Haien aknen
box 14/7
Gefaehrti
9.2 Diean
Deutsches Künstlerthealer.
Winakterabend.
H. F. Ein Einakterabend, der nicht von der Faust einer einzigen
dichterischen Persönlichkeit zusammengeschlossen ist, bleibt in jedem
Falle eine höchst fragwürdige Einrichtung, Man kommt aus der
fatalen Empfindung nicht heraus, Schaunummern vorgesetzt zu
erhalten, die dramatische Bühne nähert sich dem Variété, und auch;
bei günstigstem Verlaufsfühlt man sich nur eben interessant unter¬
halten, aber gewiß nicht im Innersten gepackt. Eine Sensation wird
von der anderen totgeschlagen. Und dieser Eindruck der „Pro¬
duktion“ der künstlerischen Zerrissenheit, tritt nur um so stärker!
hervor, wenn ein Birtuose der Darstellung am Werke ist.
Albert Bassermann hatte sich gestern „tiefere Bedeutung,
Ironie, Satire und Scherz“ gewählt, um alle Seiten seines eminenten
Könnens darin zu bespiegeln. Man gab Artur Schnitzlers).
„Gefährtin“, Otto Erich Hartlebens „Sittliche For¬
derung“ und fügte als Dessert an diese literarischen Delikatessen die
von alter Komödiantenherrlichkeit umschwebte Harmlosigkeit „Eine,
bil
Partie Piquet“ der Fournier und Meyer. Was Basser¬
mann im ersten Stück zeigt, ist unbestritten erlesenste Kunst im Geiste
Schnitzlers. Dieser Mann von fünfundfünfzig Jahren mit der
vergrübelten Stirn des Gelehrten, der am Grabe der Frau
noch einmal hellsichtig auf die ganze Bitterkeit seiner Ehe:
zurückblickt, der die letzte Enttäuschung, unbarmherzig gegen
sich selbst, scharfsinnig und kühl wie beim Laboratoriums¬
Vexperiment und doch mit verhaltenem Schluchzen feststellt, prägt;
tief ein. Seine stockenden Worte gleichen Blutstropfen,
die die Schicksalsstunde einem zerquälten Herzen auspreßt. Großer
des Gefühls,
schauspielerischer Intellekt gibt ein erschütterndes
r Künstler
— nicht das Gefühl selbst. — Schon ganz in
nd¬
bei Otto Erich: Spießer im Bratenrock, mi
1
und Trauerzylinder, borstenhaaric
700
utmütigen Augen — ein pracht
von
Empörung ist überaus drastisch,
t von
Treuherzigkeit, seine ausbrechende Verlit
Eine Charakterstudie, in der
scher Komik.
seine verhaltene
und
Dichters
5
ust
1 köstlichen Rudolstädter lebendig war. — Zwischen
nserer Großväter, in den Spuren Friedrich Haases,
altehrwürdigen
ann zuletzt, ganz hingegeben der
64
Che¬
Zoll ein König des Komödi
chen
.Er hat sich ein spitzes
ein
ur gelegt, unter seiner sp
eif¬
nadeln empor. sein Gang
mannes, in der schon der alte K
heit des
aß
So krächzt, kräht und piepst er über die Bühne, und er ist so
er in der unfreiwilligen Narkose die Augäpfel empordreht. Ein be¬
wundernswertes Mosaik, das ihm gewiß so leicht niemand nachmacht.
Bassermanns künstlerische Gefolgschaft war hier am besten.
Bruno Ziener gab den cholerischen Kaufmann mit einer sehr
hen 1 frischen, natürlichen und gutmütigen Drolligkeit. Arthur
Schroeder war, im Sinne seiner Aufgabe, ein seidenweicher,
der schmachtender Liebhaber, Charlotte Schult ein sympathisches,
sehr niedliches Bräutchen. Else Bassermann konnte in der
ien.
icht! gewiß dankbaren Rolle der Rita Revera bei Hartleben nur beschei¬
ten. densten Ansprüchen genügen. Es fehlte ihr durchaus an Freiheit
An= des Ausdrucks, an Grazie und Gefühl im rechten Augenblick, sie
auf= setzte dafür eine brutale Härte, die den Jugendgeliebten gewiß nicht
ice] auf die Knie gezwungen, sondern schleunigst aus dem Hause getrieben
sein! hätte. Auch im Schutzlerstück fehlten die rechten Partner. Willi
der]Grunwald war fast hilflos, Emilia Unda etwas besser, ohn
doch viel mehr als eine Umgrenzung geben zu können.
i# Der Beifall des Publikums war stark.
