II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 604

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Der pruche Kakadn zuklus
Tempören, dann streiche ich die erregende Scene mit dem Assistenten aus beinahe das Herz einer schönen Waffenschmiedsfrau gewonnen hätte.)
und Leben.
Imeinem Leben und kehre zurück zu meinen wissenschaftlichen Arbeiten,
Die Rolle scheimt Kainz auf den Leib geschrieben mit ihrer grüb¬
acter von Arthur Schnitz¬
bei ihnen Ruhe und Vergessen suchend. Diese psychologische Entwicklung
lerischen und doch oft lustdurchsetzten Natur, die es dem Darsteller ge¬
chen Theater. Drei einen
ist mit großer Feinheit durchgeführt, und die jähen Umschläge der Stim¬
stattet, seine Mephistobegabung mit den Zügen einer gewissen Ausgelassen¬
chieden Mode, und zwar scheimt
mung vollziehen sich ohne Gewaltthätigkeit in voller Logik, trotz der
heit zu vereinigen. Er hyunotisirt die schöne Schmiedefrau, die übrigens
gleichfalls in Aufnahme ge¬
knappen Form, die der Einacter bedingte. Hermann Nissen als Prof.
durch Frl. Dumont sehr reizvoll gegeben wurde, und nachdem er ihr
aer: der Künstler will nicht
Pilgram war ausgezeichnet, und Fräulein Sarrow als Freundin der
zunächst einen Ehebruch suggerirt, schläfert er sie wieder ein und bewegt
schauer auch einen Einplick in
Verstorbenen bot uns eine fein abgestimmte Rolle. Ganz anders der
sie nu, die volle Wahrheit zu sagen, wodurch sie allerdings vom Vor¬
n das einzelne Stück nicht nur
.grüne Kakadu“. Schnitzter nennt das Stück eine „Groteske“ und
wurf des Ehebruchs befreit, immerhin aber zu nicht ganz unbedenklichen!
umme der Stücke einen Ein¬
läßt es am 14. Juli 1789 am Tage des Bastillensturmes in Paris
Geständnissen getrieben wird. Es war sehr niedlich, wie Frl. Dumon
r Schaffensart der Künstler.
spielen. Ein früherer Schmierendirector hat eine Kellerkneipe — der
in naiver Selbstverständlichkeit erzählte, daß sie den Studenten Hohen¬
anklang: die verschiedenartige
grüne Kakadn
aufgethan, eine vorgebliche Verbrecherhöhle, in der
heim geliebt, und wie ihr warmes Blut sie auch einem andern Stu¬
die düstere Färbung „Tejas“
seine frühern Schauspieler verkehren und durch Erzählung und Mimen
denten näher gebracht habe, daß sie aber ihrem Manne immer durch eine
Konversatidusstück und das eine
entsetzlicher Verbrechen die kranken Nerven hocharistokratischer Zuschauer
glückliche Verkettung der Umstände doch die Treue bewahrt habe, auch
ste Linie stellende „ewig Männ¬
kitzeln, die mit Vorliebe den Keller besuchen, um im Verkehr mit den
in Zukunft nicht brechen werde, „wenn er sie behüte". Nicht sonderlich
Wviel schärfer und jedenfalls mit
Verbrechern einen neuen Nervenreiz zu empfangen. Man braucht nicht
entsprach es historischer Treue, daß der Wundarzt seine Hypnose ganz
„Gejährtin“ ist das moderne
weit nach den Modellen zu suchen, die ihm gesessen haben: sie sind zu
und gar nach modernster Vorschrift ausführte, genau nach dem Beispiel
Problemen spielende Sitten¬
finden im heutigen Paris, wo es sogenannte excentrische Kneipen gibt,
der Charcot und Bernheim. Doch damit soll man bei einem solchen
chnitzter uns bisher gegeben
die Verbrecherkeller oder Grabgewölbe nachahmend, die sogenannte beste Scherze nicht rechnen. Ohne Kainz würde das Stück übrigens wohl
Schwank von ausgelassenem
Gesellschaft zu ihren Kunden zählen. Diese Décadents von hemte mit einen schweren Stand gehabt haben; die vertiefte künstlerische Art, wie
neuch auch so kommen; und
dem Sturm auf die Bastille zusammen zu bringen, ist nicht historisch, dieser seine schwierige Rolle auffaßte, bringt uns wieder das Bedauern
halb zierliches, halb grüb¬
braucht es aber auch in einem Stücke nicht zu sein, das sich selbst als
nahe, daß wir ihn sobald in Berlin verlieren werden. Wir haben hier!
rabermals von einer neuen
Groteske bezeichnet. Während oben der Bastillensturm wütet, regen
auch andere tüchtige und vorzügliche Schauspieler, aber keinen, der es
r immer mehr dahin kommt,
unten im Keller die Décadents männlichen und weiblichen Geschlechts
so versteht, einer Rolle ein solches eigenartiges Leben einzuhauchen, daß!
d zu betrachten, sondern der
ihre Nerven auf durch Reibung am Verbrechertum, gefillen sich an den kman öft nicht wein aeht er in seiner Roile auf oder sie in ihm.
