II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 693

9.4. Der gruene Kakadu Zyklus
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Ausschnitt
„OBSERTEK
Nr. 20
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichtt
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelé“
Vertretungen in Berlin, Chicago, London, Newyork, Paris, Stockholm.
Ausschnitt aus:
e Zeituing“
vom
Theater, Kunst und Literatur.
Hofburgtheater. Für gestern Abend hatte man ein
ungleich Paar von Dichtern eingespannt, Franz Grill¬
parzer und Arthur Schnitzler. Von dem Alt=Wiener
Poeten gab man das Esther=Fragment mit Kainz und
Frau Hohenfels. Das ist ein Darstellerpaar, für die
zarte Anmuth in Empfindung und Gedanken des schönen
Werkes wie geschaffen. Wie himmelhoch überlegen trat dieser
Fürst vor die Schranzen voll des Zornes eines Adels¬
menschen gegen niedere Brut, wie königlich sprach er das
eigene Sehnen stets der Herrscherpflicht opfernd zu dem
Mädchen, das er zur Liebesoffenbarung bewegt, indem er
es freigibt. Und doch schwingt in jedem seiner Worte, das
gemessen den Königswillen verkündet, ein Ton der Leiden¬
schaft mit, discret und angedeutet wie ein leises Klingen. Der
König in Esther“ ist eine der schönsten Kunstdarbietungen
Josef Kainz', frei von aller Manier und jenem gefährlichen
tempo rubato der Rede. Frau Hohenfels ist ihm ebenbürtig;
die geheimen Regungen einer schönen zurückhaltenden Seele
so sein zwischen den Versen hingleiten zu lassen, bis sie
dann in jubelndem Entzücken siegen, das vermag keine wie
sie in ihrer Leonore von Este, in den „Rechten der Seele“,
Für
als Esther. Es läßt sich also das Beste von ihrer Iphigenie
100
200
erwarten. Wie wenn über eine edle Lilie eine geschwollene
Raupe kröche, so folgte auf die reine, keusche Kunst des
„ 1000
Grillparzerschen Fragments Schnitzlers Einacter „Die Ge¬
In
fährtin“, der gleich dem darin vorkommenden Ehebrecher nach des #en
Abonnem
Verfassers Worten „dieses Haus bis zur Decke mit Schmutz
Abonnen
anfüllt.“ Weniger widerlich, aber auch von undeutschen
Fannsgelüsten durchtränkt, ist der andere Einacter, Schnitzlers
„Paracelsus“, mit dem der Abend schloß. Kainz gab
den unheimlichen Gast, der in des biderben Waffenschmiedes
Haus mit Hypnose und Suggestion sein lehrhaftes Spiel
treibt, und er war der erste, der die Gestalt erschöpfte. Seine
Art, die Gedanken bloszulegen, wo es noththut, mit der
Beize des Sarkasmus zu würzen, ist unübertrefflich. Seine
Maske in der Rolle des Abenteurers ist anstoßend häßlich,
aber wirksam, ziemlich historisch und unanfechtbar: Ein Pan¬
kopf, aus dessen blitzendem Auge die Ueberlegenheit über
das Philisterthum leuchtet.
A. L—ch.—
Für
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Tore We -al
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Theater und Musik.
— Hofburgtheater. Kainz bereicherte Dienstag sein um¬
fangreiches Rollenrepertoire, dem er erst Sonntag den
Valentin im Verschwender" beigefügt hatte, mit dem „Para¬
celsus“ in Schnitzler's gleichnamigem Schauspiel. Die pro¬
blematische Figur des „Paracelsus“ bedarf aller Kunst
eines Schauspielers, sie unserem Verständnisse näher zu bringen,
und Kainz that gut darau, gleich von Anfang an seiner
Gestaltung einen etwas grotesken Zug beizugeben, mehr den
Gaukler als den Philosophen hervorzukehren und doch wieder
andererseits, wo er durch die Kunst seiner Rede wirkt, die
ganze Schärfe seiner Ueberzeugung und seiner Ueber¬
legenheit zu zeigen. Sein „Paracelsus“ hat nichts von
der Düsterkeit, mit der ihn Robert spielte, nichts
von der Leichtfertigkeit, die Devrient eigenthümlich war.
Eine gefällige Selbstironie, eine mephistophelessche lustige
Bosheit, selbst dort, wo er vergangene Gefühle schildert,
stecken hinter seinen Worten, sprechen aus dem durch¬
dringenden Blick seiner Augen. Nur in der Scene, wo
Paracelsus Justina in den hypnotischen Schlaf versenkt, war
Kainz allzu theatralisch. Der Uebergang in die Hypnose
vollzieht sich gewöhnlich sanfter; eine psychische Kraftauf¬
wendung ist da wichtiger, als eine physische — es ist zu
wunderbar, daß Justina sofort einschläft, wenn Paracelsus
sie dermaßen anschreit. Die Justina gab Frau Schratt in
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liebenswürdiger Weise und sah besonders hübsch und jugend¬ ve
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lich aus. Kainz' Leistung wurde mit lebhaftem Aplaus be¬.
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lohnt. Auch Director und Dichter, die in einer Loge dem ar
letzten Theil der Vorstellung beiwohnten, schienen recht befriedigt. aus
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Oder ist die Nervosität der Regie derart gesteigert, daß sie das
dem Capellmeister des Lebens überdrüssig macht, und ist die #8 den
Capelle die einzige oder bloß die bequemste Ursache
dieser Nervosität!? In vielen vornehmen deutschen Theatern
ist die Zwischenactsmusik längst als überflüssig gestrichen
worden.
Wir verdanken ihre Fortdauer bekanntlich
Charlotte Wolter, die behauptet, ohne einleitende
Musik nicht spielen zu können. Die Zweckmäßigkeit
und der günstige Stimmungseinfluß der Zwischenacts¬
musik möge dahingestellt bleiben.
Jedenfalls soll
aber ihr Fortleben nicht mit dem vorzeitigen Ableben des
Dirigenten verbunden sein. Bei dieser Gelegenheit sei auch
auf den übergroßen Eifer des Souffleurs im Burgtheater
hingewiesen. Wenn auch meistens die Aufführungen in der
Burg genußreich sind, so genügt es doch, sie einmal zu
hören und zwar von den darstellenden Künstlern, nicht auch
ein zweitesmal vom Souffleur.
R. E.