II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 247

uene Kakadu box 15/3
Der
9. 3. pel Kruche Kanaau
Stuckes, als er weder innerlich noch
cavalleria apachiana benennen. Aber es wäre toricht, wollte man
fern nämlich, als das äußerliche
darüber schelten, wenn im Theater Theater gespielt wird; wenn
Die Morgenvorstellung der Dürergesellschaft
nicht im entferntesten berührt.
es eben mit dem Anstand und der künstlerischen Handhabung eines
deutlich genug erkennen. Ein Erh
01½
im Stadttheater. J4440
½5
Schnitzlers geschieht, so hat das Werk seine Berechtigung in sich.
Frauen, jede in ihrer Weise. —
Schnitzler nennt seinen „Grünen Kakadu“ eine Groteske,
„Der grüne Kakadu“ von Schnitzler und „Der Kammersänger“.
ristit des Kommersängers wie über
eine Groteske freilich mit bitterem Beigeschmack. Wedekind gab
von Wedekind.
schieden genial gesehenen Werkes
seinem „Kammersänger“ keine Gattungsbezeichnung auf den
10i1 15
Stettin, 10. November.
indes hier zu weit führen würde;
Weg, der alte Spötter; damit wurde er freilich selbst daran schuld,
werden: man täte dem Dichter
Die sonntägliche Aufführung der Dürergesellschaft war,
daß der tiefere Sinn des Werkes nicht überall richtig erkannt
meinte, er habe sagen wollen, ga
wenn mans so nehmen will, eigentlich eine kleine Blamage für
wurde. Man könnte sich versucht fühlen, ihm den Grabbeschen
seien im Gegensatz zu der bürg#
die Leitung unserer städtischen Bühne. Daß es wirklich erst der
Untertitel zu geben: „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeu¬
brühte Egoisten; was Wedekind dem
„Entdeckungstätigkeit“ der Dürergesellschaft bedurfte, um diese
tung", aber es handelt sich tatsächlich um eine Tragikomödie, die
legt, gilt mutatis mutandis von jed
beiden wahrhaftig doch nicht mehr ganz neuen Werke dem
sich freilich zu einer echten Tragödie auswächst. Der Titel ist
vorurteilslos genug, um anzuerken
Stettiner Publikum, oder doch einem Teil von ihm, vorzustellen!
irreführend. Nicht der Kammersänger ist der Held des Stückes,
Verkünder egoistisch sein müßten
Haben doch beide Stücke ihre Bühnenfähigkeit längst erwiesen.
sondern es ist das Publikum, das hier in zwei Vertretern vorge¬
in Betracht.“
Ihr Los ist das Alb
Man soll uns nicht entgegenhalten: es sei in Stettin kein Interesse
führt wird, dem kleinen schwärmenden Mädel und der reifen,
um das Nibelungengold zu erringe
für das Schauspiel vorhanden, damit stellte man doch dem Kunst¬
leidenschaftlichen Frau. Die Szene des Professors Dühring dient
Jedenfalls wird der Dichter
sinn unserer Bürgerschaft ein gar zu klägliches Zeugnis aus, denn
nur der Kontrastwirkung, sie hat mit der inneren Handlungni#
wurf machen können, daß wir sein
die einseitige Vorliebe für die Oper ist eher ein schlechtes als ein
zu tun. Die beiden Frauen repräsentieren jenes Publikum, das
zurücktreten ließen. Denn bei der
gutes Kulturzeichen, sie hat ihren Grund nur zu oft in einer
die Welt des Scheins nicht von der des Seins, den Künstler nicht
selbst müssen wir uns notgedrung
gewissen Denkbequemlichkeit. Aber wenn wir hier auch an der
von der Rolle, die Person nicht von der Sache trennen kann.
männliche Hauptrolle in jedem de
immerhin doch ziemlich reich gedeckten Tafel der Schauspiel¬
Beide Frauen lieben ja gar nicht den Mann, sondern den Künstler.
Pötter inne. Sein Henri im
produktion so nichtachtend vorbeigehen, daß kaum ein paar Lust¬
Die Jüngere kennt ihn überhaupt nur von der Bühne, ihre un¬
geschränkt prachtvoll. Pötters star
spielbröckchen für unsere Bühne abfallen, dann muß schließlich das
reife Schwärmerei kann nur ein tragikomisches Ende nehmen;
hier voll ausleben, es ist ja überhau
Interesse für das Schauspiel erlahmen. Unsere Künstlerschar für
Helene glaubt zwar, den Künler näher zu kennen, sie hat es
geschick hingestellte Figur Schnitzler
das Schaual, das bewies sie gestern ganz klar, ist doch immer¬
aber einfach überhört, daß er #ur nie Versprechungen gemacht hat,
Pötter alls darstellerischen Anforde
in gegentbäktig so, daß man bei guter Regie auch einmal mit
aber sie hat nicht die innere Kraft, unter dem idealen Künstler
Der Künstler ist schon an sich
Erfolg von Schiller und Shakespeare absehen kann.
den realen Menschen zu erkennen. Daran zerbricht sie.
