[Dumont als Sensationen süchende vornehme Dame,
sollen, gleichviel wer der Verfasser ist. Daß die drei
Frl. Elsinger, Fr. Eberty, Hr. v. Winter¬
Werke Schöpfungen desselben Bühnendichters sind,
Herr Reinhardt,
stein,
alle
wirkten
eines Bühnendichters, für dessen Schaffen wir uns
lebhaft interessiren, das ist es, was den drei Werkenmit wahrer Freudigkeit mit. Das Stück, das
leine so vielbewegte, überkeck sich aufbauende, bizarre
Reiz und Werth verleiht.
Wenn man bei Erstlings=Schöpfungen um der Handlung aber weder Empfindungen, noch Leiden¬
Dramen willen auch für den Verfasser sich interessirt, lschaften, noch Charakiere bringt, muther zuweilen an
wie ein Ideal=Librezio für einen Mascagni. Von
so kommt später, nach einer Anzahl von Erfolgen, die
Herrn Lessing glänzeno, voller Leben und Bewegung
Zeit, wo man um des Verfassers willen seinen
inscenirt, erzielte das Werk stürmischen Erfolg, der
Arbeiten Theilnahme entgegenbringt, aus seinen Ent¬
den Verfasser sehr oft vor den Vorhang rief. In den
würsen, Versu hen und Skizzen sein Wesen wie seine
hundertstimmigen Bravorufen ging ein Versuch zur
Schaffensweise ergründen will. Arthur Schnitzler, der
Opposition völlig unter.
mit „Liebelei" als Typus von ausgeprägter Eigenart in die
Nach dieser lauten, vielbewegten und absonderlichen
Bühnenliteratur sich einführte und durch „Freiwild“,
Groteske hätte selbst ein starkes Stück den schwersten
durch den Anatol=Cyklus, durch „Vermächtniß“ die
Stand gehabt.
Aufmerksamkeit nur noch steigerte, ist jetzt wohl auf
„Paracelsus“ aber ist das
dem Punkte, auf dem die Theilnahme für den Ver¬
schwächste Stück des Abends und recht dünn, recht
schwach überhaupt.
Schnitzler bringt hier wieder,
fasser den Werken Sympathie und Beachtung sichert.
wie
Anatol, den Hypnotismus auf die
Das hat der gestrige Abend bewiesen.
Bühne. Theophrastus Paracelsus wird von einem
In allen drei Stücken ist Schnitzler nicht der
plumpen und allzu protzigen Handwerksmann
Dichter, der, von einem Stoffe beherrscht, unter dem
Zwange einer großen Stimmung die Ideen und beleidigt. Er rächt sich, indem er der Frau suggerirt,
Gestalten, die Empfindungen und Leidenschaften ins sie sei dem Gatten untren gewesen und sie dann eben¬
Leben übersetzt; er ist hier der Künstler, derf falls in der Hypnose veranlaßt, dem Gattm allerlei
Die kleine
die Kraft seiner Technik versucht, an mannichfachen!unangenehme Wahrheiten zu sagen.
Haus Sachs=Stil scheint eine
Schnurre im
Stoffen sein Geschick übt und sich wie Anderen zeigen
ältere Arbeit Schnitzler's zu sein. Diese anti¬
will, was er kann, wie vielerlei e konn. Und es ist
cipirte Suggestions=Humoreske begegnete nur
wirklich sehr viel. In keinem der drei Stücke ist
Schnitzler so völlig er selbst, wie etwa in „Liebelei“.]
geringem Interesse, obwohl Kainz in der nicht
eben dankbaren Titelrolle, Nissen, Fräulein
Bald kommt er uns nordisch, dann wieder mißt er
[Dumont, Frl. Heims sich redlich Mühe gaben.
seine Kräfte an einer so originellen wie ergiebigen,
Der Beifall, der auch jetzt nicht fehlte und den Ver¬
phantastischen und kühnen Aufgabe, endlich versucht er
fasser hervorrief, war ein Postscriptum zum Erfolg
sich auch einmal im Hans Sachs=Stil.
