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9.4. Der gruene Kakaqu Zyklus
Telefon 12801.
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Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
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Ausschnilt
Ausschnilt
„OBSERVER“
Nr. 26
„OBSERVER“ Nr. 18
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
I. österr. behördl. cone. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
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Filiale in Budapest: „Figyelé“
Filiale in Budapest: „Figyeló“
Vertretungen in Berlin, Chicago, London, Newyork, Paris, Stockholm.
Vertretungen in Berlin, Chicago, London, Newyerk, Paris, Stockholm.
Ausschnitt aus: Kcrticer Aeritane
Ausschnitt aus:
Lolpen
vom 2/6
vo 3
O
21—
Leipzig, 2. Oct. Erstaufführung von Arthur
Schnitzler's Einactern „Paracelsus“, „Die Gefährtin“
Theater.
und „Der grüne Kakadu“ im Neuen Theater.
— Die so¬
K Schnitzlers neue Einacter. 2##
genannten Einacterabende zählen nicht immer zu den Lockspeisen
unseres Stadttheaters. Es ist meist ein undankbares Geschäft,
Paracelsus. X Die Gefährtin. — Der grüne Kakadu.
verschiedene dramatische Köpfe unter einen Hut bringen zu wollen.
Arthur Schnitzler, der gefällige Plauderer, der das Salongespräch
Für den gestrigen Abend hat der Dichter dem Regisseur die
bülsuenfähig gemacht hat, kommt uns diesmal mit tiefer Weisheit. Wie er
Arbeit abgenommen und Schnitzler's Einacter haben den seltenen
im Leben Arn ist so will er auch in der Welt des (scheins ein Heil¬
ein Arzi der Seele. Was wir im Leben treiben, ist
Vorzug, daß sie zusammenwirken wie ein Stück aus einem Guß.
kundiger werden¬
alles Spiel, klug aber ist nur der, der du weiß, daß wit immer spielen,
Nicht etwa, daß in allen Stücken eine einheitliche Idee conse¬
den die Erfahrung gelehrt hat, daß Traum und Wachen, Lüge und Wahr
quent durchgeführt wäre — den Versuch, durchweg eine Variirung
heit ewig ineinander fließen. Wer sich dessen stets bewußtrist, wer sich aus
des Themas der ehelichen Untreue zu finden, halte ich für ein¬
dem Banne des Einen wie des Andern zu befreien weiß, wer weder im
seitig und gewaltsam und man wird von diesem Standpunkt aus
Traume aufgehl, noch von der Wahrheit sich bedrucken läßt, nur der ist
den Schönheiten der Dichtungen nie in voller Weise gerecht
glücklich, mui der wird weder das O# des Traumes und der Lüge, noch
werden. Es herrscht vielmehr in diesen Einactern eine wunderbar
des Wachens und der Wohrheit werden. Vorsichtig wied er in Beiden sich
bewegen, er wird die Gefälliokeit des Spiels genießen, ohne sich durch die
fein durchgeführte Einheit der Stimmung, die sich am besten der¬
Grausamkeit der Wahrheit, die mt Naturnothwendigkeit der Lüge folgi,
jenigen in einer mehrtheiligen Symphonie vergleichen läßt. Leicht
vernichten zu lassen.
und graziös setzt das Spiel ein im „Paracelsus“. Der Hörer
Cuprian, der biedere Waffenschmied, vertraut blind der Treue seines
wird sachte angeregt und durch allmälige Beimischung ernsterer
Weibes, und in hochfahrender Sicherheit führt er selbst den Gaukler Para¬
Gedanken auf die dumpfe tragische Stimmung, die in der „Ge¬
#reiius, den ehemaligen Verehrer seiner geliebten Juffina, in sein Haus, um
fährtin“ herrscht, vorbereitet. In diesem Mittelstück mit seiner
sihn geflissentlich und herausrordernd zu beleidigen und zu kränken. Da¬
breiten Seelenmalerei liegt jedenfalls der Schwerpunkt des Ganzen,
tsich der verletzte Suengali, versetzt Justina, die von seinen Blick#
das dann in den kräftigen Accorden des „Grünen Kakadu“ in
be den schmucken Junker
behennt ist, in Hupnese und rebet
dem die Tragik der Groteske weicht, einen gelungenen Abschluß
Anselm und habe sich von ihm verführen lassen. Din Smundeendet
Justina von # Getten ab. und zief unglücklich fleht dieser den
findet. Ich darf den Inhalt der drei Stücke als bekannt voraus=zie
Für
F#rayrenden Seelenkünstter an, das Gewebe der Lüge, den vermaledenen?
setzen, sie haben längst anderwärts die Bühnenprobe bestanden,.