Bühnenerscheinung, mehr Charakter
Daß Wedekind in dem Kammersänger und dem, was er
Diese kleine Betrachtung mindert natürlich das Verdienst
aber verschwendete Herr Pötter viel
spricht, zugleich eine sehr feine Satire auf seine Kollegen schuf,
der Dürergesellschaft in keiner Weise, vor allem aber war auch
jedes Wort so aus, als handelte es
zugleich auch Seitenhiebe hierhin und dorthin austeilt, auf den
die Zusammenstellung dieser beiden Werke eine recht glückliche.
sängers wirklich um Aeußerungen
lächerlichen Wagnerkult, auf falsche Sentimentalität usw., das
Denn sie haben eine gewisse geistige Gemeinschaft, in beiden dreht
burchdachten Lebensanschanung.
kommt erst in zweiter Linie. Die Feinheit der Wedekindschen Ar¬
es sich im Grunde um den Gegensatz der Welt des Scheins mit der
Absicht nicht, den Kammersänger
beit steckt in der Art, wie er gewissermaßen die Gewichte gleich¬
des Seins, in beiden sind Publikum und Darsteller Spieler und
hinzustellen. Bewahre, was er ihn
mäßig verteilt, nicht Schwarzweißkunst gibt, sondern Spieler und
Gegenspieler, doch sind die künstlerischen Absichten der beiden
Lebensanschauung derer, die Erfolg
Gegenspieler mit gleichen Waffen ausrüstet. Ist der Kammer¬
Dichter völlig verschieden. Schnitzler verfolgt in seinem „Grünen
des satten Magens, nüchtern, rein
sänger ein verächtlicher Mensch? Nie und nimmer, aus keinem
Kakadu“ nur die an sich natürlich nicht tadelnswerte Absicht: ein
Menschen müssen wir allem, was
Worte kann man schließen, daß er nicht wirklich ein bedeutender
wirksames Theaterstück zu schreiben, Wedekinds „Kammersänger“
aber unser innerstes Gefühl bäum
Künstler ist. Wenn er einmal sagt: er sei nur Wagnersänger und
aber schürft tiefer. Darauf werden wir noch zu sprechen kommen.
ohne Absicht, zugleich wieder mit fei
verstehe daher keine andere Kunst, so darf man dieses Wort nicht
Die Zeit der französischen Revolution wird ja von den Dra¬
grad so mancher Bühnensänger, l#
pressen. Aber er ist ein Wirklichkeitsmensch, lebenstüchtig durch¬
matikern sehr gern als Rahmen benutzt, und das mit gutem
sänger einen ehemaligen Tapezierg
aus, auch ein im Grunde anständiger Charakter. Er aber kennt
Grund. Ganz abgesehen von den unermeßlichen tragischen Mög¬
anschauung ist auch danach. Wir z
sich und kann seine Kunst von seiner Person trennen. Das Publi¬
lichkeiten, die diese Zeit dem Dichter an die Hand gibt, von den so
daran, daß dieser Mann ein bede
kum vergißt ja nur zu leicht das Handwerksmäßige in der Kunst,
echt dramatischen Gegensätzen einer untergehenden und einer ent¬
großer Mensch ist er nicht. Aus di
insbesondere in der nachschaffenden, verwechselt sie mit der schaf¬
stehenden Welt, liegen für uns die Vorgänge weit genug zurück,
nung, die Herr Pötter seiner Rol#
fenden, trennt nicht das Verdienst des Dichters oder Komponisten
daß das Prinzip der idealen Ferne gewahrt bleibt, aber sie sind
erklärlich, daß der Künstler mit de
von dem des Darstellers. Wedekinds Kammersänger ist sich üher
uns auch nahe genug, daß wir zu ihrem Verständnis keiner
sängers nichts rechtes anzufangen
diesen Punkt wohl klar, wenn er sagt: „Als Tannhäuser konnte
Kommentars bedürfen, das Wort Kommentar im weitesten Sinne
und prononziert, als seien sie die
ich doch nicht anders aussehen“, was doch wohl sagen soll, für die
genommen. So kann uns zum Beispiel der Dichter durch die
Das sind sie nicht, wie wir bewiese
Wirkung dieser Rolle bin ich doch nicht allein verantwortlich. Der
Erwähnung der Bastille wie mit einem kurzen Wink und ohne
lich nichts anderes, als ein Achsel
Mann hat eigentlich mit jedem Worte, das er sagt, vollkommen
viel Worte verständigen, daß diesmal der Spaß Ernst geworden
sänger all das Erlebte von sich a
recht; wenn wir seine Zeichnung dennoch als Satire empfinden, so
ist, ein ungeheures Moment der Spannung, denn wir lauern nun
Hauptrollen spielte in beiden S
ist eben nur der Umstand daran schuld, daß sich unser Innerstes
darauf, daß es auch hier Ernst werden wird. Technisch ist ja das
Sowohl die Leocadie als die Hel
gegen die Auffassung sträubt, als sei hier der Typus des Bühnen¬
Werk Schnitzlers ausgezeichnet gezimmert; man achte nur darauf,
Klippen der Charakteristik auf, es
I künstlers und nicht nur eine besondere Abart gekennzeichnet. Das
wie meisterhaft er die retardierenden Momente zu verwenden
die durch ihre Leidenschaft zugrundc
große Publikum wenigstens will es nicht wahr haben, daß sein
weiß. Die Charakterzeichnung ergibt sich fast von selbst aus der
die Dora Ottenburg lebensecht
idealer Lohengrin und Tannhäuser den großen Beifall der Kritik
Handlung, mit bühnensicherem Blick hat sie Schnitzler umrissen,
vor uns erstehen ließ. Recht drol
und eben dieses Publikums bei nächster Gelegenheit in bare Münze
aber er gibt jeder seiner Personen grade nur soviel auf den Weg,
I larbten Grenzen gestaltete Frl. L#
umsetzt, indem er den Direktor zu einer Gagenerhöhung zwingt.
als sie für die gegenwärtige Situation braucht. Auch das Motiv
der Handlung ist nicht eigentlich originell, man möchte es; 1 Wedekinds Kammersänger ist schon darum nicht der Held des I verliebten Miß Isabel; Herr Lu