Am meisten ist er in dem ersten der drei Stücke in vom „grünen Kakadu“. Der Einacter=Cyclus, der die
eheliche Treue zum Gegenstande hat, wäre weit er¬
seinem Element. „Die Gefährtin“ nennt sich
folgreicher gewesen, wenn diese Groteske den glänzen¬
das Schauspiel. Den schon einmal mitgetheilten Inhalt
[den Abschluß des Abends gebildet hätte. J. L.
brauchen wir nur kurz in Erinnerung zu bringen. Das
Thema von der Schuld der Todten, das oft erb#
Tneuerdings von den Italienern sehr bevorzugte Thema, ist“
hier eigenartig und in einer gewissen noblen, revo¬
lutionären Moral=Auffassung behandelt. Prof. Pilgrim¬
hat eben seine Frau verloren und ei betrauert sie.
Eine Freundin will es verhindern, daß er nun aus
aufgefundenen Briefen erfährt, wie seine Frau die
Geliebte eines Anderen gewesen. Unnütze Mühe —
er weiß es längst und begreift es. Er war nun
einmal so viel älter, sie war zur Geliebten geschaffen,
Er hat nur Mitleid mit jenem¬
nicht zur Gefährtin.
[Anderen, den der Verlust so viel härter trifft. De¬
kommt der Andere an und der Professor erfährt von
ihm, daß er sich verlobt hat, mit einem Mädchen,
welches er schon lange kennt. Er hat also die Frauf
gar nicht geliebt, die sich ihm hingegeben. Nun
erst lodert sein Zorn auf, nun erst fühlt er sich
und sein Haus beschmutzt. Die Leidenschaft hätte
gemeine Buhl¬
er verstanden und respectirt, di
schaft erfüllt ihn mit Abschen und er muß
erkennen, daß die Todte nicht blos für seine
Liebe, sondern selbst für seinen Zorn zu tief stand.“
Sie starb zwar in seinem Hause ober sie war ihm
doch so fremd. Das Stückchen hat keine Spur von
Handlung — es bringt eben nur eine Aufklärung, —
Größe
dennoch fesselt uns die Freiheit und
der Anschauung. Der Einfluß der Ibsen'schen
Moral=Kritik ist nicht zu verkennen, und doch
trägt das stille, feine Werk durchaus den Stempel;
Schnitzler'scher Eigenart. Herr Nissen, der die
Hauptrolle erst spät übernahm — sie war ursprüng¬
lich dem inzwischen erkrankten Herrn Sauer zugedacht
— spielte den Professor echt und fesselnd in jedem
Zuge. Die Verwirrung sowohl wie den läuternden
Scelenaufruhr bei der schmerzlichen Aufklärung stellte
ser gleich wahr dar und Herr v. Winterstein wie
Frl. Sarrow in der Rolle der feinempfindenden
Freundin standen ihm bestens zur Seite. Das kleine
Stück wirkte stärker als man nach dem stillen, rein
innerlichen Vorgang hätte erwarten können.
Um so kräftiger ist das scenische Leben, um so toller
und bunter die Handiung in der „Groteske“, die nun
folgte im: „grünen Kakadu“. Es ist das, wie
man schon weiß, der Name einer Pariser Spelunke,
in der um die Zeit der französischen Revolution eine
Schauspielergesellschaft allerlei Verbrecher darstellt
zum Ergötzen des vornehmen Publikums. Ein Schau¬
wieler spielt den Gästen just die Seene, wie er da
den noblen Geliebten seiner Frau erdolchte und muß
cabei erfahren, daß es Wahrheit ist, was er eben
zum Gaudium des Publikums zu erfinden meinte, daß
seine Frau ihn wirklich mit jenem Herzog betrügt
Jetzt wird zur Wirklichkeit, was er vorhin phantasirte.
Erersticht den grade eintretenden Herzog und in dem Lärm,
der Spelunken=Scene mischt sich von draußen her das¬
anwachsende Brausen des Bastillen=Sturms.
