II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 106

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ruene Kakadu
Der
9.3. Der Krachenkunaut
darauf tritt er den Bestrebungen
dessen Frau Henriette in deren Zauberbann er alsbald daß er vergeblich sucht, ins Gleichgewicht zu kommen. In
mit der alten Schärfe entgegen, und
geriet. Lebensüberdrüssig, weil eine falsche Diagnose sie für
gestattet, in der die Macht der Regie¬
seinen stürmischen Gemütsausbrüchen greift er zum Opium,
unheilbar krank erklärte, interessant=häßlich, in Liebe und
scheuter äußerte als heute, sucht er
zu den gefährlichsten Giften, völlig außer sich geraten,
Haß hysterisch=überreizt, wird sie von dem Dichter zum
pocht er an die Tore eines Irrenhauses, um hier in zeit¬
n zu unterstützen. Er verbündet sich
„Erschießen schön“ gefunden. In ihrer Neigung, mit „Ge¬
Garde, um im Theater, dem da¬
weiligem Aufenthalt Ruhe zu finden. „Verstans, unglück¬
danken an das Jenseits“ zu spielen, sucht sie ein Sterbe¬
des öffentlichen Lebens, demon¬
licher Verstand!“ lispelt er in wortkargen Selbstgesprächen
plätzchen an den romantischen Ufern des Wannsees bei
unheimlich vor sich hin.
hervorzurufen, er verhandelt mit
Potsdam. Wirklich ertönten eines Morgens hier ein paar
dem Hofe, er steht mit an der
Die Gedankenwelt dieses Dichters mußte der
Pistolenschüsse, die zwei Leben beendigten. Die arme
deutschen Tischgesellschaft“, die vor
Natur Goethes, welcher ganz Harmonie und Gleich¬
Henriette lag blutüberströmt zu Füßen einer Weide, die
tändeversammlung spielt und Reden
maß war wie eine fremde Welt erscheinen. Wirklich
traurig zu dem stillen See herunterblickte: Kleist kniend
verhaßten französischen Gleichheits¬
hat ihn Kleist „wie ein Leichnam", „wie ein widerwär¬
und entseelt neben ihr, mit seiner Linken krampfhaft ein
das Lied, mit dem ihre Verhand¬
tiger Kranker“ abgestoßen. Aber in der Klarheit seines,
Buch umfassend, aus dem er unmittelbar vor seinem Tode
Urteils bewunderte er die eindringliche Sprachgewalt des
Novalis „Hymne an die Nacht“ der Geliebten vorgelesen.
Frone ward erstritten
jungen Poeten. „Die poetische Dialektik“ des „Zerbrochenen:
Bald nach diesem Ereignis erließ König Friedrich
Kruges“ führte das Stück auf die Weimarer Bühne. Hier
r deutschen Ritter Blut,
Wilhelm III. eine scharfe Kabinettsordre, welche die Ver¬
Heiden mußten bitten
zerschellte er in unzählige Scherben. Alt und jung im
öffentlichung der Abschiedsbriefe Kleists als eine „ruchlose
wigen Friedens Gut.
Parterre zischten um die Wette. Erst eine Zeit später klang.
Gutheißung unsittlicher Absichten und Handlungen“
Heiden sind bekehret,
die Kritik ruhiger Ueberlegung minder scharf. „Der Kleist
tadelte. In dem „Wiener Beobachter“ aber erschien eine
gnadenfrohe Zeit,
des zerbrochenen Topfes“ fand Herzog Karl August, „hat
nachdrückliche „Verteidigung der Motive, welche Kleisten in
Adel wehrt und lehret
nach dem Lavaterschen Stil mit viel Witz, Verstand und
n Ergebenheit.
den Tod getrieben“ — ein neues Zeichen, wie innig die
Talent sich mit sich selbst amüsiert, ohne eine Ahnung zu
hristlich deutscher Trene
Beziehungen waren, die den Dichter, der wie ein düsterer
haben, wie es anderen dabei zu Mute ist.“
deinem Siege weihe!
Schatten durch die deutsche Literatur ging, mit Oesterreich
Blaube lebe hoch!
verbunden hatten.
Kleist und mit ihm alle seine Biographen meinten,
Chor:
daß die Abneigung Goethes gegen den Dichter und die
Der Dämon in Kleist hat seine Irrtümer verschuldet
Aube lebe hoch!
Weimarer Einrichtung, die das Stück in drei Teile schnitt,
und ihn in den Tod gejagt. Seine Natur, in der Kraft
das Unglück des Abends verschuldeten. Sollte diese
r Wein uns in die Krone
und Impotenz vereinigt schienen, war nicht geeignet für Trennung wirklich eine so gefährliche Wirkung geübt
Krone frohem Fest,
Erfolg und Sieg. In seiner geistigen Verwandtschaft mit
ber, schone, schone,
haben? War der Zornesausbruch Weimars nicht viel mehr
dem zügellosen Grabbe und dem über das normale Maß
Demut nicht verläßt.
eine Folge der Redaktionstätigkeit Kleists im „Phöbus" und
hühnenhaft hinausragenden Hebbel verzerrte er seine
ben muß uns weihen,
zeigte Goethes Streben, den Namen des Dichters vor
Stoffe. Immer im unklaren über sich und sein
einzelne vermag,
der Aufführung geheimzuhalten und jeden Sirich in
Talent, sieht er seine Schaffenskraft wiederholt er¬
ienend allen leihen;
seinem Werke zu vermeiden, nicht die behutsamste Rücksichts¬
lahmen; wie der Genius mit gebrochenen Flügeln,
Fahlen machen Tag.
nahme für ihn? Goethe selbst hat seine Meinung über
daß keiner will vor allen,
muß er in der Ausführung seiner besten Absichten den „Zerbrochenen Krug“ eingehend zum Ausdruck ge¬
innehalten; wirklich Vollendetes schuf er nur in
mit allen schallen,
bracht:
einzelnen seiner kurzen Erzählungen. „Die Hölle gab mir
Freußens Lebehoch!
ein halbes Talent, der Himmel schenkt den Menschen ein
Chor:
Die Komödie hat außerordentliche Verdienste, und die ganze
ganzes oder keines!“ jammert er. Sein Gemüt verfinstert
Darstellung drängt sich mit gewaltige: Gegenwart auf, nur
en leben hoch!
schade, daß das Talent des Verfassers sich doch mehr gegen das
sich, er hat alle Qual des herkömmlichen deutschen Dichter¬
ieser christlich moralischen Sozietät
Dialektische hinneigt, wie es sich in diesel stationären Prozeßform
jammers zu ertragen, fühlt auf das bitterste, wie die auf das wunderbarste manifestiert hat. Könnte er mit eben den
g zu dem Buchhändler Voal und Kunst um ihr Brot betteln muß. Es ist fast natürlich,Naturell und Geschick eine wirklich bramatische Aufgabe lösen