9. 4
box 16/1
Kakad
Der gruche zyklus
Meee d Selder
= Bureau für Zeitungsausschnitte.
Berlin NO 43, Georgenkirchplatz 21 I.
(Liest die meisten Zeitungen und ist das
bestorganisierte Bureau Deutschlands.)
Zeitung:
A 702g
#erl#s
Ort:
Datum:
ror
Artbur Schnitzler; der Fünfzigjährige.
Das „Schillertheater“ brachte als Festgruf „Die Ge¬
fährtin", „Paracelsus“ und „Der grüne Kakadu“.
(Verlag S. Fischer.)
Keines der Werke zeigt den Dichter in seiner vollen
Kraft, den eigentlichen Schnitzler, den glücklichen
Götterfreund — wie Alfred Kerr ihn nennt —
der mit
weicher, leiser, spielend vollbringender Hand die Be¬
standteile der menschlichen Psyche ordnet.
Unerwarteterweise brachte die gut gespielte „Ge¬
fährtin“, die stärkste Wirkung hervor i
Schnitzler am nächsten sie beschwört sein Reich herauf,
dasReichder Menschenvollleichtblütige Lebens¬
freudigkeit, müder Frivolität, wienerischer Dekadenz und
Empfindsamkeit. Es gibt keine Gefährtin, nur eine
Geliebte! Als Robert Pilgram müden Schrittes das
Totenzimmer verließ, das nun in Dunkel gehüllt da¬
liegt — als langsam sich der Vorhang senkte, da waren
wir alle im Banne müder Traurigkeit. Wir wußten
mit dem sehend gewordenen Mann: es gibt keine Ge¬
fährtin! —
Oder vielleicht doch für ganz, ganz
kurze Zeit?
Gröber zugeschnitten und polternder in Wort und
Wirkung war Paracelsus, der Wunderdoktor. Nur
mitunter scheint hier zwischen den Zeilen der echte
Schnitzler hervor, der sonst stärkere, bewegtere Akzente
meidet. Aus den Traumworten der hypnotisierten
Justina leuchtet er hervor. Und dann ward — wie so
gern bei dem Wiener Dichter
die Wirk¬
lichkeit Spiel und das Spiel Wirklichkeit.
Grausam wirklich aber ward das Spiel im „Grü¬
nen Kakadu“ der Verbrecherspelunke! — Schauspieler,
die Verbrecher scheinen! Verbrecher, die Schauspieler
scheinen! Kokotten, die aufrichtig lieben; Marquisen,
die Kokotten sind; Pöbel und Aristokratie wirbelt der
Gewittersturm kommender Dinge im wüsten Taumel
zusammen und durcheinander. Und auf gen Himmel
flammt die Revolution!
Ein grausames Schicksal narrt sie alle, alle!
Die Darstellung war nicht schlecht, und doch den
Anforderungen des „Grünen Kakadu“ nicht gewachsen.
Ich hatte nach der Lektüre des Buches einen stärkeren
Eindruck.
Fritz With.
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Kakad
Der gruche zyklus
Meee d Selder
= Bureau für Zeitungsausschnitte.
Berlin NO 43, Georgenkirchplatz 21 I.
(Liest die meisten Zeitungen und ist das
bestorganisierte Bureau Deutschlands.)
Zeitung:
A 702g
#erl#s
Ort:
Datum:
ror
Artbur Schnitzler; der Fünfzigjährige.
Das „Schillertheater“ brachte als Festgruf „Die Ge¬
fährtin", „Paracelsus“ und „Der grüne Kakadu“.
(Verlag S. Fischer.)
Keines der Werke zeigt den Dichter in seiner vollen
Kraft, den eigentlichen Schnitzler, den glücklichen
Götterfreund — wie Alfred Kerr ihn nennt —
der mit
weicher, leiser, spielend vollbringender Hand die Be¬
standteile der menschlichen Psyche ordnet.
Unerwarteterweise brachte die gut gespielte „Ge¬
fährtin“, die stärkste Wirkung hervor i
Schnitzler am nächsten sie beschwört sein Reich herauf,
dasReichder Menschenvollleichtblütige Lebens¬
freudigkeit, müder Frivolität, wienerischer Dekadenz und
Empfindsamkeit. Es gibt keine Gefährtin, nur eine
Geliebte! Als Robert Pilgram müden Schrittes das
Totenzimmer verließ, das nun in Dunkel gehüllt da¬
liegt — als langsam sich der Vorhang senkte, da waren
wir alle im Banne müder Traurigkeit. Wir wußten
mit dem sehend gewordenen Mann: es gibt keine Ge¬
fährtin! —
Oder vielleicht doch für ganz, ganz
kurze Zeit?
Gröber zugeschnitten und polternder in Wort und
Wirkung war Paracelsus, der Wunderdoktor. Nur
mitunter scheint hier zwischen den Zeilen der echte
Schnitzler hervor, der sonst stärkere, bewegtere Akzente
meidet. Aus den Traumworten der hypnotisierten
Justina leuchtet er hervor. Und dann ward — wie so
gern bei dem Wiener Dichter
die Wirk¬
lichkeit Spiel und das Spiel Wirklichkeit.
Grausam wirklich aber ward das Spiel im „Grü¬
nen Kakadu“ der Verbrecherspelunke! — Schauspieler,
die Verbrecher scheinen! Verbrecher, die Schauspieler
scheinen! Kokotten, die aufrichtig lieben; Marquisen,
die Kokotten sind; Pöbel und Aristokratie wirbelt der
Gewittersturm kommender Dinge im wüsten Taumel
zusammen und durcheinander. Und auf gen Himmel
flammt die Revolution!
Ein grausames Schicksal narrt sie alle, alle!
Die Darstellung war nicht schlecht, und doch den
Anforderungen des „Grünen Kakadu“ nicht gewachsen.
Ich hatte nach der Lektüre des Buches einen stärkeren
Eindruck.
Fritz With.