Die
vielbewegte Handlung ist von überwuchernd üppiger
Phantasie. Mit reichem Humor ist das Schauspieler¬
sollen, gleichviel wer der Verfasser ist. Daß die drei
Frl. Elsinger, Fr. Eberty, Hr. v. Winter¬
Werke Schöpfungen desselben Bühnendichters sind,
Herr Reinhardt,
stein,
alle
wirkten
eines Bühnendichters, für dessen Schaffen wir uns
lebhaft interessiren, das ist es, was den drei Werkenmit wahrer Freudigkeit mit. Das Stück, das
leine so vielbewegte, überkeck sich aufbauende, bizarre
Reiz und Werth verleiht.
Wenn man bei Erstlings=Schöpfungen um der Handlung aber weder Empfindungen, noch Leiden¬
Dramen willen auch für den Verfasser sich interessirt, lschaften, noch Charakiere bringt, muther zuweilen an
wie ein Ideal=Librezio für einen Mascagni. Von
so kommt später, nach einer Anzahl von Erfolgen, die
Herrn Lessing glänzeno, voller Leben und Bewegung
Zeit, wo man um des Verfassers willen seinen
inscenirt, erzielte das Werk stürmischen Erfolg, der
Arbeiten Theilnahme entgegenbringt, aus seinen Ent¬
den Verfasser sehr oft vor den Vorhang rief. In den
würsen, Versu hen und Skizzen sein Wesen wie seine
hundertstimmigen Bravorufen ging ein Versuch zur
Schaffensweise ergründen will. Arthur Schnitzler, der
Opposition völlig unter.
mit „Liebelei" als Typus von ausgeprägter Eigenart in die
Nach dieser lauten, vielbewegten und absonderlichen
Bühnenliteratur sich einführte und durch „Freiwild“,
Groteske hätte selbst ein starkes Stück den schwersten
durch den Anatol=Cyklus, durch „Vermächtniß“ die
Stand gehabt.
Aufmerksamkeit nur noch steigerte, ist jetzt wohl auf
„Paracelsus“ aber ist das
dem Punkte, auf dem die Theilnahme für den Ver¬
schwächste Stück des Abends und recht dünn, recht
schwach überhaupt.
Schnitzler bringt hier wieder,
fasser den Werken Sympathie und Beachtung sichert.
wie
Anatol, den Hypnotismus auf die
Das hat der gestrige Abend bewiesen.
Bühne. Theophrastus Paracelsus wird von einem
In allen drei Stücken ist Schnitzler nicht der
plumpen und allzu protzigen Handwerksmann
Dichter, der, von einem Stoffe beherrscht, unter dem
Zwange einer großen Stimmung die Ideen und beleidigt. Er rächt sich, indem er der Frau suggerirt,
Gestalten, die Empfindungen und Leidenschaften ins sie sei dem Gatten untren gewesen und sie dann eben¬
Leben übersetzt; er ist hier der Künstler, derf falls in der Hypnose veranlaßt, dem Gattm allerlei
Die kleine
die Kraft seiner Technik versucht, an mannichfachen!unangenehme Wahrheiten zu sagen.
Haus Sachs=Stil scheint eine
Schnurre im
Stoffen sein Geschick übt und sich wie Anderen zeigen
ältere Arbeit Schnitzler's zu sein. Diese anti¬
will, was er kann, wie vielerlei e konn. Und es ist
cipirte Suggestions=Humoreske begegnete nur
wirklich sehr viel. In keinem der drei Stücke ist
Schnitzler so völlig er selbst, wie etwa in „Liebelei“.]
geringem Interesse, obwohl Kainz in der nicht
eben dankbaren Titelrolle, Nissen, Fräulein
Bald kommt er uns nordisch, dann wieder mißt er
[Dumont, Frl. Heims sich redlich Mühe gaben.
seine Kräfte an einer so originellen wie ergiebigen,
Der Beifall, der auch jetzt nicht fehlte und den Ver¬
phantastischen und kühnen Aufgabe, endlich versucht er
fasser hervorrief, war ein Postscriptum zum Erfolg
sich auch einmal im Hans Sachs=Stil.