„ Zauber wieder zu vernichten. Paracelsus aber nimmt den einen Bann
2 und wenn sich entgegen dem kräftigen Beifall nach den beiden bar
„ wieder von Justina, um sie in einen andern zu versetzen — in den Bann
5 ersten Ststten am Ende des Abends die Zischer bemerkbar machten, raus.
„ der Wahrheit. Und nun plaudert Justina mit erschreckender Wahrheits=ss.
so darf man ihren Unwillen wohl nur dem etwas derben
liebe ihre intimsten Gedanken aus — wie sie früher Paracelsus geliebt und
Stoff des „Grünen Kakadu“ zuschreiben, nicht aber darinist das
das
wie sie jetzt dem schmachtenden Junker bald zum Opfer gefallen wäre,
den
Abon eine Ablehnung der Schnitzler'schen Kunst im Allgemeinen es den
kurz wie sie gesündigt habe in ihrem Herzen. Fast erscheint im Spiegel dieser
Abon erblicken, und ebensowenig eine Verurtheilung der hie
Wahrheit auch der lügenhafte Traum als Wahrheit! Ja, Paracelsus selbst wird
sigen Aufführung, die man zu den besseren der letzt#
irre an seiner Kunst: „Sicherheit ist nirgends!“ Cyprian aber athmet auf, als
bei Sonnenuntergang — nur so lange soll Justinas zweiter Bann nach
Zeit rechnen kann. Die Regie hatte mit allen Mitteln genre¬
Paracelsus Willen dauern — die nackte Wahrheitsliebe wieder in Justinas
hafter Ausstattung des Milieus die Stimmungsmalerei des
Herzen erstickt ist, und Lüge und Wahrheit wieder ihr gefälliges, ab¬
Dichters unterstützt und so besonders dem Mittelstück zu tiefer
wechselungsreiches Spiel treiben. Er selber weiß nun, daß wir spielen, er
Wirkung verholfen, soweit dies bei den unglücklichen Raum¬
weiß genug und ist auf seiner Hut, und seine Vertrauensseligkeit und seine
verhältnissen des neuen Theates überhaupt möglich war. Auch¬
Hochfahrenheit haben ihr Ende gefunden.
unsere Künstler gaben ihr Bestes. Die Titelrolle im ersten Stück
Professor Pilgramms Frau ist gestorben, er fühlt keine Trauer
war bei Hrn. Koerner gut untergebracht, der in seinem Paracelsus,
seinem Herzen, denn seine „Gefährtin“ ist sie, die zwanzig
wieder einmal das alte Gespenst des Svengali auf die Bretter
Jahre jünger war als er, nie gewesen. Er weiß, daß ihr
Herz und ihre Lirde feit tangen Jahren seinem Assisienten Dr. Hausmann
beschwor. Hr. Borcherdt hätte vielleicht dem Waffenschmied
gehört haben, doch er ist zu feige gewesen, das Gemisch von Lüge und
noch etwas mehr gemüthliche Wärme einhauchen dürfen und auch
Wahrheit zu zerstören und den Liebenden zu sagen: „Ihr seid frei, nehmt
Frl. Rocco als Justina traf nicht ganz den Ton der mittel¬
Euch hin!“ Doch während er sich in dem Glauben befunden, seine Frau
alterlichen Bürgersfrau. Ihre Gesten waren beinahe zu modern¬
sei, wenn auch nicht ihm, so doch seinem Assistenten gestorben, er betraure
ausdrucksvoll für das altdeutsche Costüm und bei Wiederholungen
ihren Verlust, da eröffnete ihm dieser, daß er sich — verlobt habe. Diese
müßte also noch ein besonderes Augenmerk auf die Wahrung
Untreue des Liebhabers gegen die verführte Frau empört ihn tief
des vom Dichter tadellos durchgeführten Stils gerichtet werden.
