II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 388

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dieses Eindringlings, der ja in der That so eine Art balancirende — Standrede, in der er u. a. sagt
Secessionist der ärztlichen Wissenschaft war, die in ders er „wäre an ihr Grab mit ihm gegangen, wie wenn
Reformationsperiode, noch sehr im Argen lag.ses seine Geliebte wäre, die da draußen läge, aber
Theophrastus Bombastus Hohenheim, genannt Para=Hausmann habe sie zu seiner Dirne gemacht, das
celsus, war der Erste, der in der Mediein von den über= Haus mit Schmutz und Lüge gefüllt . . .“ und darum
kommenen Bücherlehren der Alten zur Natur und zur
jage er ihn hinaus ...
Und da Hausmann sich ent¬
unmittelbaren Anschauung zurückging. In der jüngstenffernt hat, versetzt die Freundin dem Professor noch
Dramatisirung des erst spät anerkannten und ge=seinen letzte Schlag indem sie ihm sagt, Eveline habe
würdigten zu seiner Zeit lange als Kurpfuscher undium die Verlobungsabsicht Hausmanns gewußt und
Charlatan verschrienen Arztes — den zuletzt Bauer
ihn trotzdem geliebt mit Leib und Seele ...
Der
und Wittmann in der Operette „Die sieben Schwaben“
Professor, aus allen Himmeln gefallen, verläßt mit
allerdings mehr parodistisch auf die Bühne gebracht
Abschen die Stätte, die ihm so grausame Enttäuschun¬
haben — macht sich der Dichter auch nach dem be¬
gen gebracht nicht ohne zuvor in einem Anflug von
rühmten Molière'schen Vorbilde über die Aerzte der
Schadenfreude den Kranz, den kurz zuvor Hausmann
damaligen Tage weidlich lustig. Doch nicht darin
gesandt, auf Evelinen's Schreibtisch gelegt zu haben.
liegt der Kernpunkt des kleinen Dramolets. Paracelsus
Der sonderbare Heilige, Professor Pilgram, ist
kommt durch eine sehr geschickt gesponnene Intrigue
jedenfalls eine der eigenartigsten Charaktere, welche
im Hause des Waffenschmiedes Cyprian, der in ihm
die Phantasie eines modernen Dichters noch hervor¬
einen Bekannten aus seiner Studienzeit wieder¬
gebracht hat. Auch in diesem blitzartig vorüber¬
gefunden und Paracelsus zu sich als Gast gebeten
huschenden, stark al tresco gezeichneten Stückchen ist
hat, in die Lage, den Beweis zu erbringen, daß seine
die Technik eine geradewegs mustergiltige.
Kunst nicht auf Lug und Trug aufgebaut ist. Des
„Der grüne Kakadu“ ist eine kühne, farben¬
Waffenschmiedes Frau und Paracelsus haben sich einst¬
satte, beispiellos freimüthige Schilderung aus der
mals platonisch geliebt, und sie nahm statt des armen
sturmbewegtesten Periode der französischen Revolution.
Bruder Studio den ungeliebten Waffenschmied, für
Schauplatz der Handlung: die Spelunke zum grünen
dessen Schüler Anselm sie nun eine stille Schwärmerei
Kakadu, die einem ehemaligen Theaterdirector,
im Busen trägt, der sie mit Liebesanträgen verfolgt,
Prospère, gehört, der ein glänzendes Geschäft macht,
zum tiefen Kummer ihrer Schwägerin, der Jungfrau
weil er auf den famosen Einfall gerathen ist, die Mit¬
Cäcilia, die Auselm liebt. Paracelsus scharfem Blick
glieder seiner Truppe statt auf der Bühne in seinem
wird mit einer allerdings kaum glaubwürdigen blitz¬
Schankzimmer tragiren zu lassen und zwar in der
artigen Geschwindigkeit offenbar, wie es um die drei
mit großem schauspielerischem
Art, daß sie
steht. Da ihn Cyprian sehr wegwerfend behandelt,
Geschick haarsträubende Verbrechen detaillirt er¬
ihn verhöhnt und des Charlatanismus zeiht, beschließt
zählen, die sie nie begangen. Auch herabge¬
er, sich an ihm zu rächen. Er wiegt Justina (frei nach
kommene Aristokraten, darunter der Herzog von
Svengali) in hypnotischen Schlaf, nachdem er ihr suggerirt
Cadignan sind Prospère's Gäste, der sie, stolz darauf,
sie habe mit Auselm ihren Gatten betrogen. Cyprian
Citoyen zu sein, sehr bagatellmäßig behandelt. Licht¬
sträuben sich die Haare zu Berge, da Justina in der
scheues Gesindel mischt sich unter die bunt zusammen¬
Hypnose von ihrer ihr suggerirten Untreue spricht, er
gewürfelte Gesellschaft, in der es einen Dichter, einen
verlangt, daß Paracelsus schleunigst den Zauber von
Philosophen — wie deren ja in den Julitagen von
ihr löse, doch Paracelsus sagt ihm bittere Wahrheiten
1789 so viele in Paris umherliefen — 2c. giebt. Die
und weigert sich, sie aus dem Traumzustande zu be¬
great attraction des grünen Kakadu ist der Schau¬
freien. Auselm erscheint, und zu dessen namenlosem
spieler Henri. Er kommt eben, um dem Wirthe an¬
Stannen sagt Justina nun auch ihm ins Gesicht, daß
zukündigen, daß er heute zum letzten Male auftreten
sie das Opfer seiner Verführungskünste ward. In
werde. Er wolle mit der Schauspielerin Léocadir, die
diesem kritischen Augenblicke löst Paracelsus den
er geheirathet, Paris verlassen. Nach einer Weile
Knoten, indem er Justina aufs Neue hypnotisirt und
kehrt er wieder und schildert voll Verzweiflung, wie er
ihr befiehlt, sie möge, wenn sie erwacht, wahrer
eben Léocadie der Untrene überwiesen und ihren
sein, als sie je gewesen, bis sie von diesem letzten
Galan, den Herzog von Cadignan, ermordet habe....]
