II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 359

9. 3. Der
ruene Kakadu
e e eee en e e drede der ee e e e ASe A AR A A E R
Nouse Wiener Pesbiat, Alen
Z0kT.
Begegnung mit Barthon.
Von Eugen Jensen.
Es war in den ersten Augusttagen dieses Jahres. Ich
verbrachte meine Ferien auf dem wundervollen, fast neun¬
hundert Meter hoch gelegenen Bürgenstockplateau am Vier¬
waldstätter See. Eines Tages ging durch das ganze Haus
ein Flüstern und Tuscheln, das bald seine Erklärung fand.
Louis Barthou, der große französische Staatsmann, war zu
kurzem Ausrasten in unserm Hotel angelangt. Als ich, wie
tagtäglich, ein befreundetes Pariser Ehepaar nach dem zweiten
Frühstück auf der Hotelterrasse aufsuchte, um den gewohnten
„Schwarzen“ mit ihnen zu trinken, erkundigte ich mich diskret,
ob man denn nicht Barthon von der Ferne zu Gesicht be¬
kommen könne, worauf sich unter gemütlichem Lachen hinter
den mächtigen Blättern einer Nummer des „Temps“ ein
freundliches Gesicht zeigte, das einem Herrn, der sich in Gesell¬
schaft meiner Pariser Freunde befand, zugehörte. „Gestatten
Sie, Mr. Barthou,“ sagte die liebenswürdige Gattin meine3
Freundes, daß ich Ihnen einen scharmanten Wiener vor¬
stelle!“ (Die Franzosen finden alle Wiener scharmant!) Nun,
es mag ja sein, daß ich in diesem Augenblick vielleicht ein
„scharmantes“ Gesicht gemacht habe — besonders geistvoll
dürfte es aber nicht gewesen sein. Ich hatte wohl viele Bilder
Barthous gesehen, aber niemals hätte ich in dem freundlich
lächelnden älteren Herrn mit dem gestreiften Pullover und
dem lustigen blauen Baskenmützchen den großen Politiker ver¬
mutet. Infolge der wirklich bezaubernden Ungezwungenheit
Barthous, die einem jede Verlegenheit benahm, kam bald ein
sehr angeregtes Gespräch in Gang. Man sprach über alles
mögliche — mit Ausschluß von Politik natürlich —, über
Wien, über Kunst und besonders über Musik. Mit großem
Interesse ließ sich Barthou erzählen, daß ich in Paris im
Théätre des Champs=Elisees Werke von Ferdinand Druckner
und Artur Schnitzler, dessen „Grünen Kakadu“ ur be¬
sonders schätzte, in deutscher Sprache inszeniert, habe.
Barthon zeigte sich enthusiasmiert von den Wiener Phil¬
harmonikern, die er noch unter Gustav Mahlers Leitung
gehört — nein, wie er sich selber verbesserte, genossen hatte.
Später ergab sich noch oft Gelegenheit, diesen bedeutenden
Mann zu beobachten. Mit Vorliebe saß der alte Herr, den
man keinesfalls für älter als 60 bis 65 Jahre gehalten hätte,
auf der Steinbalustrade unsrer Hotelterrasse und schwelgte in
dem Ausblick auf Pilatus, Rigi und all die herrlichen
Schweizer Berge.
Manchmal freilich konnten diese hellen freundlichen
Augen unter dem Pincenez auch recht düster blicken und man
sah es diesem ernsten Gesicht an, wie rastlos das Gehirn
arbeitete, während die rechte Hand unaufhörlich, nervös, mit
einem kleinen Schlüsselbund Fangball spielte. Rasch aber
hellte sich das bedrückte Antlitz zu heiterem Lachen auf, als
das kleine Söhnchen meiner Pariser Freunde, das sich bereits
zu einem „biederen Schwyzer“ entwickelt hatte, ihn kindlich¬
respektlos mit den Worten ansprang: „Grüazi, grüazi
Monsieur Parthon!“
Als es dann für mich aus Kofferpacken ging, gab es
einen wirklich herzlichen Abschied, und unter vielen Hände¬
schütteln wurde mir von dem großen Mann im einfachen
Baskenmützchen eingeschärft: „Grüßen Sie das schöne
Wien und seine prächtigen Menschen.“
Wien trauert um einen großen Freund.
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„OBSERVER
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Ausschnitt aus:
#I. Nöieste RAG
vom:
17 Nov.

„Jimmys Bar“.
Die Komödie
Jimmys Bar ist eine Filiale des Grünen Kakadus.
itzlers Einfall wurde von einem (einer?) sehr un¬
gewissen G. Fetter ins Operettenhafte gewendet. Ein Nichts!
an Handlung, aufgeputzt durch etliche Chansons, zu denen
Spielmann und Weiß nach Texten von S. Wolf die Musik
für Schauspieler mit wenig Stimme und viel Temperament
schrieben. Erst fesselt das Milien; aber es nützt sich bald
fab, und ausschließlich von Milien kann ein Theater nicht
leben. In Jimmys Bar wird einer Gesellschaft, die
dafür schweres Geld zahlen muß, in einer Seitengasse von
Montmartre Altpariser Boheme= und Kokottenromantik vor¬
geflunkert. Eine alte rothaarige Diseuse sucht ihre rot¬
haarige Tochter, deren Spur in den Wirren der russischen
Revolution verschwand, und findet sie, das ist eben die
Pointe, — beinahe ...
Olden als Besitzer der Kneipe ist einen Abend lang
wieder sehr amüsant. Er singt, tanzt, er zaubert und klemmt,
unwiderstehlich, das Monokel im Auge. Hinter dem Bartisch
waltet Adrienne Geßner mit vorbildlicher Diskretion. Man
horcht auf, wenn Rosa Valetti ihr Chanson singt. Raoul
Lange bringt gar eine spanisch tuende Ballade, Willi Trenk¬
Trebitsch macht den Fremdenführer und Aureißer, Hans
Behal gibt eine Wurzen aus Südamerika, Annemarie Hegner
eine, sagen wir, Tänzerin. Eugen Schulz=Breiden blieb dem
Milieu nichts schuldig.