schenken, so wird auch bei einem
rohen und gemeinen Sitten, der brutalen Ausdrucksweise und der
kit sich nicht nur den einzelnen
cynischen Grobheit, der sie dort begegnen, bis das Verhängnis über sie
hnik derselben zuwenden, mit
hereinbricht in Gestalt der Ermordung eines Herzogs der ihr Genosse
Die Zeit, wo unsere Autoren
und ihr Führer war, und in Gestalt der Volksmassen, die wutschnaubend
ihre Stücke schreiben, ist vor¬
nach Erstürmung der Bastille in ihren Vergnügungsort eindringen.
rgsam ausgearbeitetes Kunst¬
Das außerordentlich Komische des Stückes liegt darin, daß die aristo¬
rücke in gewollter Weise dicht
kratische Gesellschaft niemals recht weiß, ob es mit den Verbrechen:
olches zum Eindruck kommt.
Ernst oder Scherz ist, daß sie ost Ernst und Scherz verwechselt.
kährtin“ insofern, als sie sich
Eine besonders glückliche Figur hat hier Schnitzler in einem
nähert. Ein Professor ver¬
wirklichen Strolche geschaffen, der durch Zufall in den Keller ge¬
20 Jahre älterer Mann ge¬
raten ist, einen Idealstrolch in Kleidung, Haltung und Charakter
ickes ist Erkaltung eingetreten,
der von Herrn Rittner gradezu wundervoll gegeben wurde. So
hat, weil er sich sagt, daß der
sieht ein Mensch aus, der vom Galgen heruntergeschnitten wurde
mit sich bringe. Er tröstet
oder monatelang in Nachtquartieren bei Mutter Grün seinen Kleidern
er die nachfolgenden Jahre der
eine Farbe beigebracht hat, die gänzlich aufhört, eine Farbe zu sein. In¬
bescheidet sich selbst damit, daß
unerreichbarer Wahrheit wurde das Verbrecherwiilien durch ihn mit der
kraft von Jugend zu Jugend
tragikomischen Geschichte von seiner Taute wiedergegeben, die er „abge¬
sseinem jungen Assistenten zu¬
murkst“ hat, weil sie ihn mit seinem besten Freunde betrog, und durch
e zum andern daß die beiden
die Trauer um seinen verstorbenen „lieben Vater“ unter dessen sach¬
uns frei! Da tritt der Tod
verständigem Rat und thatkräftiger Beihülfe er das Handwerk des Ta¬
kist, ihn aber, wie unter den
schendiebs mit so viel schönerm Erfolg ausüben konnte. Das Stück
h, keineswegs zur Verzweiflung
wurde mit lautestem Beifall aufgenommen und der Verfasser mußte
seiner Frau den Beweis ihrer
wohl fünf bis sechs mal vor der Rampe erscheinen. Zu dem Erfolge
berzeugt ist, und er will seinen
trug nicht wenig auch das vorzügliche Spiel bei, durch das sich nament¬
er das schuldige Verhältnis
lich Rittner, Kainz, Fischer, Fr.. Reisenhoser und Frl. Dumont ver¬
Auf einer Reise befand, kehrt
dient machten. Nicht ganz unschuldig am Erfolg des grünen Kakadus
und da stellt sich denn heraus,
war auch unsere liebe Polizei, bzw. die Censur, die das Deutsche Theater
bisher so ruhige und geduldige
so warm an ihr Herz geschlossen hat daß sie sich kaum je die Gelegen¬
rn, denn wenn er den beiden
heit entgehen läßt, für das Deutsche Theater durch ein Verbot eine wirk¬
em Assistenten nicht vergeben,
same Reclame zu machen, für die Director Brahm nicht dankbar genug
t und „sie zur Dirne gemacht
sein kann. Hauptmanns Weber mußten der Censur erst durch das
im Hause hinaus das Opfer
Oberverwaltungsgericht aus dem Rachen gerissen werden; auch Suder¬
mit der Verstorbenen, deren
manns Johannes der Täufer wurde ihr nur mit Mühe abgerungen, und
sei. Dem niedergeschmetterten
jetzt suchte sie auch dem grünen Kakadu den Hals umzudrehen. Warum
hin der Verstorbenen eine Ge¬
wissen wir nicht, es müßte denn sein, daß Revolutionsscenen überhaupt
und dem Professor offenbart,
nicht mehr gegeben werden sollen, oder daß das Schicksal der aus
#id sich auch sehr leicht Liebesdurst ermordeten Tante der Polizei allzu schmerzlich gewesen ist.

mit der Freiheit, die
„Paracelsus“ liegt wieder auf einem ganz gandern Geblet. Schnitzler
ann beim Assistenten gefundennennt es ein Versspiel und geistreiche Anmut soll hier die Eigenschaften
sie selbst suchte. Die zweite ersetzen, die die vorhergehenden Stücke auszeichnen. Theophrastus Bom¬
steht, dann habe ich ja e
bastus Hohenheim, genannt Paracelsus, der Wunderarzt aus dem An¬
ihr angethanen Schimpf zu1 fang des 16. Jahrhunderts, tritt zu Basel auf, wo er einst studirt hat und