9. 4. per gruehe Kakadn ZvkIns
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Erklärung von Hermann Bahr und Complicen nicht
unterschrieben hast, jetzt rufen wir Dich erst recht heraus.“
Und also geschah es, daß der Dichter gestern drei Erfolge
hintereinander erzielte, und zwar mit drei verschieden¬
artigen Ehebrüchen. Es war ein interessanter Ehebruch¬
abend. Wohl haben die einzelnen Stücke Nichts mit¬
einander zu schaffen, aber die drei Ehebrüche geben am
Ende doch ein Ganzes. Wir sehen, wie verschieden zu
verschiedenen Zeiten die Männer den Ehebruch auffassen.
Möglicherweise hat dies der Dichter gar nicht zeigen
wollen. Herauslesen läßt es sich immerhin. In dem
Schauspiele
„Paracelsus“
wird uns ein Gedankenehebruch aus dem sechzehnten
Jahrhundert vorgesetzt. Die Sache ist ziemlich complicirt,
trotzdem Theophrastus Bombastus Paracelsus, der in
Salzburg bei jeder Witterung begraben liegt, blos
einactig auftritt. Millöcker hat ihn uns vor vielen
Jahren dreiactig vorgeführt. Der große Magister
arbeitete schon damals mit Hypnose und Sug¬
gestion, fast genau so, wie jetzt der Burgtheater¬
Paracelsus, der noch ein Uebriges thut, indem er einer
ehrsamen Bürgersfrau einen begangenen Ehebruch
suggerirt. Die gute Frau glaubt wirklich, daß sie in eines
Junkers Arm geruht habe. Ihr Mann weiß nicht, was
er von der Sache halten soll. Ist es Spiel oder
Ernst? Paracelsus hat anfänglich aus Bosheit
seine Schwarzkunst an der Frau geübt, weil
sie ihn einst zu Gunsten ihres jetzigen Gatten ver¬
schmäht hatte, aber gerührt von der Gestalt seiner
Jugendliebe wendet er Alles zum Guten. Er befiehlt ihr,
ein ehrlicher Svengali, aufzuwachen und die reine
Wahrheit zu sagen. Und die Frau erklärt nun, daß sie
dem Gatten die Treue bewahrt, aber daß sie nahe daran
war, zu straucheln. Dem Ehemanne fällt ein Stein vom
Herzen und er gibt seine Schwester dem Junker zum
Weibe. Uns aber freut es, daß das Medium des
Paracelsus fortan nur die Wahrheit sagen wird,
denn der Zauberer geht von hinnen, ohne
von dem suggerirten Wahrheitsdrange zu befreien.
Der Stoff eignet sich mehr für ein Lustspiel, oder gar für
eine Posse. Die Suggestion spielt hier eigentlich die Rolle
von Dr. Faust's Hauskäppchen. Schnitzler hat bessere
Mittel, die Thore der Seele aufzureißen. Den Paracelsus
gab Herr Robert sehr gut. Er versteht es, das
Geheimnißvolle solcher Figuren charakteristisch heraus¬
zuorbeiten. Frau Schratt und Herr Krastel unter¬
stützten ihn auf das Wirksamste. — Dieses war das erste
Ehebruchstück und das zweite folgt sogleich. Es heißt
„Die Gefährtin“
und ist eine feine psychologische Studie, in der auch
heißes Theaterblut rollt. Ein alter Professor überlebt seine
junge Frau, die ihn mit seinem besten Schüler betrogen
hat. Nach dem Begräbniß kommt eine Freundin der
Todten und verlangt gewisse Briefe, um die Spur der
Sünde für immer auszulöschen. Der Professor lächelt
wehmuthsvoll. Er weiß, daß seine Frau ihn betrogen. Er
hat es getragen, denn er konnte ihr Nichts bieten.
Er duldete und schwieg, selbst wenn sein Freund und
Schüler in der Erfüllung seiner unehelichen Pflichten noch
so pünktlich war. Seine Frau war zur Geliebten ge¬
schaffen, zur Gefährtin nicht. Er erwartet heute den Ehe¬
brecher, aber dieser soll nie erfahren, daß der Professor Alles
weiß. Der Schüler kommt und beweint die theure Todte.
Wohin? Nach Scheveningen zu seiner Braut, mit der
er bereits seit zwei Jahren verlobt ist. Der Professor
macht große Augen. Seit zwei Jahren verlobt und
verliebt, also schon zu einer Zeit, als noch das sträfliche
Verhältniß bestand! Und der Professor donnert ihm
zu in seinem Schmerze: „Ich hätte Dich vom
der Schmerz ge¬
Boden aufgehoben, wenn Dich
brochen hätte — an ihr Grab wär' ich mit Dir
gegangen, wenn es Deine Geliebte wäre, die da draußen
läge — aber Du hast sie zu Deiner Dirne
gemacht — und dieses Haus hast Du bis zur
Decke mit Schmutz und Lüge so angefüllt, daß
darum
— und darum
mich ekelt
ja,
darum jag' ich Dich hinaus!" Und er thut es,
aber er erfährt dann noch mehr, er erfährt, daß
seine Frau um die Verlobung ihres Hausfreundes
gewußt hat und auf seine Heirat vorbereitet war,
wie auf Etwas, das sich von selbst versteht.
