II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 668

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akadn Zyklus
9. 4. Der gruene Kan
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Was man auch zu Gunsten des geistreichen sie zur Dirne herabgewürdigt. Er weist ihm verachtungs¬ Dinge vorgehen, von denen er nichts geahnt hat. Die
id der feinen Einzelausführung sagen mag, voll die Thür; Frau Olga Merholm aber nimmt wieder das traumwandlerische Wahrheit, zu der Paracelsus Frau
Justina treibt, die sich übrigens auch gegen den Wunder¬
scher Erfolg wird doch allezeit darauf Wort, zieht eine letzte Binde vom umschleierten Auge des
thäter selbst wendet, macht Meister Cyprian klar, daß
das Urelement aller dramatischen Wirk= Professors und sagt ihm, daß die Verstorbene noch viel,
seine Klarheit eben keine ist, daß Wahn und Wirk¬
chtbare, fühlbare, spannende Gegensatz, ihre viel weiter von ihm getrennt gewesen sei, als er ahnt,
lichkeit, Traum und Leben geheimnisvoll ineinanderspielen,
daß sie gewußt hat, daß Dr. Hausmann durch keine echte
offenbart dem Junker Anselm, der mit frevler Liebes¬
bleibt. Durch alle drei Einakter Schnitzlers
Leidenschaft oder Neigung an sie gefesselt, und mit der
werbung die Frau des Waffenschmieds bestürmt, daß er
der Wechsel von Schein und Sein als roter
Rolle, die sie im Leben des jungen Mannes spielte eben
besser thut, deren ledige Schwester Cäcilia, die ihn liebt, zu
rch, aber nur im „Grünen Kakadu“ gewinnt
auch zufrieden gewesen sei. Darnach verabschiedet sich die
heiraten, und verdeutlicht Frau Justina, daß sie Gott
Ekörperung.
Freundin, und Pilgram bleibt nach ihrer und des Ver¬
danken kann, unter Cyprians Dach geborgen zu sein.
lt, in der Schnitzler seither mit Vorliebe ver¬
fassers Meinung „befreit“ zurück. Daß er, wenn er der
Das Ganze bewegt sich in der gewollten Unklarheit, der
das Schauspiel „Die Gefährtin“ am nächsten.
Rechte ist, nun erst vor der Qual der dunklen Frage
wechselnden Beleuchtung von rechts und links, die man
Professor, der soeben seine Frau begraben
steht, ob nicht er, gerade er selbst die Schuld daran ge¬
ietzt vornehmer Symbolismus tauft; die Gestalt des
aus der Starrheit seiner trostlosen und doch
tragen hat, daß die Verstorbene so und nicht anders ge¬
Theophrastus Paracelsus, der Betrüger und Betrogener zu¬
heiligen Schmerzes baren Stimmung — denn
worden ist, das fällt weder Schnitzler noch Frau Olga Merholm
gleich ist, läßt einen bestimmten Eindruck gar nicht auf¬
st ihm nur kurze Zeit Geliebte und niemals
wesen — durch eine Freundin aufgeweckt, die ein. Mit fünf oder zehn peinlichen Fragezeichen schließt das
kommen. Die wenig dankbare Rolle hatte an Stelle des
sich Briefe der verstorbenen Frau zu er= kleine Drama, eine in Scene gesetzte Novelle, die überall
plötzlich erkrankten Hrn. Blankenstein Hr. Froböse über¬
fessor Pilgram macht in einem Satz für Satz hinter sich zurück=, über sich hinausweist, was ja tausend¬
nommen; er gab dem fahrenden Mystagogen ein Gesicht
fach im Leben der Fall ist, aber für den Dramatiker so
Unglück seines Lebens enthüllenden, sehr sein
und Gepräge, daß er völlig zum Gauch wurde, den man
ungünstig wie möglich bleibt. Die schwere, trübe Stimmung
über seine Schwelle lieber gehen als kommen sieht, wenn
en Zwiegespräch mit der Besucherin dieser
eines Herbstabends und eines Begräbnistages geht hin¬
man auch nicht eben Meister Cyprian ist. Die übrigen
sehr wohl weiß, daß seine Frau ein Liebes¬
durch und wird vollkommen erreicht, die Gestalten und
Mitwirkenden waren Frau Basté (Justina), Frl. Gasny
mit seinem Assistenten Dr. Hausmann unter¬
ihre Beziehungen, bis auf den Zusammenstoß zwischen
(Cäcilia), die Herren Gunz (Cyprian), Dettmer (Junker
daß er nur nie begriffen hat, warum die
Pilgram und Hausmann, bleiben wie im Nebel, und alle
Anselm) und Swoboda (Doktor Copus), die die zum
schen nicht ehrlich vor ihn hingetreten sind
Kunst, die Frau Salbach (Olga Merholm) und die
Teil sehr hübschen Einzelheiten des Versspiels zu beifälliger
Freiheit, sich anzugehören, von ihm gefordert
die Besucherin Olga Merholm dem Aermsten Herren Wiene (Professor Robert Pilgram) und Franz
davon enthüllen kann, langt Dr. Hausmann von (Doktor Alfred Hausmann) aufwandten, beseitigte diesen Wirkung brachten.
Viel bedeutender, innerlich reicher, äußerlich straffer,
Totaleindruck nicht.
eindringlicher und überzeugender als die beiden ersten
En an, scheinbar ganz freundschaftliche Teil¬
Das Versspiel „Paracelsus“ richtet seine Spitze
Stücke zeigte sich, wie gesagt, das dritte, die Groteske
Sorgfalt für den Professor. Wie er aber
gegen das prahlerisch sichere Glücksgefühl wie gegen allen
„Der grüne Kakadu“. Der „Grüne Kakadu“ ist ein Wein¬
fordert, ihn, der nochmals nach dem Seebad
gesunden, vermeintlich die Dinge beherrschenden Realismus.
keller, den der ehemalige Schauspieldirektor Prospère hält,
dorthin zu begleiten, da verrät er nach und
Der wackere, in Arbeit und Genuß gleich rüstige Basler
in dem er seine frühere Truppe allabendlich zu wunder¬
hn dorthin ein anderes Interesse zieht, daß er
Waffenschmied Cyprian, der mit etlichem Recht den fahrenden
baren, ohne Podium und Souffleur vor einem höchst vor¬
t hat, daß er seine Braut schon längere Zeit
Wunderdoktor Theophrastus Paracelsus als einen Gaukler
nehmen, aus Herzögen, Vicomtes und Chevaliers bestehenden
liebt. Und nun schmettert Professor Pilgram
und halben Lump geringschätzt, muß durch dessen
pten mit dem Wort nieder, daß er ihm ver¬
le, seine verstorbene Frau zu seiner Geliebten hypnotische Künste erfahren, daß auch in lseinem wohl= Publikum stattfindenden Aufführungen vereinigt. Die
haben, aber ihm nie vergeben werde, daß er geordneten Hause und in der Seele seines schönen Weibes Schauspieler dieser Spelunke stellen mit Aufgebot aller