Zauberspruch erlöst wird. Und nun erschließt Justina
Die Versammelten werden von Grauen erfaßt,
rückhaltlos ihr Inneres, sagt, daß sie Amseln wohl
denn man wußte, das Léocadie es mit dem Herzog
gut sei, ihrem Gatten indeß als treues Weib in die
hielt. Er aber, Heuri, erfährt dies erst durch die
Augen schauen könne und daß sie dereinst Paracelsus
Worte, die im Kreise fallen, denn seine Schilderung
geliebt und ihm, wenn er es nur gewollt, Alles ge¬
war nur Komödie, ein Schauspielerkunststückchen à la
opfert hätte.: Und ihrer Schwester redet sie ins
Garrick. In diesem Augenblick tritt der Herzog
Gewissen, Auselm ziehen zu lassen, so wie sie einst
ahnungslos ein, und Henri stürzt auf ihn zu und er¬
Paracelsus von dannen gehen ließ. .. Cyprian weiß
mordet ihn auf offener Scene. Und draußen johlt
nicht wie er daran ist und fragt naiv: ob's Ernst,
indeß die vom Bastillensturm kommende Menge, und
ob's Spiel war, was Paracelsus bot? Der antwortet
in das Röcheln des Sterbenden mischt sich der tausend¬
voll tiefen Sinnes, daß ja Alles Spiel sei auf
stimmige Ruf: Es lebe die Freiheit..
Erden und
Die Kraft der Schilderung ist des höchsten Lobes
Ein Sinn
werth; Schnitzler giebt ein grelles Bild der Stimmung
Wird nur von dem gefunden, der ihn sucht.
und der Leidenschaften, die in jenen Fiebertagen
Es fließen in einander Traum und Wachen,
Paris beherrscht, und glänzender Sarkasmus durch¬
Wahrheit und Lüge. Sicherheit ist nirgends.
Das Verbot der
zieht die Reden der Aufwiegler.
Der Tropf von Gatten giebt sich mit diesem
Groteske in Berlin erscheint indeß verwunderlich.
delphischen Spruch zufrieden, Auselm und Cäciliä
S. L.
finden sich und Paracelsus verläßt nach einer den
Dünkel der Aerzte von damals köstlich klarlegenden!
Scene den Schauplatz. Schnitzler hat da mit etwas
Ueber den Erfolg der drei Stücke meldet uns eine
derben Mitteln aber doch unstreitig mit Menschen¬
[Depesche unseres wiener Correspondenten:
kenntniß eine kleine Skizze aus dem Seelenleben der
„Schnitzler's Einacterabend mit seinem bunten
Frauen geschaffen. Es wird sich allerdings erst zu Wechsel von Ernst und Scherz, von übermüthiger¬
erweisen haben, ob das Publikum dem Autor auf die
Groteske und packender Tragik hatte einen glänzendens
Zumuthung mit der zweifachen Suggestion eingehen Erfolg, der sich in wiederholten warmen und ein¬
wird. —
müthigen Hervorrufen des Dichters äußerte, für dens
Feiner geartet, von selten einheitlicher Stimmung
zuerst der Regisseur den Dank aussprach, woraufs
Schnitzler selbst erschien. Unser sonst so kühlerwägen¬
getragen, ist das Schauspiel „Die Gefährtin“.
Ein Nichts an Handlung, aber voch eine Summe von des Burgpremièren=Publikum zeigte sich ungemein an¬
inneren Vorgängen, eine Fülle von psychologischen geregt durch die Fülle geistreicher Details, die glänzendes
Details. Am Abende des Tages, da Professor'formschöne Sprache, namentlich in „Paracelsus“ sowie
durch die Mannichfaltigkeit der glücklich gewählten
Pilgram seine um vieles jüngere Gattin zu Grabe
getragen, erfährt er aus der verlegenen Art, mit der zu
Stoffe, die so ganz abseits der „süßen wiener Mädel“
so ungewohnter Stunde eine Freundin der Verstorbenen
tliegen. Auch trug die besonders liebevolle Inscenirung
ihn bittet, ein angeblich von ihrer Hand stammendes
zu den guten Gesammteindruck bei. Meisterleistungen
Packet Briefe an die Verblichene ihr auszufolgen, daß
lieferte Sonnenthal als Professor in „Gefährtin" und
sträfliche Beziebungen zwischen dieser und seinem
als der aus dem Spiel zur Wirklichkeit (gleich dem
Freunde und Assistenten Doctor Hausmann bestanden
Tonio in „Pagliacci“) übergehende Schauspieler im
„Grünen Kakadu“; einen ausgezeichneten Verbrecher¬
haben. Die Entdeckung wirft den jungen Wittwer
keineswegs nieder. Er fühlte längst, daß Eveline an
typus zeichnete Herr Zeska und von edler Weiblichkeit
seiner Seite nicht glücklich war, die (so sagt er wört¬
war Frau Schratt als Hausfrau in „Paracelsus“.]
lich) zur Geliebten geschaffen war, nicht aber zur Ge¬
fährtin. Mit einer bewunderungs=, aber wohl kaums
achtungswürdigen Philosophie docirt der Professor, daße
heute, am Begräbnißtage, Einer auf der Welt sei, der¬
viel tiefer zu beklagen
ist, als er selbst:
geliebt hat und der sie nun
den sie
Einer,
verlor. Er habe nur auf den Augenblick geharrt

CTREA