Nach dieser Enthüllung tröstet sich einigermaßen der
seltsame Gatte, dessen Sinnen darauf gerichtet war, daß
seine Hörner im Verborgenen blühen, der es in
über'a
neinlicher Mürdigung seinen Atersschwäche nich
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Erklärung von Hermann Bahr und Complicen nicht
unterschrieben hast, jetzt rufen wir Dich erst recht heraus.“
Und also geschah es, daß der Dichter gestern drei Erfolge
hintereinander erzielte, und zwar mit drei verschieden¬
artigen Ehebrüchen. Es war ein interessanter Ehebruch¬
abend. Wohl haben die einzelnen Stücke Nichts mit¬
einander zu schaffen, aber die drei Ehebrüche geben am
Ende doch ein Ganzes. Wir sehen, wie verschieden zu
verschiedenen Zeiten die Männer den Ehebruch auffassen.
Möglicherweise hat dies der Dichter gar nicht zeigen
wollen. Herauslesen läßt es sich immerhin. In dem
Schauspiele
„Paracelsus“
wird uns ein Gedankenehebruch aus dem sechzehnten
Jahrhundert vorgesetzt. Die Sache ist ziemlich complicirt,
trotzdem Theophrastus Bombastus Paracelsus, der in
Salzburg bei jeder Witterung begraben liegt, blos
einactig auftritt. Millöcker hat ihn uns vor vielen
Jahren dreiactig vorgeführt. Der große Magister
arbeitete schon damals mit Hypnose und Sug¬
gestion, fast genau so, wie jetzt der Burgtheater¬
Paracelsus, der noch ein Uebriges thut, indem er einer
ehrsamen Bürgersfrau einen begangenen Ehebruch
suggerirt. Die gute Frau glaubt wirklich, daß sie in eines
Junkers Arm geruht habe. Ihr Mann weiß nicht, was
er von der Sache halten soll. Ist es Spiel oder
Ernst? Paracelsus hat anfänglich aus Bosheit
seine Schwarzkunst an der Frau geübt, weil
sie ihn einst zu Gunsten ihres jetzigen Gatten ver¬
schmäht hatte, aber gerührt von der Gestalt seiner
Jugendliebe wendet er Alles zum Guten. Er befiehlt ihr,
ein ehrlicher Svengali, aufzuwachen und die reine
Wahrheit zu sagen. Und die Frau erklärt nun, daß sie
dem Gatten die Treue bewahrt, aber daß sie nahe daran
war, zu straucheln. Dem Ehemanne fällt ein Stein vom
Herzen und er gibt seine Schwester dem Junker zum
Weibe. Uns aber freut es, daß das Medium des
Paracelsus fortan nur die Wahrheit sagen wird,
denn der Zauberer geht von hinnen, ohne
von dem suggerirten Wahrheitsdrange zu befreien.
Der Stoff eignet sich mehr für ein Lustspiel, oder gar für
eine Posse. Die Suggestion spielt hier eigentlich die Rolle
von Dr. Faust's Hauskäppchen. Schnitzler hat bessere
Mittel, die Thore der Seele aufzureißen. Den Paracelsus
gab Herr Robert sehr gut. Er versteht es, das
Geheimnißvolle solcher Figuren charakteristisch heraus¬
zuorbeiten. Frau Schratt und Herr Krastel unter¬
stützten ihn auf das Wirksamste. — Dieses war das erste
Ehebruchstück und das zweite folgt sogleich. Es heißt
„Die Gefährtin“
und ist eine feine psychologische Studie, in der auch
heißes Theaterblut rollt. Ein alter Professor überlebt seine
junge Frau, die ihn mit seinem besten Schüler betrogen
hat. Nach dem Begräbniß kommt eine Freundin der
Todten und verlangt gewisse Briefe, um die Spur der
Sünde für immer auszulöschen. Der Professor lächelt
wehmuthsvoll. Er weiß, daß seine Frau ihn betrogen. Er
hat es getragen, denn er konnte ihr Nichts bieten.
Er duldete und schwieg, selbst wenn sein Freund und
Schüler in der Erfüllung seiner unehelichen Pflichten noch
so pünktlich war. Seine Frau war zur Geliebten ge¬
schaffen, zur Gefährtin nicht. Er erwartet heute den Ehe¬
brecher, aber dieser soll nie erfahren, daß der Professor Alles
weiß. Der Schüler kommt und beweint die theure Todte.
Wohin? Nach Scheveningen zu seiner Braut, mit der
er bereits seit zwei Jahren verlobt ist. Der Professor
macht große Augen. Seit zwei Jahren verlobt und
verliebt, also schon zu einer Zeit, als noch das sträfliche
Verhältniß bestand! Und der Professor donnert ihm
zu in seinem Schmerze: „Ich hätte Dich vom
der Schmerz ge¬
Boden aufgehoben, wenn Dich
brochen hätte — an ihr Grab wär' ich mit Dir
gegangen, wenn es Deine Geliebte wäre, die da draußen
läge — aber Du hast sie zu Deiner Dirne
gemacht — und dieses Haus hast Du bis zur
Decke mit Schmutz und Lüge so angefüllt, daß
darum
— und darum
mich ekelt
ja,
darum jag' ich Dich hinaus!" Und er thut es,
aber er erfährt dann noch mehr, er erfährt, daß
seine Frau um die Verlobung ihres Hausfreundes
gewußt hat und auf seine Heirat vorbereitet war,
wie auf Etwas, das sich von selbst versteht.
Nach dieser Enthüllung tröstet sich einigermaßen der
seltsame Gatte, dessen Sinnen darauf gerichtet war, daß
seine Hörner im Verborgenen blühen, der es in
über'a
neinlicher Mürdigung seinen Atersschwäche nich