II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 556

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9. 4. Der gruene Kakadn zykIus
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liche Theater=Agenten, d. h. jene, welche thatsächlich den Engage¬
darauf war er gefaßt und es that seiner Freundschaft zu dem
mentsverkehr mit den Angehörigen der deuischen Bühnen vermitteln,
Ehebrecher keinen Abbruch. Mit einem Worte: er wird uns als Ehe¬
nkte
kkönnen nunmehr jene Aeußerung des Herrn Staatssekretärs des
mann und als Meusch gleich verächtlich gemacht. Was er bei der
Innern, welche wörtlich lautet:
Entdeckung des Schmutzes und der Schande in seinem Hause empfindet,
+0
„Selbstverständlich nehme ich von meinen Bemerkungen die¬
ist uns daher ganz gleichgültig. Dem Verfasser nicht minder. Er
jenige Kategorie von Stellenvermittlern gern aus, die wirkliche
läßt es nur pantomimisch ausdrücken, nachdem er uns ganz genau hat
Theateragenten sind, welche Stellen vermitteln von Personen, die
pril
mittheilen lassen, wie enge hier jahrelang die hehre Wissenschaft und
befähigt sind, einen höheren Kunstgenuß darzubieten, und welche
#ten
das thierische Triebleben neben einander gehanst haben. Es kam ihm
diese Stellenvermittelung in einer anständigen und auch mit Kunst¬
ige¬
Inur darauf an, nach Art eines Prozeßverfahrens die Vergangenheit
verständniß verbundenen Art und Weise besorgen.“
Zer¬
aufzuklären, und in solchen Kunststückchen ist er ja anerkannter
auch in materieller Beziehung für sich in Anspruch nehmen.
vom
Meister.
kto¬
Nicht unerwähnt wollen wir lassen, daß Herr Emil Ledner
„Der grüne Kakadu“ ist auf dem Theaterzettel als
ern
in Berlin, welcher diese Erklärung nicht mit unterschreibt, dies nur
„Grotesie“ bezeichnet. Wir werden in eine Pariser Spelunke zur Zeit
aus dem Grunde unterläßt, weil er den nunmehr für den gesammten
der großen Revolution geführt. Der Wirth war früher „Theater¬
Geschäftsverkehr eingeführten „Provisionstarif“
schon seit dem
Direktor" und hat von seiner Schmierenzeit noch einige Schauspieler
1. Jannar 1898 in seinem Geschäftsbetriebe verwendet.
an der Hand. Sie improvisiren jeden Abend in seinem Keller Scenen
Berlin, 1. Mai 1899. Felix Bloch Erben. Ludwig Crelinger,
an
aus dem Verbrecherleben, und die hohe Aristokratie erfreut sich an
Berlin. Drenker u. Co., Berlin. C. F. van Hell, Berlin. Ludivig
diesen schalen Einfällen, die ein wenig an die Nerven gehen. Heuri,
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Hoffmann, Berlin. Ferdinand Roeder, Berlin. Dora Sachse=Bauer,
der Hauptmime des „Grünen Kakadu“ (so heißt die Spelunke),
Berlin. Louis v. Selar, Berlin. Ernst Stieber. Berlin. J. Bach¬
zu
will
an diesem Abend seine Abschieds=Vorstellung geben
mann, Berlin. J. E. Diedel, Brannschweig. L. Egener, Hamburg.
er
und sich
dann mit der ihm eben angetrauten Schau¬
Bernhard Freyberg, Köln. Eugen Frankfurter. Nürnberg. C. Hilpert,
it¬
spielerin Léocadie aufs Land zurückziehen. Die Abschieds¬
München. Oskar Kirchner, Frankfurt a. Main. H. Schwantge,
m
vorstellung soll einen Hauptulk geben. Er erscheint mit verstörter
Mühlhausen. Paul Schlosser, Straßburg. Ad.
er
Schäfer, Hannover.
