II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 736

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akad
Der grucheZ0klus

Bühne und Welt.
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kunst. Auch die Schlußszene ist wirkungsvoll arrangiert, obgleich das Senken
der Fahnen über Hamlets Leiche mich lebhaft an den letzten Auftritt in der
„Jungfrau von Orleans“ erinnerte.
Katschalow als Hamlet legte das Hauptgewicht auf das Grüblerische des
Dänenprinzen. Wohl hatte er Momente, in denen die lang verhaltene Bitter¬
keit jäh zum Ausbruch gelangte, wie z. B. an der Stelle mit der Flöte und
nach dem Abbruch des Schauspiels, aber im ganzen war er ein melancholischer
Hamlet — ähnlich wie Sonnenthal. Im Gespräch mit Ophelia gebrach es
dem Künstler an Eindringlichkeit — tonlos, fast mechanisch, wiederholte er
die Worte: „Geh' in ein Kloster!" Etwas farblos fand ich auch sein Spiel
im Schlußakt. Und trotz dieser Ausstellungen halte ich Katschalow für einen
der besten Hamletdarsteller der russischen Bühne. Abgesehen von Robert
Adelhein., hat sich kein russischer Interpret mit dieser schwierigen Rolle so zu
identifizieren verstanden wie der Moskauer. Es gab wenigstens Augenblicke
in seiner Verkörperung dieser begehrenswertesten Bühnengestalt, die sich tief
dem Gedächtnis einprägen und in denen er sich zu imponierender Größe erhob.
Ein vollkommenes Kind ist die Ophelia des Fräuleins Gsowskaja — und
von einem Kinde kann man nicht viel verlangen. Ueberhaupt konnte sich
niemand neben Katschalow behaupten. Wenn man nicht wüßte, daß Moskwin
(Horatio), Luschski (Polonius), Wischnewski (Schauspieler), Frau Knipper¬
Tschechow (Königin) Bühnenkünstler von Ruf sind, aus der Darstellung der
bezeichneten Rollen könnte man es sicherlich nicht vermuten, sie standen ihren
ungewohnten Aufgaben hilflos gegenüber. Man braucht sich gar nicht dem
Antagonismus anzuschließen, der sich in der russischen Presse Petersburgs
gegen die Gastspiele der Moskauer immer mehr entwickelt, und man muß
zugeben, daß diese Elitetruppe mit der Aufführung Shakespearescher Werke
ihren Ruhm nicht vergrößern wird. Haben die Moskowiter im Zeichen
Tschechows immer unsere Kaiserlichen Schauspieler übertrumpft, so unterlagen
sie diesmal mit der Darstellung des „Lebenden Leichnams“ dank der farblosen
Darstellung Moskwins als Fedor Protassow und holten sich außerdem eine
Schlappe mit dem Turgenjew=Abend. In der „Hamlet"=Vorstellung rettete
Katschalow ganz allein die Ehre Moskaus, sein Dänenprinz steht höher als der
Chodotows vom Kaiserlichen Theater, aber die übrigen Herrschaften der
beiden ersten Bühnen Rußlands können sich ruhig die Hand reichen, sie
haben einander nichts vorzuwerfen.
Reisen sollte aber Stanislawsti mit dem größten Werk des unsterblichen
Briten nicht — das hieße die russische Schauspielkunst diskreditieren, und das
wird er doch nicht wollen.
Kundschau.
En
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Der Schnitzler=Tag. Am 15. Mai
sie das 5. Jahrzehnt ihres Lebens
ist Arthur Schnitzler 50 Jahre
beschließen, durch Aufführung eines
alt geworden. Der Deutsche Bühnen¬
ihrer Werke zu ehren. Aber die Ber¬
verein hatte unlängst in seinem Ver¬
liner Theaterdirektoren, mögen sie
bandsorgan seinen Mitgliedern aus¬
nun in der Ferne lohnendere Ge¬
drücklich empfohlen, die deutschen
schäfte besorgen oder Thaliens Tem¬
Dramatiker an dem Tage, an dem pel dem Priester der zehnten und