und er weist ihn aus seinem Hause, um nachträglich von einer
Dagegen war die Darstellung der „Gefährtin“ dank der hervor¬
Freundin seiner Frau zu erfahren, daß diese ja um Dr. Hausmanns
ragenden Einzelleistungen von Hrn. Taeger und Frl. Marie
Verlobung — gewußt habe! Und deßhalb, um einer bloßen Liebelei wegen,
um einer Liebschaft Willen, die so schnell erkaltete, hatte er auf alle Glück¬
Laue durchaus einwandsfrei und auch der „Grüne Kakadu“ wurde
seligkeit der Ehe verzichtet! Er war zu spät wissend geworden, die Weis¬
mit der nöthigen Frische zu Ende gespielt. Den meisten Beifall
heit des Paracelsus: „Wir spielen immer; wer es weiß, ist klug!“ war
erntete dabei Hr. Ernst Müller durch seine urkomische Verkörperung
ihm zu spät gekommen.
des Strolches Grain, die beinahe zum Schaden der Gesammt¬
Zu spät auch kam sie dem Heldenspieler aus der Pariser Revolutionär¬
wirkung alle anderen Mitspieler in Schatten stellte. Eine ähnlich
Spelunke „Der grüne Kakadu“. Prospère, ein verkrachter Theater¬
drastische Charakterfigur schuf Hr. Hänseler als Schänkwirth und
director, war auf den originellen Gedanken gekommen, eine Ver¬
Theaterdirector Prospère, während die vom Dichter am reichsten
brecherkneipe des Scheines zu gründen. Die ehemaligen Mitglieder
beschenkte Rolle des Schauspielers Henri bei Hrn. Grelle nicht
seiner Truppe spielten gegen Gage allabendlich in seinem Keller die Ver¬
brecher, und die vornehme, an starken Sinnenkitzel gewöhnte Welt ging bei
ebensogut aufgehoben war. Sein ausdrucksvolles Mienenspiel
ihm aus und ein und hatte ihr Amusement dabei, in gesättigter Ruhe
zeugte zwar entschieden von fleißiger Vertiefung in die Ausgabe,
mitten unter Dieben und Mördern zu verkehren. Der Schauspieler Henri,
aber es fehlte der Darstellung an durchschlagender Kraft.
der begabteste von den Darstellern Prospères, hat sich verheirathet.
Dr. V. Schweizer
Eine furchtbare Eifersucht verzehrt sein Herz und zur Unterhaltung
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Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
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Ausschnitt aus: Kcrticer Aeritane
Ausschnitt aus:
Lolpen
vom 2/6
vo 3
O
21—
Leipzig, 2. Oct. Erstaufführung von Arthur
Schnitzler's Einactern „Paracelsus“, „Die Gefährtin“
Theater.
und „Der grüne Kakadu“ im Neuen Theater.
— Die so¬
K Schnitzlers neue Einacter. 2##
genannten Einacterabende zählen nicht immer zu den Lockspeisen
unseres Stadttheaters. Es ist meist ein undankbares Geschäft,
Paracelsus. X Die Gefährtin. — Der grüne Kakadu.
verschiedene dramatische Köpfe unter einen Hut bringen zu wollen.
Arthur Schnitzler, der gefällige Plauderer, der das Salongespräch
Für den gestrigen Abend hat der Dichter dem Regisseur die
bülsuenfähig gemacht hat, kommt uns diesmal mit tiefer Weisheit. Wie er
Arbeit abgenommen und Schnitzler's Einacter haben den seltenen
im Leben Arn ist so will er auch in der Welt des (scheins ein Heil¬
ein Arzi der Seele. Was wir im Leben treiben, ist
Vorzug, daß sie zusammenwirken wie ein Stück aus einem Guß.
