diesen blutleeren Menschen wenigstens ein äußerlich charakte¬
ristisches Merkmal zu geben, was man jedoch von Fräulein
Hochthal, die allein die edle Weiblichkeit in dem Stück zu
verkörpern hatte, nicht sagen kann, da sie zu farblos und dilet¬
tantenhaft wirkte. Der Verfasser wurde mit den Darstellern
über ein halbes Dutzend Mal nach jedem Akt gerufen. Zum
Glück hatte das Schauspiel aber nur deren drei.
G. Z. Am Sonntag Abend hat das Belle=Alliance¬
Theater mit einer recht gut abgerundeten Vorstellung der
„Journalisten“ wieder eine Periode seiner wechselvollen
Geschichte abgeschlossen: Herr Georg Droescher hat von der
Stelle Abschied genommen, an der er, ein muthiger Kämpfer
gegen die Unglücksgeister, die diesem Theater bisher das Leben
erschwert haben, zwei Jahre ehrlich und voll ernsten Eifers für
die Kunst gestitten hat. Woran es liegt, daß sein schönes
Streben nicht von dem Erfolg gekrönt ist, den es verdiente,
ist schwer zu sagen. Die Presse hat ihm von vornherein mit
Einmüthigkeit Beifall gespendet, die Theaterräume sind in
gutem Stande und ein angenehmer Aufenthaltsort, der Spiel¬
plan war stets mit Geschmack und Geschick aufgestellt, die Vor¬
stellungen immer mit Sorgfalt einstudirt. Aber es ist eine
eigenthümliche Sache mit den nicht im Zentrum gelegenen
Theatern in Berlin. Statt daß die Bewohner der an der
Peripherie gelegenen Stadttheile es dankbar anerkennen, wenn
sie nicht zum Berge zu gehen brauchen, sondern der Berg zu
ihnen kommt, machen sie lieber nach wie vor in alter Gewohn¬
heit die lange Reise ins Innere der Stadt. Zum wenigsten
braucht es lange Zeit, um diese alte Gewohnheit zu über¬
winden, und Zeit ist Geld und theures Geld bei einer
Pacht, wie sie das Bellealliance=Theater erforderte. Mit dem
Bewußtsein, nicht nur Gutes gewollt, sondern auch Gutes ge¬
leistet zu haben, scheidet Herr Droescher, und der Platz, an
den er non jetzt an gestellt ist, bietet ihm reiche Gelegenheit,
#hethätigen Der Be¬
as. München, 30. April. Mit ihrer Schlußvorstellung
hat die literarische Gesellschaft Glück gehabt. Zum
größeren Theil ist sie dasselbe dem königlichen Residenz¬
Theater, das die von ihr ausgewählten Stücke zu vollendeter
Darstellung brachte, schuldig. Der erste Einakter „Der
Traum eines Frühlingsmorgens“ von Gahri#####
d Annunzio war ein Fehlgriff. Ganghofer hat die etwas
schale, durch grelle Effekte gewaltsam in Wallung versetzte
Lyrik, die den Hauptinhalt des „Dramas“ ausmacht, recht fein
und glatt übersetzt, aber das ist noch lange kein Grund, der¬
artige geschmacklose Unbedeutendheiten auch dem Publikum
vorzusetzen. Mit aller Entschiedenheit wurde denn auch die
ganze tief= und hoch=, eigentlich unsinnige Jeremiade abgewiesen.
Was in das einmüthige Zischen sich an Beifall mengte, galt
Frl. Schwarz, die als Wahnsinnige überraschte durch die
geistreiche und maßvolle Ausgestaltung ihrer dem sonst vor¬
wiegend von ihr gepflegten Fach so fern als möglich liegenden
Rolle. „Brava Schwarz“, „A basso sogno“ hörte man rufen.
Verdientermaßen. Aber schon beim zweiten Stück hob sich die
Stimmung. „Mein Fürst!“ Ein Akt von Wilhelm von
Scholz, einem 1874 geborenen Berliner, der, nachdem er kurze
Zeit Offizier gewesen, nun in München dem Dienst der Musen
obliegt. Sie scheinen ihm nicht ungnädig. Der eine Akte, richtiger
die eine Szene ist gut geschrieben und dreht sich um einen guten
Gedanken. Freilich hat Marquis Posa dem wackern
Bibliothekar Berg den Appell an die Einsicht der Fürsten
schon vorweggenommen. Doch versucht Scholz das Gescheite,
das ja Alles schon einmal gesagt worden, auf hübsche und
originelle Weise wieder zu sagen. Tiefe Wirkung werden seine
Worte thun, wo immer sie von einem Possart so warm und
eindringlich gesprochen werden, wie das bei der gestrigen Erst¬
aufführung der Fall war. Der Geschichtslehrer Bibliothekar Dr.
Berg kommt, um den Fürsten, seinen vormaligen Schüler, zu
bitten, ihn in dem Aemtchen zu belassen, das er durch eine
aufrührerische Rede bei einer Veitsversammlung verwirkt hat.
