II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 742

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Kak
9. 4. Der gruche adu zuklus
Ausschnitt ausfünchener Neueste Nachrichten
27 APR. 1973
München
vom:
* Residenztheater. Der unlängst erfolgten Neu¬
einstudierung von Schnitzlers Gefährtin“ schlos¬
fen sich nun die beideft Einakter „Paracelsus“
und „Der grüne Kakadu“ an und bilden nun
wieder das Ensemble, in dem sie früher wirksam
waren. Die nachdenklichen Paracelsusszenen bil¬
deten den Auftakt des Abends, und man hat im¬
merhin eine kleine historische Freude, in alte Zer¬
ten zurückzublicken. Der Figur des Theophrastus
Bombastus gibt Herr Basil eiwas gaullerhast.
S
Großsprecherisches. In das Quintett um Cyppian,
den Waffenschmied (Herr Höfer), teilten sich mit
hübscher Pointierung Frau v. Hagen, (Justina)
der „Gefährtin“ an dieser Stelle (in der Nummer vom 17. März)
Fräulein Wimplinger, [Cäcilia) Herr Teschendorf,
(Anselm) und Herr Wohlmuth (Stadfangt)
feststellte, hat die „Gefährtin“ in München den geringsten, der
Nach dem #matter Die Geführrin“ spielte man
„grüne Kakadu“ damals den größten Eindruck gemacht. In der
die Groteske „Der grüne Käkadu“. Es ist die
Aufnahme, welche die drei Stücke in ihrer diesmaligen Neueinstu¬
bunte und zuletzt etwas stürmische Szene, die sich
dierung hier fanden, schien man sich aber wieder jenem Wiener
zu Paris in Prospéres Wirtschaft am Tag der
Urteil annähern zu wollen: „die Gefährtin“ ohne Zweifel die feinste
Arbeit von den dreien, machte den besten Eindruck, für den „grünen
Bastille=Erstürmung zuträgt. Eine gemischte und
Kakadu“ schien man nicht mehr so viel übrig zu haben wie vor
für die Revolutionszet charakteristische Gesellschaft
14 Jahren. „Die Gefährtin“ wurde in der Inszenierung des
von Edelleuten und Straßentyven findet sich zu¬
Herrn Dr. Wollf in derselben Besetzung, mit Herrn Lützenkirchen,
sammen. Prospéres, des ehemaligen Direktors,
Herrn v. Jacobi und Frau Swoboda gegeben wie neulich. Der
frühere Mitglieder, unterhalten die Gäste durch
Stoff des „Paracelsus“ hat offenbar den Arzt Arthur Schnitz¬
Darstellung von Verbrechertypen, bis zuletzt aus
ler zur Darstellung gereizt. Dieser große Arzt, dessen Hauptwerke der
dem Spiel Ernit wird, und der eifersüchtige Ko¬
Jenaer Verlag Eugen Diederichs vor ein paar Jahren neu auf¬
mödiant Henri den Herzog von Candignau nieder¬
sticht.
gelegt hat, ist zwar von Schnitzler nicht besonders tief erfaßt, aber
sein in der Geschichte der Medizin schwankendes Charakterbild gab
Die Schwierigkeit der Darstellung liegt nicht so
dem modernen Arzt und Dichter immerhin Anhaltspunkte genug
sehr in den zahkreichen einzelnen „iauren, die alle
für eine artige dramatische Plauderei. Als das Stück zum erstenmal
genügend charakterisiert find, als im stürmischen
dem Publikum des Residenztheaters vorgeführt wurde, wußte es
Zusammenspiel. Dafür hatte Herr Steinrück ge¬
mit diesem Wunderboktor, der auf der Szene die Gattin eines
sorgt und den Szenen en frisches Crescendo ge¬
Baseler Waffenschmieds regelrecht hypnotisiert, nichts Rechtes an¬
geben. Die Adelszynen waren bei den Herren
zufangen, und Herr Basil, der schon damals den Paracelsus gab,
Geaumann, Tesche
mer und Schröder in
erntete nur eine Art Heiterkeitserfolg. Damals waren die Begriffe
guten Händen; di
galante Weiblichkeit
von Hypnose und Telepathie, mit denen die Aerzte in Paris und ##
fand in Frau p. H
die), Frau Swoboda
Nancy längst operierten, noch nicht so ins deutsche Publikum ein¬
(Severine) und den
d, Hohorst, Wimp¬
gedrungen. Heute weiß man aber, daß diese geheimnisvolle Wissen¬
linger treffende Cha¬
ung. Bleibt noch
schaft auch für deutsche Kliniken längst ihres Zaubers entkle
der grobe Wirt des
Basil, der lustig¬
und nahm vielleicht auch deshalb die Sache etwas ernster und al
Strosch Grein des Herrn Schwanneke, und die aus¬
hafter auf. Wenn Schnitzler seinen Paracelsus übrigens die #
gelassenen Komödiantenspäße der derren Ulmer
angebotene Stelle als Stadtarzt nicht annehmen und Basel verlassen
und Nadler. Für den Schmerz des##fersüchtigen
läßt, so darf vielleicht angemerkt werden, daß er sich eine poe¬
Heuri fand Herr v. Jacobi einen Wixiamen Ton,
tische Lizenz erlaubt hat. Paracelsus ließ sich nämlich wirklich 1525
der dem Finale zur Steigerung gerrichie. E.