Am meisten ist er in dem ersten der drei Stücke in vom „grünen Kakadu“. Der Einacter=Cyclus, der die
eheliche Treue zum Gegenstande hat, wäre weit er¬
seinem Element. „Die Gefährtin“ nennt sich
folgreicher gewesen, wenn diese Groteske den glänzen¬
das Schauspiel. Den schon einmal mitgetheilten Inhalt
[den Abschluß des Abends gebildet hätte. J. L.
brauchen wir nur kurz in Erinnerung zu bringen. Das
Thema von der Schuld der Todten, das oft erb#
Tneuerdings von den Italienern sehr bevorzugte Thema, ist“
hier eigenartig und in einer gewissen noblen, revo¬
lutionären Moral=Auffassung behandelt. Prof. Pilgrim¬
hat eben seine Frau verloren und ei betrauert sie.
Eine Freundin will es verhindern, daß er nun aus
aufgefundenen Briefen erfährt, wie seine Frau die
Geliebte eines Anderen gewesen. Unnütze Mühe —
er weiß es längst und begreift es. Er war nun
einmal so viel älter, sie war zur Geliebten geschaffen,
Er hat nur Mitleid mit jenem¬
nicht zur Gefährtin.
[Anderen, den der Verlust so viel härter trifft. De¬
kommt der Andere an und der Professor erfährt von
ihm, daß er sich verlobt hat, mit einem Mädchen,
welches er schon lange kennt. Er hat also die Frauf
gar nicht geliebt, die sich ihm hingegeben. Nun
erst lodert sein Zorn auf, nun erst fühlt er sich
und sein Haus beschmutzt. Die Leidenschaft hätte
gemeine Buhl¬
er verstanden und respectirt, di
schaft erfüllt ihn mit Abschen und er muß
erkennen, daß die Todte nicht blos für seine
Liebe, sondern selbst für seinen Zorn zu tief stand.“
Sie starb zwar in seinem Hause ober sie war ihm
doch so fremd. Das Stückchen hat keine Spur von
Handlung — es bringt eben nur eine Aufklärung, —
Größe
dennoch fesselt uns die Freiheit und
der Anschauung. Der Einfluß der Ibsen'schen
Moral=Kritik ist nicht zu verkennen, und doch
trägt das stille, feine Werk durchaus den Stempel;
Schnitzler'scher Eigenart. Herr Nissen, der die
Hauptrolle erst spät übernahm — sie war ursprüng¬
lich dem inzwischen erkrankten Herrn Sauer zugedacht
— spielte den Professor echt und fesselnd in jedem
Zuge. Die Verwirrung sowohl wie den läuternden
Scelenaufruhr bei der schmerzlichen Aufklärung stellte
ser gleich wahr dar und Herr v. Winterstein wie
Frl. Sarrow in der Rolle der feinempfindenden
Freundin standen ihm bestens zur Seite. Das kleine
Stück wirkte stärker als man nach dem stillen, rein
innerlichen Vorgang hätte erwarten können.
Um so kräftiger ist das scenische Leben, um so toller
und bunter die Handiung in der „Groteske“, die nun
folgte im: „grünen Kakadu“. Es ist das, wie
man schon weiß, der Name einer Pariser Spelunke,
in der um die Zeit der französischen Revolution eine
Schauspielergesellschaft allerlei Verbrecher darstellt
zum Ergötzen des vornehmen Publikums. Ein Schau¬
wieler spielt den Gästen just die Seene, wie er da
den noblen Geliebten seiner Frau erdolchte und muß
cabei erfahren, daß es Wahrheit ist, was er eben
zum Gaudium des Publikums zu erfinden meinte, daß
seine Frau ihn wirklich mit jenem Herzog betrügt
Jetzt wird zur Wirklichkeit, was er vorhin phantasirte.
Erersticht den grade eintretenden Herzog und in dem Lärm,
der Spelunken=Scene mischt sich von draußen her das¬
anwachsende Brausen des Bastillen=Sturms.
Die
vielbewegte Handlung ist von überwuchernd üppiger
Phantasie. Mit reichem Humor ist das Schauspieler¬