II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 323

Der
gruene Kakadu
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Österreichische Casino A.
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Wien III, Schwarzenbergplatz
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Ausschnitt aus:
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Vaterländ. Lucerne

ler. Die schauspielerische Kraft Herrn Brands offenbarte!
sich vor allem darin, daß er die wenigen Lebensgefühle,
Stadttheater Luzern.
die im Zuchthäusler Eschmeidler liegen, mit äußerster
Oesterreichischer Abend.
ökonomischer Vorsicht durch die Armut der Gebärde¬
27. November.
möglichkeiten durchleuchten ließ. Dieses Anklingenlassen
K. W. Oesterreichisch waren an diesem Abend ein¬
der menschlichen Urlaute, die schon in ihrer Entstehung
wieder zusammenbrechen, aber gerade dadurch den Ge¬
zig die Namen Wildgans und Schnitzler. Aber weder
das Gerichtsstück von Wildgans „In=Ewigkeit Amen“.
fühlswert auch des armseligsten Wortes voll ausschöpf¬
noch die Revolutionsgroteske „Der grüne Kakadu“ von
ten, zeugte von einer erstaunlichen künstlerischen Gestal¬
Schnitzler hatten etwas mit Oesterreichertum zu tun.
tungskraft. Herr Brand hat es verstanden, mit mög¬
lichst wenigen Mitteln den größtmöglichen schauspiele¬
Da war der literarische Abend vom Januar dieses Jah¬
rischen Effekt zu erzielen und die armselige Gestalt des
res weit sorgfältiger als österreichischer Abend charak¬
Zuchthäuslers zu einer klar lesbaren Schrift seines
terisiert mit den beiden Schauspielen „Der Tor und der
Innern zu machen. Dieser Zusammenklang von körper¬
Tod“ von Hofmannsthal und der „Komtesse Mizzi“ von
Schnitzler. Wenn man schon nationale Abende im Thea¬
licher Haltung, stimmlicher Gestaltung und seelischer
Ausstrahlung war ganz überragend.
ter organisieren will, dann sollten sie auch wirklich die¬
sen Charakter tragen, nicht nur in den Namen der Au¬
toren, sondern auch im Geiste der gespielten Stücke
Schnitzlers „Grüner Kakadu“ lebt von der
Aber gespielt wurde glänzend, wie noch nie seit Be¬
Atmosphäre, die im Zwielicht von Sein und Schein, von
ginn der Spielsaison. Im Einakter von Wildgans „In
Ernst und Spiel entsteht. Aus dieser Atmosphäre heraus
Ewigkeit Amen“, das erste Drama des Dichters,
muß gespielt werden. Sein muß als Schein, Schein als
treten alle Vorzüge dieses schriftstellerdnden Juristen
Sein, Ernst als Spiel und Spiel als Ernst erscheinen.
und Strafrechtlers in Erscheinung, der die juristischen
Ahnungslosigkeit muß in Blut enden und Blut noch in
Fragen auf eine menschliche Grundlage rückt und ihnen
Ahnungslosigkeit verspritzen. „Der grüne Kakadu“ ist in
irgendwie einen lyrischen Unterton zu geben weiß. Be¬
sonders wirksam versteht er, seinen Dramen stets einen
Meister der Uebergangssituation ist, ob er nun die Auf¬
lyrischen Schlußakt zu geben. Auch dem vorliegenden
gespaltenheit seelischer Individualereignisse schildert,
Gerichtsstück, von dem kein Mensch weiß, warum es die¬
oder Szenen politischer Uebergangsepochen formt, wie
sen Titel trägt, bis ganz am Schluß der lyrisch=reli¬
im vorliegenden Stück, das besser als minutiöseste ana¬
giöse Ton durchbricht. Für gewiegte Schauspieler ist das
lytische Geschichtsschreibung die Atmosphäre am Vor¬
Stück ein Leckerbissen, weil es Typen eine volle indi¬
abend der französischen Revolution wiedergibt. Man
viduelle Auswirkung ermöglicht. Da ist einmal der
riecht das ancien régime so gut, wie man den Sturm¬
Untersuchungsrichter, der von Hrn. Herbert Schim¬
schritt der Marseillaise vernimmt. Dazu kommt das
kat als sadistischer Rechtsfanatiker wuchtig vor die
Komödienhafte der französischen Revolution überhaupt,
Zuschauer gestellt wird. Da ist die Zeugin Marie Dwor¬
das auch im Stücke Schnitzlers eingefangen ist. Dieses
schak, von Frl. Grete Kaiser vollblütig=ordinär ge¬
Komödienhafte einer politischen Uebergangsepoche muß#
staltet. Den haltlosen Kellner Leopold Kritzenberger
in der Darstellung zum Ausdruck kommen, vereint mit
gab Herr Sigfrit Steiner mit gleicher eindring¬
dem unwiderstehlichen Sturmwind einer neuen Zeit.
licher individueller Formkraft, wie auch der Staats¬
Das erstere kam in der Aufführung sehr gut zum Aus¬
anwalt des Hrn. Mamelok und der Schriftführer
druck, letzterem fehlte zu sehr der heiße Atem, sodaß an
Dr. Zwirn des Hrn. Paul Schill klar umrissene Ge¬
einzelnen Stellen eine gewisse Luftleere empfindlich zu
spüren war. Daß man nie zur Ruhe kommt, darin liegt
stalten waren. Von ganz eindringlicher Wucht und er¬
der Reiz des Stückes. Daß Ruhepausen in der Darstel¬
staunlicher Einfühlungs= und Gestaltungskraft war aber
lung vorkommen, darin lag der Fehler der Aufführung,
die überragende schauspielerische Leistung von Herrn
Hermann Brand als Beschuldigter Ant. Eschmeid= der bei einer Wiederholung sicher behoben werden kanng