II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 629

box 16/1
9•4. Der gruene Kakaduzyklus
Müsschener Brief. Sie werden sich
daß ich jüngst anläßlich von Frau Marie
=Hausmanns Scheiden von der Bühnen¬
keit auf Anton Bings „Rückblicken auf die Ge¬
des Frankfurter Stadlchealers“ fußend, von Frau
Wirken in der Mainstadt vor einem halben
hundert sprach. Nun erhalte ich von der gefeierten
uspielerin aus Bad Reichenhall folgende Zeilen:
ist mir so wertvoll, daß man auch in Frankfurt
ch etwas von mir hört, vollends so Schönes und Er¬
reuliches. Nach einiger Ueberlegung scheint es mir
doch geboten, einen sehr begreiflichen Irrtum zu be¬
richtigen. Die von Ihnen (1844) erwähnte Demoiselle
Hausmann ist die spätere Frau Thomas. Nur in
Kürze: Juni 1829 bin ich in Wien geboren, nach
vollendeter Jnstitutszeit trat ich in Mannheim zum
ersten Male auf. (Juni 1845.) Juni 1846 wurde ich in
Frankfurt engagirt und lebte im Hause des ausge¬

reichneten Künstlers und Theaterdireklors Leonhard Meck
EE

S
und seiner Frau. Am 2. Juni 1848 gastirte ich in noch: Lützenkirchen, Basil, Fräulein Dandler, Fräulein
München, 1849 im gleichen Monat trat ich mein! Giesecke. Herr Schnitzler durfte sich am Schlusse mehr¬
Eugagement daselbst an. Herzlichsten Dank u. s. w. Ifach verneigen; wir hoffen, ihm das nächste Mal wieder
Marie Dahn=Hausmann.“ Meine Verwechslung dürfte hauf dem Boden der Liebelei zu begeguen. Das
dadurch entschuldbar sein, daß das Bingsche Quellen=Tjunge Wien muß auf Wiener Boden bleiben. Einen
werk keinen Index besitzt, der mich darauf aufmerksam anderen Gast aus der Donaustadt finden wir seit einer
gemacht hätte, daß die FrankfurterBühne zwei Damen; Woche im Kaimsaal. Eduard Strauß konzertirte
mit seiner Kapelle. Der Erfolg ist wie immer recht
Hausmann besaß. Die erstere muß schon vor dem En¬
lärmend. Ich finde den berühmten Walzerdirigenten
gagement vor Marie Hausmann den oben erwähnten
äußerlich ruhiger geworden; er dirigirt nicht mehr mit
Schauspieler geheiratet haben; denn von Neujahr 1846
beiden Händen und Füßen, dem Auge und dem Kopfe.
hören wir hie und da von Frau Thomas. Die That¬
wie es seine Art war. Noch eines und dasselbe, was
sache, daß dis Demoiselle Hausmann (1844) ldie Recha
Herrn Arthur Schnitzler gilt; er sollte mehr bei seiner
spielte, konnte uns in unserem Irrtum nur bestärken;
Spezialität bleiben. Ein Walzer von ihm ist einzig;
denn diese Lessingsche Gestalt war eine Glanzrolle Marie!
ungarische Rhapsodien spielen auch andere, sogar größere
Dahns. Bing schreibt von der letzteren: Demoiselle
Ferd. Vonn gastirt im Juni im Schauspiel¬
Hausmann vom Stadttheater zu Mannheim, die noch
hause. Die Meldung eines Frankfurter Blattes, daß die
jetzt hochgefeierte Künstlerin Frau Dahn=Hausmann der
Direktion dieser Bühne dauernd an diesen bekannten
Münchener Hofbühne, damals erst ein Jahr an dem
Künstler überginge, beruhte auf Irrtum. Der an die
Mannheimer Hoftheater wirkend, gastirte auf Engagement.
Presse versandte bezügliche „Waschzeitel“ war allerdings
Sie spielte am 5. März 1846 die Agnes in Zieglers
stilistisch so seltfam, daß er schließlich auch so gedentet
Lustspiel „Der Mann im Feuer“, dann die Mathilde in
werden konnte. Jüngst sahen wir uns den Rennplatz zu
Töpfers Zurücksetzung, Kleist's Käthchen von Heilbronn
Riem an, einem ziemlich weit von München abgelegenen“
und die Caroline in „Ich bleibe ledig“. Die Zeit, in
der Marie Dahn in Frankfurt wirkte, war für das Dörschen. Der Blick auf die noch schneebedeckte Alpen¬
Theater eine schwere, da die Politik alle Inleressen für kette war herrlich. Mit dem Luxus Frankfurts kann sich
sich in Anspruch nahm. Da Bing nur bei besonderen! das hiesige Renupublikum nicht messen. Die geschätzte
Kollegin Sans Gene fünde hier für ihre kostümkundigen
Premièren die Darsteller verzeichnet, finden wir Marie!
Plandereien nur im allerengsten Umkreis der allerhöchsten¬
Dahn nur bei der Erstaufführung des Uriel Acosta er¬
Herrschaften ergiebigen StofEs waren einige treff¬
Unsere Hofbühne hatte einmal einen
wähnt. —
recht guten Tag. Die drei neuen Stückchen von liche Rennpferde am Platze.
Schuigler wurden darstellerisch tadellos gegeben. Ueber
ihren literarischen Wert gehe ich mit der Ansicht des
Berliner Herrn Kollegen ziemlich konform. Schnitzler
hat die Ausbeute einer mühsamen Stoffjagd technisch un¬
gemein fein in Einaktern dramatisirt. Dies gilt vor allem
von der ganz in Molllönen geschriebenen Gefährtin
Schneiders Professor war eine Prachtleistung. Dei
Paracelsus halten wir für das schwächste Stück; i
die Tiefen dieser problematischen Renaissancegestalt is
Schnitzler nicht eingedrungen. Den größten Erfolg hatt
die Groteske „Der grüne Kakadu“. Die dramatische Mach¬
ist ja auch trotz des Anklanges an Leoncavallos Bajazze
ungemein wirkungsvoll. Der Gedanke, die französische
Revolution unter dem Gesichtswinkel einer Spelunke zu
betrachten, wirkt seltsam, vor allem historisch verschroben
und deshalb unbefriedigend. Aeugmichen Gemütern wollen
T wir keinen Vorschub leistenz-über ian könnte nun gerade
so gut die Weber und andere sogenannte „gefährliche“
Stücke auf der Hofbühne geben. — Als an dem Premièren¬
abend schauspielerisch hervorragend beteiligt, nenne ich