Aber vom Bitten geht er unwillkürlich zum Mahnen über,
läßt sich im Drange der Erkenntniß fortreißen zu ernster Rüge
und opfert seine Stellung schließlich, der Freundwilligkeit des
im Innersten bewegten und angeregten Fürsten zum Trotz,
seiner Ueberzeugung. Soll seine Warnung nicht verhallen,
so muß er ihr Märtycer bleiben. Alle die feinen Ueber¬
gänge erwuchsen bei Possart. mit Naturnothwendigkeit
aus einander. Er lebte die Rolle, und das Publikum,
völlig unter dem Banne seiner meisterlichen Leistung, lebte sie
mit ihm. Erst als der Vorhang fiel, löste sich die athemlose
Spannung, mit der man gelauscht, in minutenlangen stürmischen
Beifall. Mit Possart und Lützenkirchen der den Fürsten
elegant gab, erschien mehrmals der Autor, der mehr als bei
den Zuschauern bei den Darstellern sich zu bedanken hat. Wie
viel bei dem außerordentlichen Erfolg des dritten Stuckes, des
„grünen Kakadus“von Schnitzler, auf Rechnung der Regie
kommt, die Savits, nach längem Leiden seinem Berufe zu
allgemeiner Freude wieder geschenkt, als Probe seines un¬
geminderten Könnens führte, ließe sich nur im Vergleich mit
auswärtigen Aufführungen dieses scharf gezeichneten Zeitbildes
entscheiden. Im Münchener Residenztheater waren alle Mit¬
wirkenden lebensprühenden Typen, denn man hatte die besten
Kräfte für jede kleinste Partie verwendet. Häusser gab den
Scaevola, Frau Ramlo die Georgette, Frl. Dandler die
berückende lose Leocadie, Lützenkirchen den Protagonisten
Henri, Stury in trefflicher Maske den Demagogen
Grassel, Rohde den Vicomte, Rémond sehr gut ge¬
schminkt den Herzog, Frl. Swoboda die Marquise. Jeder
Einzelne erschien ganz in seinem Element wie geschaffen für
die just ihm zugetheilte Rolle, und Alle spielten mit einer Lust
zur Sache, die unbedingtes Gelingen bringen mußte.. Be¬
sondere Erwähnung gebührt dem Wirth Basils und dem zum
Gruseln echten Strolch Trautschs. Die Gesammtinszenirung
und Einstudirung, zu welcher der Rokokorahmen des Theaters
vorzüglich stimmte, ist ein Schaustück, das während der
Fremdenzeit sich als Zugstück erweisen dürfte.
ristisches Merkmal zu geben, was man jedoch von Fräulein
Hochthal, die allein die edle Weiblichkeit in dem Stück zu
verkörpern hatte, nicht sagen kann, da sie zu farblos und dilet¬
tantenhaft wirkte. Der Verfasser wurde mit den Darstellern
über ein halbes Dutzend Mal nach jedem Akt gerufen. Zum
Glück hatte das Schauspiel aber nur deren drei.
G. Z. Am Sonntag Abend hat das Belle=Alliance¬
Theater mit einer recht gut abgerundeten Vorstellung der
„Journalisten“ wieder eine Periode seiner wechselvollen
Geschichte abgeschlossen: Herr Georg Droescher hat von der
Stelle Abschied genommen, an der er, ein muthiger Kämpfer
gegen die Unglücksgeister, die diesem Theater bisher das Leben
erschwert haben, zwei Jahre ehrlich und voll ernsten Eifers für
die Kunst gestitten hat. Woran es liegt, daß sein schönes
Streben nicht von dem Erfolg gekrönt ist, den es verdiente,
ist schwer zu sagen. Die Presse hat ihm von vornherein mit
Einmüthigkeit Beifall gespendet, die Theaterräume sind in
gutem Stande und ein angenehmer Aufenthaltsort, der Spiel¬
plan war stets mit Geschmack und Geschick aufgestellt, die Vor¬
stellungen immer mit Sorgfalt einstudirt. Aber es ist eine
eigenthümliche Sache mit den nicht im Zentrum gelegenen
Theatern in Berlin. Statt daß die Bewohner der an der
Peripherie gelegenen Stadttheile es dankbar anerkennen, wenn
sie nicht zum Berge zu gehen brauchen, sondern der Berg zu
ihnen kommt, machen sie lieber nach wie vor in alter Gewohn¬
heit die lange Reise ins Innere der Stadt. Zum wenigsten
braucht es lange Zeit, um diese alte Gewohnheit zu über¬
winden, und Zeit ist Geld und theures Geld bei einer
Pacht, wie sie das Bellealliance=Theater erforderte. Mit dem
Bewußtsein, nicht nur Gutes gewollt, sondern auch Gutes ge¬
leistet zu haben, scheidet Herr Droescher, und der Platz, an
den er non jetzt an gestellt ist, bietet ihm reiche Gelegenheit,
#hethätigen Der Be¬
as. München, 30. April. Mit ihrer Schlußvorstellung
hat die literarische Gesellschaft Glück gehabt. Zum
größeren Theil ist sie dasselbe dem königlichen Residenz¬
Theater, das die von ihr ausgewählten Stücke zu vollendeter
Darstellung brachte, schuldig. Der erste Einakter „Der
Traum eines Frühlingsmorgens“ von Gahri#####
d Annunzio war ein Fehlgriff. Ganghofer hat die etwas
schale, durch grelle Effekte gewaltsam in Wallung versetzte
Lyrik, die den Hauptinhalt des „Dramas“ ausmacht, recht fein
und glatt übersetzt, aber das ist noch lange kein Grund, der¬
artige geschmacklose Unbedeutendheiten auch dem Publikum
vorzusetzen. Mit aller Entschiedenheit wurde denn auch die
ganze tief= und hoch=, eigentlich unsinnige Jeremiade abgewiesen.