kundiger werden¬
alles Spiel, klug aber ist nur der, der du weiß, daß wit immer spielen,
Nicht etwa, daß in allen Stücken eine einheitliche Idee conse¬
den die Erfahrung gelehrt hat, daß Traum und Wachen, Lüge und Wahr
quent durchgeführt wäre — den Versuch, durchweg eine Variirung
heit ewig ineinander fließen. Wer sich dessen stets bewußtrist, wer sich aus
des Themas der ehelichen Untreue zu finden, halte ich für ein¬
dem Banne des Einen wie des Andern zu befreien weiß, wer weder im
seitig und gewaltsam und man wird von diesem Standpunkt aus
Traume aufgehl, noch von der Wahrheit sich bedrucken läßt, nur der ist
den Schönheiten der Dichtungen nie in voller Weise gerecht
glücklich, mui der wird weder das O# des Traumes und der Lüge, noch
werden. Es herrscht vielmehr in diesen Einactern eine wunderbar
des Wachens und der Wohrheit werden. Vorsichtig wied er in Beiden sich
bewegen, er wird die Gefälliokeit des Spiels genießen, ohne sich durch die
fein durchgeführte Einheit der Stimmung, die sich am besten der¬
Grausamkeit der Wahrheit, die mt Naturnothwendigkeit der Lüge folgi,
jenigen in einer mehrtheiligen Symphonie vergleichen läßt. Leicht
vernichten zu lassen.
und graziös setzt das Spiel ein im „Paracelsus“. Der Hörer
Cuprian, der biedere Waffenschmied, vertraut blind der Treue seines
wird sachte angeregt und durch allmälige Beimischung ernsterer
Weibes, und in hochfahrender Sicherheit führt er selbst den Gaukler Para¬
Gedanken auf die dumpfe tragische Stimmung, die in der „Ge¬
#reiius, den ehemaligen Verehrer seiner geliebten Juffina, in sein Haus, um
fährtin“ herrscht, vorbereitet. In diesem Mittelstück mit seiner
sihn geflissentlich und herausrordernd zu beleidigen und zu kränken. Da¬
breiten Seelenmalerei liegt jedenfalls der Schwerpunkt des Ganzen,
tsich der verletzte Suengali, versetzt Justina, die von seinen Blick#
das dann in den kräftigen Accorden des „Grünen Kakadu“ in
be den schmucken Junker
behennt ist, in Hupnese und rebet
dem die Tragik der Groteske weicht, einen gelungenen Abschluß
Anselm und habe sich von ihm verführen lassen. Din Smundeendet
Justina von # Getten ab. und zief unglücklich fleht dieser den
findet. Ich darf den Inhalt der drei Stücke als bekannt voraus=zie
Für
F#rayrenden Seelenkünstter an, das Gewebe der Lüge, den vermaledenen?
setzen, sie haben längst anderwärts die Bühnenprobe bestanden,.
„ Zauber wieder zu vernichten. Paracelsus aber nimmt den einen Bann
2 und wenn sich entgegen dem kräftigen Beifall nach den beiden bar
„ wieder von Justina, um sie in einen andern zu versetzen — in den Bann
5 ersten Ststten am Ende des Abends die Zischer bemerkbar machten, raus.
„ der Wahrheit. Und nun plaudert Justina mit erschreckender Wahrheits=ss.
so darf man ihren Unwillen wohl nur dem etwas derben
liebe ihre intimsten Gedanken aus — wie sie früher Paracelsus geliebt und
Stoff des „Grünen Kakadu“ zuschreiben, nicht aber darinist das
das
wie sie jetzt dem schmachtenden Junker bald zum Opfer gefallen wäre,
den
Abon eine Ablehnung der Schnitzler'schen Kunst im Allgemeinen es den
kurz wie sie gesündigt habe in ihrem Herzen. Fast erscheint im Spiegel dieser
Abon erblicken, und ebensowenig eine Verurtheilung der hie
Wahrheit auch der lügenhafte Traum als Wahrheit! Ja, Paracelsus selbst wird
sigen Aufführung, die man zu den besseren der letzt#
irre an seiner Kunst: „Sicherheit ist nirgends!“ Cyprian aber athmet auf, als
bei Sonnenuntergang — nur so lange soll Justinas zweiter Bann nach
Zeit rechnen kann. Die Regie hatte mit allen Mitteln genre¬
Paracelsus Willen dauern — die nackte Wahrheitsliebe wieder in Justinas
hafter Ausstattung des Milieus die Stimmungsmalerei des
Herzen erstickt ist, und Lüge und Wahrheit wieder ihr gefälliges, ab¬
Dichters unterstützt und so besonders dem Mittelstück zu tiefer
wechselungsreiches Spiel treiben. Er selber weiß nun, daß wir spielen, er
Wirkung verholfen, soweit dies bei den unglücklichen Raum¬
weiß genug und ist auf seiner Hut, und seine Vertrauensseligkeit und seine
verhältnissen des neuen Theates überhaupt möglich war. Auch¬
Hochfahrenheit haben ihr Ende gefunden.