in Basel nieder und wurde ein Jahr später dort als Professor der
Physik, Medizin und Chirurgie mit ganz bedeutendem Gehalt an¬
gestellt. Er verließ erst 1528 heimlich die Stadt, nachdem ihm der
Aufenthalt durch Intrigen der Apotheker und einen Prozeß ver¬
leidet worden war. Bei Schnitzler ist er noch so ziemlich der mittel¬
Bayerische Staatszeitung
alterliche reisende Wunderdoktor geblieben, der, durch die schlechte
Ausschnitt aus:
Behandlung des Baseler Waffenschmieds gereizt, eine blendende
## #pn 00 München
Probe seiner schwarzen Kunst ablegt und dann verschwindet. Diesen
vom:
Waffenschmied gab Herr Höfer, seine Gattin, das dankbare Me¬
dium, Frau v. Hagen, Frl. Wimplinger, deren Schwester, Herr
Wohlmuth den beschränkten Stadtarzt und Herr Teschendorf die
Theater und Konzerte
kleine Rolle des Junker Anselm. — Die Groteske „Der grüne
Kakadu“ zeigt uns mit großem Aufgebot an Personal und schreck¬
K. Residenztheater. Am 15. März ds. Is. hatte man Arthur
lich viel Lärm die Korruption der Pariser Gesellschaft am Tage der
Schnitzlers einaktiges Schauspiel „Die Gefährtin“ neu einstu¬
Erstürmuug der Bastille. In einem Verbrecherkeller mischen sich
em Zwecke von den beiden anderen Stücken Schnitz¬
Schmierenkomödianten, die, um die schlaffen Nerven der aristokra¬
s „Paracelsus“ und „Der grüne Kakadu“ getrennt. Nun erst
tischen Gesellschaft zu reizen, dort Verbrecher spielen, mit dieser
als Nachzügler kamen auch diese beiden Einakter mit zur Wieder¬
Gesellschaft selbst und mit wirklichen Verbrechern zu einem greu¬
holung — also ein kleiner Schnitzler=Abend. Im Mai 1899 waren
lichen Höllenbreughel, der auch die Nerven des modernen Zuschauers
alle drei Stücke an derselben Stelle zur ersten Aufführung gelang
erschüttern soll. Diese gegenseitige Durchdringung von Schein und
nachdem sie zwei Monate vorher am Wiener Burgtheater ihre Ur
Wirklichkeit endet die wirkliche Ermordung des Herzogs von Can¬
aufführung erlebt hatten. Wie ich schon in meiner Besprechung
dignau, nachdem unmittelbar vorher auch die Bastille gefallen ist.
Von der damaligen Besetzung standen noch Frau Swoboda als
Marquise, Herr Basil als Wirt und Theaterdirektor auf demselben
Posten. Den Herzog gab diesmal Herr Graumann und die beiden
wichtigsten Rollen des Henri und der Leocadie Herr v. Jacobi und
Frau v. Hagen — alle mit dem höchsten Aufgebote von Wahr¬
scheinlichkeit. Die turbulenten Massenszenen waren von Herrn Re¬
gisseur Steinrück sehr lebendig einstudiert worden, dagegen gab es
ein paar leere Stellen im vorhergehenden ruhigen Dialog. Man
gestattete sich übrigens an diesem Schnitzler=Abend den Luxus
dreier Regisseure: jeder der drei Einakter hatte seinen eigenen:
Basil, Dr. Wolf und Steinrück. Bei der ersten Aufführung war
man noch mit einem (Savits) ausgekommen. Das Haus war sehr
gut besetzt und zollte der Darstellung allen Beifall. (Wegen Raum¬
mangel verspätet. D. Red.)
2 Münchener Kammerfviele Die nene Direktan defeAhin¬