II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 777

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10 5 Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
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„OBSERVER“
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrh
Wien, IX/1 Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31a
Ausschnitt aus: Ostdeu'sche Rurdechau
vom 7/2.08.
Knnst und Wissenschaft.
Burgtheater. Zum erstenmale: „Das Ver¬
mächtniß“, Schauspiel in drei Akten von Arthur
Schnitzler. — Das kleine putzige Anatolpoetlein ist
gestern vor uns hingetreten, um fürchterliche Musterung
zu halten unter der verlogenen Bourgeoisie, die noch
immer gewisse Dänichen deshalb in Acht und Bann er¬
klärt, weil sie sich über Kleinigkeiten, wie legitime Ehe,
kühnen Herzens hinwegsetzen. Seit der „Kameliendame“
des seligen Dumas hat man uns oft bewiesen, wie
heuchlerisch die bürgerliche Gesellschaft ist und welch' er¬
habene Gesinnung im Bezirke der Halbwelt dagegen
herrscht. Eine ganze Republik aufgeklarter Weiber hat
Schnitzler in seinem neuesten Thesenstücke gegen die Bornirt¬
heit der männlichen Sünder, gegen die brutalen Mächte
der gesellschaftlichen Ueberlieferung organisirt. Wie im An¬
klageakt eines Staatsanwaltes ist Alles wohl erwogen, um
konstruiren. Der Fall
ein regelrechtes „Schuldig!“ zu
Toni Weber, den uns Schnitzler vorführt, mag an sich
recht tragisch sein, aber er ist am Ende doch nur ein
spezieller Fall, ein Zufall, der unser Mitleid erregen
kann, allein uns kein Recht gibt, die Gesellschaft dafür
verantwortlich zu machen. Schnitzler stellt indeß diesen
Fall, dessen Untersuchung wir uns noch vorbehalten, nicht
mit individualisirender Kunst und Absicht dar, sondern
so, daß er den Schein der Allgemeinheit gewinnt und
zum offenen Ankläger wird gegen den Staat und die
50 7 Gesellschaft, die solche Zustände und Möglichkeiten ge¬
Für
schaffen haben. So gibt es denn auch in dem ganzen gubi#e
100
Stücke nur Ankläger und keine Richter, nur schemenhafte orto.
ihlbar
200
Tendenzweiber und keine lebenswahren Gestalten, bis voraus
500
auf einen einzigen Menschen, der nach dem Vorbilde
" 1000
von Ibsen's Hjalmar individualisirt ist. Dieser Held jst das
Im
der Pose und der Phrase, von Herrn Hartmanni es den
Abonneme
Abonnente überraschend gut gespielt, bedeutete auch die einzige rn.
grünende Oase in der trostlosen Tendenzwüste der
h. A.
Schnitzler'schen Anklage.
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Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschnitt
105
Nr. 29
„OBSERVER“
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/1 Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31 a. —
Ausschnitt aus: Nouss Wiener Tagblatt
vom 72. 98
Theater, Kunst und Titeratur.
Burgtheater. Wenn drei letzte Acte zusammen
ein Theaterstück ergäben, so wure Pethur Schnitzler's!
dreigetiges Schauspiel „Das Vermachtaiß', das gestern
zum ersten Male aufgeführt wurde, ein gutes bürgerliches
Drama. Aber seinen drei einander folgenden Katastrophen,
welche mit großer Pünktlichkeit in jedem Act eine Leiche
als Schlußpointe ausspielen, versagt die erwartete
Wirkung, und der dramatische Eindruck des Stückes
schwächt sich in fallenden Potenzen ab, um einer geschickt
formulirten Nutzanwendung den Platz zu räumen.
Ueberall sehlen die nothwendigen Voraussetzungen,
um den Opfern der Schnitzler'schen tragischen
Willkür unsere volle Theilnahme zuzuwenden; wir ver¬
missen die von Verhältnissen und Charaktern bedingte
Grundentwicklung der uns vorgetragenen Familie###
geschichte. Diese wieder wäre, so weit wir sie aus der in
ihrer Art meisterbasten Composition des ersten Actes
ergänzend zu erkennen vermögen, wohl eine Aufgabe eher
für den erzählenden, als für den haudelnden Dichter ge##
wesen. Auf der Bühne werden die furchtbaren Wendungen
der Alltagsgeschichte zu gemeinen Unglücksfällen herab¬
gesetzt, und die Regelmäßigkeit, mit der sie sich wieter¬
holen, hat etwas Komisches. Schnitzler, der uns ein
ergreifendes Bild des menschlichen Lebens zeigen
wollte, entgeht kaum dem Verdachte, mit einem
Far 50 Zeit höchst bedenklichen Thesenstück für eine laxe, schlasse und Gusie
100
weichmüthige Moral eingetreten zu sein, und er muß es #orto.
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sich gefallen lassen, wenn wir den Anwalt mit dem Dichter jehlbar
Voraus
500
verwerfen. Das Burgtheater hatte, wenn nicht seine beste
" 1000
6 Kunst, so doch mehrere seiner besten Künstler aufgeboten. leist
Abonnement
und der äußere Erfolg der Novität entsprach den auf=stes den
Abonnenten
gewandten Mitteln. Nach dem ersten Act dankte Herr ssa.
Lewinsky im Namen des „Autors“ — er hätte ihn
wohl Dichter nennen dürsen — nach dem zweiten konnte
ihn dieser selbst ablösen, um vier= oder fünfmal vor der
Gardine zu erscheinen. Das Zünglein an der Wage des
Erfolges schwankte lange hin und her, bis Frau Hohen¬
fels mit ihrer raketenartig hinausgeschleuderten Schlu߬
M. K.
tirade den Sieg entschied.
Im Theaterin der Josephstadt findet
morgen die Vorstellung bei festlich beleuchtetem Hause
statt. Dem Stücke „Wie man Männer fesselt“ geht eine
Kaiser=Jubiläums=Ouverture von J.Klimsch und ein großes
Huldigungstablean, gestellt vom Regisseur Groß, voraus.
Wie man uns mittheilt, scheidet Fräulein Schweig¬
hofer mit Ende des Spieljahres aus dem Verbande des
Deutschen Volkstheaters.
* Heute Abends halb 8 Uhr findet im Bösendorfer¬
Saale der dritte Kammermusikabend des Hellmes¬
berger=Quartetts unter Mitwirkung des Kammer¬
oirtuosen Alfred Grünfeld statt.
Anton Dworzak trifft heute in Wien ein, um
im
der Aufführung seiner Composition „Das Heldenlied“
nächsten philharmonischen Coneerte am Sonntag bei¬
zuwohnen.
Aus Berlin wird uns telegraphirt: Der
Kaiser empfing gestern in Potsdam den Componisten
des „Esangelimann“ Dr. Wilhelm Kienzl.
Aus Köln wird uns telegraphirt: Die Erst¬
aufführung des zweiactigen Schauspiels „Das Recht¬
des Herzens“, von Possart, errang heute an der!
Kölner Bühne vollen Erfolg. Possart war anwesend und
vurde mehrmals stürmisch gerufen.—