II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 260

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Der Fruene Kakadu
9.3neanud
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zweifelhaft bleibt, ob ste selbst bei Anwen= langer Dauer sein. Die Differengen haben be¬
„Der grüne Kakadu“ nimmt das Leben als le¬
bensgefährliches Spiel, das Theater als den An¬
#o 1g19 Le sing-Theafer.
rener und Gradmesser bestärzender Wirklichkeiten,
„Fräulein Julie“ von Strindberg; „Der Witz als das verwirrende Spiegelbild des einzig
Wahren. Schnitzlers dialektische Feinheit hat hier
grüne Kakadu“ von Schnitzler.
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nicht nur ihren stärksten Theatereinfall, sondern
Die beiden berühmten Einakter haben — jeder
fast auch ihren tiefften Blick. Freilich ist diese
auf seine Art, jeder in seiner Zeit — versuchen
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Tiefe nun auch schon ein wenig fraglich gewor¬
wollen, das Theater mit genialisch kühnem Griff
den, läßt da und dort auf flachen Grund blicken!s
ap ein Stückchen vorwärts zu bringen oder es wenig¬
und erscheint in ihrer Echtheit manchmal zweifel¬
stens durch eine witzige Drehung von einer neuen
haft; was Revolution ist oder scheint, sein möchter
Seite zu zeigen. In „Fräulein Julie“ nimmt
und sein kann, das haben wir eben seither doch nochse
August Strindberg das Drama ganz naturwissen¬
ganz anders erfahren. Indessen, wenn die Wahr¬
□ schaftlich, errechnet sich die Menschen aus den Wur¬
heit dieser Dramatik des Scheins auch trüber ge¬
zeln der Abstammung, aus der Luft der Umge¬
worden ist, unverändert hell der überlegene, ge¬
bung, aus den Einflüssen der Stunde und zieht
pflegte Geist, in dem sie gestaltet und ausgesprochen
die tragische Summe: Hohes welkt ab, Niedriges
wird. Die Kreuzung, Verschränkung und Um¬
will empor, Kampf der Geschlechter, der Lebens¬
klammerung der Gedanken, die Führung des Ge¬
alter, der Stände bringt die ewige Vernichtung
sprächs ist noch immer erstaunlich fein, ein künstle=
und aus ihr das ewige Leben. Die Rechnung
risches Kunststück.
stimmt in jeder Einzelheit und ist falsch in jeder
Konrad Veidt gibt die große Rolle, den Henri:
Verallgemeinerung; das Drama ist groß im Ein¬
mit einer schönen Vornehmheit, in einer sehr vor¬
fall, kleinlich in der psychologischen Genauigkeit;
nehmen Haltung, die an echte Tragik glauben läßt;
Genie wird offenbar, aber die eingebildete Technik
ein wenig ausgiebigere Kraft möchte man ihm
übertönt es, langweilig knarrend.
wünschen. Sehr frisch und lieb, auf einer glück¬
Tilla Durieux, nach langen Jahren wieder
lichen Linie zwischen Derbheit und Anmut, spielt
in Berlin, ist das Fräulein. Ihre Kunft hat an
Dagny Servaes die ungetreue Leocadie. Tilla
Reife, Klarhett, Schmiegsamkeit gewonnen. Ihre
Durieux, diesmal ganz Dame, Hans Fischer
Vornehmheit ist leicht, sitzt ihr in allen Gelenken
als Wirt, Klöpfer als Dieb sind ausgezeichnet.
fest und hat auch das Ueberreizte, bald Ermüdete,
Beide Stücke werden von Barnowski sehr
das die Rolle verlangt. Die starken, erschütterten
lebendig und in ihrer eigenen Bewegtheit auf die
Töne haben keinen rechten seelischen Grund und
Bühne gebracht. Die Zuhörer waren in der
klingen — noch immer — ein wenig hohl. Pracht¬
Hauptsache sehr zufrieden, bis auf einige, die sich's
voll ist Eugen Klöpfer als Kammerdiener:
nicht nehmen lassen wollten, Schnitzler auszupfei¬
pöbelhaft und selbstbewußt, geschmeidig und grob,
fen; ob sie wohl seiber wissen, warum? W. H.
mannhaft und verschmitzt, ein ganzer Diener und
ein ganzer Kerl. Im Blut und in den Knochen
+ Gastspiele, in der Staatsoper. In der
Staatsoper finden in der kommenden Woche fol¬
der richtige Ahnherr eines tüchtig aufsteigenden
gende Gastspiele statt: Fritz Feinhals singt als
Geschlechtes; der Enkel ist Großunternehmer, der
dritte und letzte Rolle am Dienstag, dem 4. d. M., C
Urenkel Expressionist