unsere Künstler gaben ihr Bestes. Die Titelrolle im ersten Stück
Professor Pilgramms Frau ist gestorben, er fühlt keine Trauer
war bei Hrn. Koerner gut untergebracht, der in seinem Paracelsus,
seinem Herzen, denn seine „Gefährtin“ ist sie, die zwanzig
wieder einmal das alte Gespenst des Svengali auf die Bretter
Jahre jünger war als er, nie gewesen. Er weiß, daß ihr
Herz und ihre Lirde feit tangen Jahren seinem Assisienten Dr. Hausmann
beschwor. Hr. Borcherdt hätte vielleicht dem Waffenschmied
gehört haben, doch er ist zu feige gewesen, das Gemisch von Lüge und
noch etwas mehr gemüthliche Wärme einhauchen dürfen und auch
Wahrheit zu zerstören und den Liebenden zu sagen: „Ihr seid frei, nehmt
Frl. Rocco als Justina traf nicht ganz den Ton der mittel¬
Euch hin!“ Doch während er sich in dem Glauben befunden, seine Frau
alterlichen Bürgersfrau. Ihre Gesten waren beinahe zu modern¬
sei, wenn auch nicht ihm, so doch seinem Assistenten gestorben, er betraure
ausdrucksvoll für das altdeutsche Costüm und bei Wiederholungen
ihren Verlust, da eröffnete ihm dieser, daß er sich — verlobt habe. Diese
müßte also noch ein besonderes Augenmerk auf die Wahrung
Untreue des Liebhabers gegen die verführte Frau empört ihn tief
des vom Dichter tadellos durchgeführten Stils gerichtet werden.
und er weist ihn aus seinem Hause, um nachträglich von einer
Dagegen war die Darstellung der „Gefährtin“ dank der hervor¬
Freundin seiner Frau zu erfahren, daß diese ja um Dr. Hausmanns
ragenden Einzelleistungen von Hrn. Taeger und Frl. Marie
Verlobung — gewußt habe! Und deßhalb, um einer bloßen Liebelei wegen,
um einer Liebschaft Willen, die so schnell erkaltete, hatte er auf alle Glück¬
Laue durchaus einwandsfrei und auch der „Grüne Kakadu“ wurde
seligkeit der Ehe verzichtet! Er war zu spät wissend geworden, die Weis¬
mit der nöthigen Frische zu Ende gespielt. Den meisten Beifall
heit des Paracelsus: „Wir spielen immer; wer es weiß, ist klug!“ war
erntete dabei Hr. Ernst Müller durch seine urkomische Verkörperung
ihm zu spät gekommen.
des Strolches Grain, die beinahe zum Schaden der Gesammt¬
Zu spät auch kam sie dem Heldenspieler aus der Pariser Revolutionär¬
wirkung alle anderen Mitspieler in Schatten stellte. Eine ähnlich
Spelunke „Der grüne Kakadu“. Prospère, ein verkrachter Theater¬
drastische Charakterfigur schuf Hr. Hänseler als Schänkwirth und
director, war auf den originellen Gedanken gekommen, eine Ver¬
Theaterdirector Prospère, während die vom Dichter am reichsten
brecherkneipe des Scheines zu gründen. Die ehemaligen Mitglieder
beschenkte Rolle des Schauspielers Henri bei Hrn. Grelle nicht
seiner Truppe spielten gegen Gage allabendlich in seinem Keller die Ver¬
brecher, und die vornehme, an starken Sinnenkitzel gewöhnte Welt ging bei
ebensogut aufgehoben war. Sein ausdrucksvolles Mienenspiel
ihm aus und ein und hatte ihr Amusement dabei, in gesättigter Ruhe
zeugte zwar entschieden von fleißiger Vertiefung in die Ausgabe,
mitten unter Dieben und Mördern zu verkehren. Der Schauspieler Henri,
aber es fehlte der Darstellung an durchschlagender Kraft.
der begabteste von den Darstellern Prospères, hat sich verheirathet.
Dr. V. Schweizer
Eine furchtbare Eifersucht verzehrt sein Herz und zur Unterhaltung