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9.2 Diean
Deutsches Künstlerthealer.
Winakterabend.
H. F. Ein Einakterabend, der nicht von der Faust einer einzigen
dichterischen Persönlichkeit zusammengeschlossen ist, bleibt in jedem
Falle eine höchst fragwürdige Einrichtung, Man kommt aus der
fatalen Empfindung nicht heraus, Schaunummern vorgesetzt zu
erhalten, die dramatische Bühne nähert sich dem Variété, und auch;
bei günstigstem Verlaufsfühlt man sich nur eben interessant unter¬
halten, aber gewiß nicht im Innersten gepackt. Eine Sensation wird
von der anderen totgeschlagen. Und dieser Eindruck der „Pro¬
duktion“ der künstlerischen Zerrissenheit, tritt nur um so stärker!
hervor, wenn ein Birtuose der Darstellung am Werke ist.
Albert Bassermann hatte sich gestern „tiefere Bedeutung,
Ironie, Satire und Scherz“ gewählt, um alle Seiten seines eminenten
Könnens darin zu bespiegeln. Man gab Artur Schnitzlers).
„Gefährtin“, Otto Erich Hartlebens „Sittliche For¬
derung“ und fügte als Dessert an diese literarischen Delikatessen die
von alter Komödiantenherrlichkeit umschwebte Harmlosigkeit „Eine,
bil
Partie Piquet“ der Fournier und Meyer. Was Basser¬
mann im ersten Stück zeigt, ist unbestritten erlesenste Kunst im Geiste
Schnitzlers. Dieser Mann von fünfundfünfzig Jahren mit der
vergrübelten Stirn des Gelehrten, der am Grabe der Frau
noch einmal hellsichtig auf die ganze Bitterkeit seiner Ehe:
zurückblickt, der die letzte Enttäuschung, unbarmherzig gegen
sich selbst, scharfsinnig und kühl wie beim Laboratoriums¬
Vexperiment und doch mit verhaltenem Schluchzen feststellt, prägt;
tief ein. Seine stockenden Worte gleichen Blutstropfen,
die die Schicksalsstunde einem zerquälten Herzen auspreßt. Großer
des Gefühls,
schauspielerischer Intellekt gibt ein erschütterndes
r Künstler
— nicht das Gefühl selbst. — Schon ganz in
nd¬
bei Otto Erich: Spießer im Bratenrock, mi
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und Trauerzylinder, borstenhaaric
700
utmütigen Augen — ein pracht
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Empörung ist überaus drastisch,
t von
Treuherzigkeit, seine ausbrechende Verlit
Eine Charakterstudie, in der
scher Komik.
seine verhaltene
und
Dichters
5
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1 köstlichen Rudolstädter lebendig war. — Zwischen
nserer Großväter, in den Spuren Friedrich Haases,
altehrwürdigen
ann zuletzt, ganz hingegeben der
64
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Zoll ein König des Komödi
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.Er hat sich ein spitzes
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ur gelegt, unter seiner sp
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nadeln empor. sein Gang
mannes, in der schon der alte K
heit des
aß
So krächzt, kräht und piepst er über die Bühne, und er ist so
er in der unfreiwilligen Narkose die Augäpfel empordreht. Ein be¬
wundernswertes Mosaik, das ihm gewiß so leicht niemand nachmacht.
Bassermanns künstlerische Gefolgschaft war hier am besten.
Bruno Ziener gab den cholerischen Kaufmann mit einer sehr
hen 1 frischen, natürlichen und gutmütigen Drolligkeit. Arthur
Schroeder war, im Sinne seiner Aufgabe, ein seidenweicher,
der schmachtender Liebhaber, Charlotte Schult ein sympathisches,
sehr niedliches Bräutchen. Else Bassermann konnte in der
ien.
icht! gewiß dankbaren Rolle der Rita Revera bei Hartleben nur beschei¬
ten. densten Ansprüchen genügen. Es fehlte ihr durchaus an Freiheit
An= des Ausdrucks, an Grazie und Gefühl im rechten Augenblick, sie
auf= setzte dafür eine brutale Härte, die den Jugendgeliebten gewiß nicht
ice] auf die Knie gezwungen, sondern schleunigst aus dem Hause getrieben
sein! hätte. Auch im Schutzlerstück fehlten die rechten Partner. Willi
der]Grunwald war fast hilflos, Emilia Unda etwas besser, ohn
doch viel mehr als eine Umgrenzung geben zu können.
i# Der Beifall des Publikums war stark.
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