Was in das einmüthige Zischen sich an Beifall mengte, galt
Frl. Schwarz, die als Wahnsinnige überraschte durch die
geistreiche und maßvolle Ausgestaltung ihrer dem sonst vor¬
wiegend von ihr gepflegten Fach so fern als möglich liegenden
Rolle. „Brava Schwarz“, „A basso sogno“ hörte man rufen.
Verdientermaßen. Aber schon beim zweiten Stück hob sich die
Stimmung. „Mein Fürst!“ Ein Akt von Wilhelm von
Scholz, einem 1874 geborenen Berliner, der, nachdem er kurze
Zeit Offizier gewesen, nun in München dem Dienst der Musen
obliegt. Sie scheinen ihm nicht ungnädig. Der eine Akte, richtiger
die eine Szene ist gut geschrieben und dreht sich um einen guten
Gedanken. Freilich hat Marquis Posa dem wackern
Bibliothekar Berg den Appell an die Einsicht der Fürsten
schon vorweggenommen. Doch versucht Scholz das Gescheite,
das ja Alles schon einmal gesagt worden, auf hübsche und
originelle Weise wieder zu sagen. Tiefe Wirkung werden seine
Worte thun, wo immer sie von einem Possart so warm und
eindringlich gesprochen werden, wie das bei der gestrigen Erst¬
aufführung der Fall war. Der Geschichtslehrer Bibliothekar Dr.
Berg kommt, um den Fürsten, seinen vormaligen Schüler, zu
bitten, ihn in dem Aemtchen zu belassen, das er durch eine
aufrührerische Rede bei einer Veitsversammlung verwirkt hat.
Aber vom Bitten geht er unwillkürlich zum Mahnen über,
läßt sich im Drange der Erkenntniß fortreißen zu ernster Rüge
und opfert seine Stellung schließlich, der Freundwilligkeit des
im Innersten bewegten und angeregten Fürsten zum Trotz,
seiner Ueberzeugung. Soll seine Warnung nicht verhallen,
so muß er ihr Märtycer bleiben. Alle die feinen Ueber¬
gänge erwuchsen bei Possart. mit Naturnothwendigkeit
aus einander. Er lebte die Rolle, und das Publikum,
völlig unter dem Banne seiner meisterlichen Leistung, lebte sie
mit ihm. Erst als der Vorhang fiel, löste sich die athemlose
Spannung, mit der man gelauscht, in minutenlangen stürmischen
Beifall. Mit Possart und Lützenkirchen der den Fürsten
elegant gab, erschien mehrmals der Autor, der mehr als bei
den Zuschauern bei den Darstellern sich zu bedanken hat. Wie
viel bei dem außerordentlichen Erfolg des dritten Stuckes, des
„grünen Kakadus“von Schnitzler, auf Rechnung der Regie
kommt, die Savits, nach längem Leiden seinem Berufe zu
allgemeiner Freude wieder geschenkt, als Probe seines un¬
geminderten Könnens führte, ließe sich nur im Vergleich mit
auswärtigen Aufführungen dieses scharf gezeichneten Zeitbildes
entscheiden. Im Münchener Residenztheater waren alle Mit¬
wirkenden lebensprühenden Typen, denn man hatte die besten
Kräfte für jede kleinste Partie verwendet. Häusser gab den
Scaevola, Frau Ramlo die Georgette, Frl. Dandler die
berückende lose Leocadie, Lützenkirchen den Protagonisten
Henri, Stury in trefflicher Maske den Demagogen
Grassel, Rohde den Vicomte, Rémond sehr gut ge¬
schminkt den Herzog, Frl. Swoboda die Marquise. Jeder
Einzelne erschien ganz in seinem Element wie geschaffen für
die just ihm zugetheilte Rolle, und Alle spielten mit einer Lust
zur Sache, die unbedingtes Gelingen bringen mußte.. Be¬
sondere Erwähnung gebührt dem Wirth Basils und dem zum
Gruseln echten Strolch Trautschs. Die Gesammtinszenirung
und Einstudirung, zu welcher der Rokokorahmen des Theaters
vorzüglich stimmte, ist ein Schaustück, das während der
Fremdenzeit sich als Zugstück erweisen dürfte.