II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 586

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Ein wirklicher Mörder schneit herein, mal mit vollem Recht den Anspruch
wird aber als ungeschickter Debütant
erheben, mit seiner Novität zuletzt ge¬
verspottet, weil er seine Thaten ohne
nannt zu werden. Das dramatische
pathetische Uebertreibung einfach und
Märchen „Die Krone“ von Anton
natürlich berichtet. Unter der Maske
von Perfall versank im Gähnen der
des Spiels werden den „Aristos“ blutige
Zuhörer.
ch.
Wahrheiten gesagt. Sie zucken manch¬
Ueber den Stoff zu Josef Lauffs
mal zusammen, weil's ihnen wie Ernst
„Eisenzahn“, der nun in Wiesbaden
vorkommt. Aber dann, pah, lacht man
mit Pauken und Trompeten gegeben wor¬
um so stärker. Draußen heulen die ent¬
den ist, kann man sich aus William Pier¬
fesselten Massen. Schein und Wirk¬
sons gut hohenzollerischer „Preußischer
lichkeit verschlingen sich so ineinander,
Geschichte“ unterrichten. Dem zweiten
daß man manchmal nicht weiß, wo
Friedrich von Brandenburg erschien es
das Eine aufhört und das Andre an¬
danach als wichtigste Aufgabe, das
fängt. Mitten in dieses Spiel fällt
aufblühende Berlin ganz unter seine
die Tragödie des Schauspielers, der eine
Herrschaft zu bringen, wie verbrieft
wilde Inprovisation über den Ehe¬
dessen Rechte auch waren — mitten im
bruch seiner Frau und die Rache an
Frieden überfiel er die Stadt, er ver¬
ihrem herzoglichen Verführer zum Besten
nichtete ihre Privilegien, und später
gibt, dabei erfährt, daß der erste Teil
schlug er ihren Aufstand nieder. Der
seines Schauspiels Wahrheit ist und
Bürgermeister von Berlin, Bernhard
nun auch den zweiten zur Wahrheit
Ryke, der mit Mut und Thatkraft
macht. Draußen hört man über den
den Widerstand für das städtische Recht
Sturz der Bastille jubeln. Drinnen
geleitet, sowie mehrere andere Führer
fällt der Herzog, erdolcht. Dies alles,
der Bürgerschaft wurden verbannt und
in einen Einakter zusammengedrängt,
ihrer Lehen beraubt, Ryke dann in der
dramatisch zuge sitzt, von grausem
Fremde durch einen märkischen Edel¬
Humor durchtrankt, weist wirklich auf
mann, der sich Hofdank verdienen
ein ungewöhnlich starkes Talent hin.
wollte, ermordet. Alle andern Bürger
Schnitzler ist gewiß kein Genie, aber
mußten dem Kurfürsten Treue und
ein Virtuose ersten Ranges.
Gehorsam schwören, und fortan setzte
Mit den andern Bühnen ist man
er die städtischen Behörden ein. So
rasch fertig. Das Berliner Theater
endete 1448 der Berliner Unwille¬
brachte neben einer blödsinnigen Ver¬
mit vollständigem Siege des Fürsten.
spottung der Frauenbewegung („Platz
Berlins Niederlage schreckte auch die
den Frauen!“ von Valabregue und
andern Städte und schaffte dem Kur¬
Hennequin) und einer Zusammenstop¬
fürsten überall Gehorsam. Der Staat
pelung alter und bewährter Witze
im ganzen konnte dabei nur gewinnen;
(„Die Badesaison“ von Schefranek)
eben deshalb vertrug sich Friedrichs
ein ernst zu nehmendes Drama eines
gewaltsames und widerrechtliches Ver¬
Anfängers, „Kain“ von Ernst Prange.
fahren gegen die Städte in seiner Seele
Das Stück ist zwar nur zweimal auf¬
ganz wohl mit seiner Gottesfurcht; sie
geführt worden, weil es dem Publikum
ging bei ihm immer Hand in Hand
„zu stark“ war, zu stark im Sinne der
mit der Politik.“ Lauff hat es fertig
Ibsenschen „Gespenster“ Es endigt
gebracht, diesen Stoff, der alle Elemente
mit einer Wahnsinnsszene. die aller¬
zu einem wirklichen Drama enthält,
dings nicht gerade nervenberuhigend
bei dem bekanntlich beide Teile Recht
wirkt. Aber die Kraft, mit der hier
haben müssen, „umzudichten“ in eine
das Problem des Brudermords aus
Verherrlichung allein des Kur¬
künstlerischer Eifersucht behandelt wird,
fürsten. Der ist in seinem Stück
ist so offenbar, daß man von dem
ein lieber, netter Herr mit einem
jungen Verfasser Gutes erwarten kann.
grundguten Herzen, Ryke dagegen ein
Das Lessingtheater ließ einen
Scheusal, vor dem Mutter und Tochter
bisher in Berlin unbekannten Wiener,
sich entsetzen und das denn auch am
Leo Hirschfeld, in einer netten Li¬
Schlusse des Stückes nicht Hofdanks
teraturkomödie zu Worte kommen.
wegen ermordet, sondern geziemender
Es steckt in den „Lumpen“ die Schil¬
Maßen vom steinernen Rolande von
derung eines Wiener literarischen Cafés
Berlin erschlagen wird. Nichts be¬
drin, die immerhin Wert hat. An
zeichnender für den Geist des Ganzen,
größeren Aufgaben, die sich Hirschfeld
als die „Kleinigkeiten“ bei diesem
außerdem gestellt hat, scheitert er. Das
Schluß. Der Roland ist das Wahr¬
Schauspielhaus kann wieder ein= zeichen der alten Freiheiten, das Sym¬
Kunstwart
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