Miene und erzählt so glaubwürdig, daß der Wirth selbst an die
M. Grübel, Mannheim. H. Reinhard, Berlin. Maysche Theater¬
aft
Wahrheit der Erzählung glaubt, er habe soeben den Herzog von Ca¬
Agentur, Berlin.
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dignan ermordet, da er ihn in der Garderobe Léocadies gefunden
d.“
habe. Kaum hat er ausgeredet, da dringt ein Pöbelhaufen in den Keller
der
Theater und Musik.
und verkündigt die Erstürmung der Bastille. Jubelnd umringen die
anderen Schauspieler ihren Heuri, der den ersten Streich gegen die
Deutsches Theater.
verhaßten Aristokraten geführt habe, und ein Strolch erzählt ihm, daß
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Drei Einakter von Arthur Schnitzler: „Die Gefährtin“,
er gestern noch Léocadie am Arme des Herzogs gesehen habe. Dadurch
[„Der grüne Kaladn“ und „Paracelsus“. Erste Aufführung im
erst erfährt Henri, daß er wirklich Grund hat, auf den Herzog eifer¬
der
Deutschen Theater am 29. April. Regie: Emil Lessing.
süchtig zu sein. In diesem Augenblick steigt dieser selbst in den Keller
umt
Das erste Stück spielt im 19., das zweite im 18., das dritte im
hinab. Heuri entreißt dem Wirthe einen Dolch und ersticht nun wirk¬
16. Jahrhundert, aber um Untreue in der Liebe handelt es sich in
lich den Rivalen.
Bunte Bühnenbilder, einige scharfe satirische
Satz
allen dreien; denn sie sind von Arthur Schnitzker, der nur diesen einen
Schlager, alles gut ausgeklügelt wie ein Rechenexempel, das ohne
Konflikt interessant zu finden scheint. Im ersten Falle erfährt ein alter
Rest aufgeht; aber von eigentlicher Kunst auch hier keine Spur. Was
nd¬
Professor gleich nach der Beerdigung seiner jungen Frau, daß sie
ist dem Zuschauer dieser Henri, der nach sieben Jahren des Zu¬
und
mit seinem Assistenten jahrelang gebuhlt hat, obwohl sie wußte, daß
sammenlebens mit einer stadtbekannten Kokotte plötzlich dies Weib
en“
der junge Herr heimlich verlobt war und nur seine Braut „liebte“.
allein besitzen will, der am Tage der Hochzeit um eines Theatercoups
cher
Wie diese Enthüllung auf den philosophisch resignirten Professor wirkt,
willen sein Weib öffentlich der Untreue bezichtigt und sich selbst als
Fro¬
das ist der dramatische Gegenstand. Die Ereignisse selbst gehören der
eifersüchtigen Ehemann persiflirt?
Doch ich thue dem Berliner
ing.
Vergangenheit an und werden nur erzählt. Professor Pilgram hat
1 Publikum Unrecht! Es amüsirte sich köstlich, fand Herrn Schnitzler
seit¬
seine schöne junge Frau in der sicheren Voraussicht geheirathet, daß sie
über die Maßen geistreich und applaudirte so stürmisch, als wäre das
ver¬
ihm nach ein, zwei Jahren untreu werden würde; er wußte, daß sie
Stück echte französische Importwaare.
ats¬
nicht zur Gefährtin, sondern nur zur Geliebten paßte. So hat
Erst das dritte Stück ernüchterte die Zuschauer, indem es die
sa¬
er denn auch ihr Verhältniß zu seinem Assistenten gekannt und geduldet.
bisher gebotenen Gefühlsrohheiten noch übertrumpfte. Paracelsus,
den
Merkwürdigerweise hat er aber geglaubt, sie über kurz oder
der viel verleumdete große Gelehrte, Heilkünstler und Theosoph, muß hier
irk¬ lang dem jungen Freunde als Ehefrau abtreten zu müssen; zu einem hypnotischen Kunststückchen herhalten, mit dem Herr Schnitzler
ür kede