er
Erfolg. Zuerst kam ein Ibfendrama—an die
Reihe und jetzt ein „klassisches“ Lustspiel, das
diesen Titel wohl wegen seiner literarhistorischen
Langweile trägt. Kleist's „Der zerbrochene
Krug“ hat es nie und nimmer zu einem
Theatererfolge bringen können. Man empfindet
während des ganzen Dialoges fort und fort das
Gezwungene, Manierierte, fast könnte man sagen
norddeutsche Element zu sehr. Dazu kommt noch,
daß die Darstellung am Deutschen Volkstheater
die Schwächen des Stückes liebevoll heraus¬
gearbeitet hat. Besonders der Darsteller des
Dorfrichters Adam vergaß stellenweise vollständig,
die Angst, in der er zu schweben hat, auch nur
anzudeuten. Der Gerichtsrat des Herrn Weiß
war würdevoll und angemessen, die übrigen
Darsteller bemühten sich, den ihnen ungewohnten
klassischen Ton zu finden, und verloren dadurch
viel von ihrer natürlichen Sprache und ihrem
Spiele. „Der grüne Kakadu“ von Artur
Schnitzler, der darauf folgte, zeugt von der
erstaunlichen Regiekunst Vallentins. Man hatte
das Stück seinerzeit im Burgtheater gegeben,
vorsichtig und alle etwa anstößigen Stellen im
voraus unterdrückend; darunter hatte die reizende
Groteske zu leiden gehabt. Im Volkstheater sah
man erst, was in dem Stücke steckt. Da war,
auch das Publikum, das auf die Intentionen
des Dichters liebevoll und verständnisinnig
einging. Die Darstellung gab sich alle Mühe
und stand auch wirklich auf der Höhe. Herr
Kramer als Heuri zeigte — seit langer Zeit
wieder einmal — in einer ernsten Rolle, daß
er ein ernst zu nehmender Künstler ist. Glänzend¬
war Herr Homma als Strolch Grein, er ist
jedenfalls eine der besten Akquisitionen des
heurigen Jahres. In einer kleinen Rolle zeigte
Herr Brady, auch eine neue Kraft, daß er gut
zu verwenden ist. Nur der Darsteller des Wirtes
und ehemaligen Direktors Prospére ließ so
manches zu wünschen übrig. Unangenehm machte
sich auch die geringe Tiefenausdehnung der Bühne
bemerkbar, die für Massenszenen absolut nicht
geeignet erscheint. Aber im großen und ganzen
war es eine Aufführung, auf die wir stolz sein
können; das anerkannte auch das Publikum, das
den Autor, der mit seiner jungen Gattin in einer
Loge der Aufführung beigewohnt hatte, unzähligemal
hervorjubelte; fast schien es, als ob das Volks¬
theaterpublikum den Wienerischesten aller Wiener
Schriftsteller für den Mißerfolg, den er wenige
Tage vorher am Burgring erlitten, entschädigen
wollte.
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