box 14/7
Gefaehrtin
9.2. Die Gaan
.#
Berliner Börgen Courier
Abenidausgabe
Berlin
— Ko0 Wuse dox WIIKT
wie betäubt zusammenfuhr. Niemals vorher, noch „Eine Par—.—
nachher, sah ich auf der Bühne einen so maßlos! Fournier (mit dem s
erbitterten, so grenzenlos zornigen Menschen! Dieser verschimmelte Verfasserehren teilt) war unsaftiger
Theater und Mlusik
Explosion folgten majestätische Augenblicke düsterer Abschluß. Bassermann modelliert einen schmarotzieren¬
Ruhe. Soviel Leidenschaft,, dieses Aeußerste anjden Kavalier, der im Hause seines Wohltäters nach
Einakierabend.
zahlreichen Hochmutsgeberden beim Kartenspiel so
Duxchleben: — vielleicht vermochte es nur die Ge¬
Künstlerhaus.
fühlsgröße eines Leidenden herzugeben. (Zwei Tage rebellisch wird, daß die Verlobung seines Sohnes mit
Man hätte sich ja vorstellen können daß Herr
Brüche zu gehen droht. =Mit
später hörte man von einem Rückfall Sauers aufs der Haustochter
Bassermann, der nun einmal Barnowskys
Hilfe eines vorgespiegelten Traumes kommt alles
Krankenlager.)
bedeutendste Kraft ist, die beschwerliche Wanderung
Herr Bassermann zeigt schon von Anfang wieder in Ordnung. Auch die Kartenpartie, der der
„Nach Damaskus“ mitmachen würde. Aber vor
Sein Zuschauer mit der Miene eines gelangweilten
eine ungemütlichere Art von Ehemärtyrer.
den Teziungeheuern Strindbergs und seinem Ge¬
Professor Pilgrim ist ein schwerblütiger Mann (in Kiebitzes bein ohnt. Bassermann gibt den Chevalier
wissenslabyrinth ist er in theatergemäßere Zonen des
Einaktigen geflüchtet. Nach der künstlerischen Opfer= besten Jahren), der jedes Wort mit einem Lufthauch in scharf karikierter Maske mit überfärbtem Schnurr¬
st
tat für Dehmel wollte er wieder einmal in Tonarten verhaltenen Ingrimms überzieht. Nichts an ihm bart und pechschwarzem Greisenhaarreszen.
nicht ausgeschlossen, daß man diesen Aristrokraten
schwelgen, Masken und Kostüme wechseln und sich ist harmlos und er arbeitet mit soviel Mißtrauen,
auch für einen gealterten Zirkusdirektor halten könnte.
daß die Geständnisse des Rivalen kaum eine Ueber¬
in jener Richtung befriedigen, die der Virtnose in
ihm bevorzugt. Für tragisches Bedürfnis wählte er raschung bieten. Er kam darum auch mit einem Der Künstler bietet im übrigen soviel Schnörk¬
etwas von Schnitzler, üppiger schoß seine Spiel- mittleren Maß von Jähzorn aus. Immerhin hätte der Charakteristik auf, daß man vor lauter ?
nicht zum Lachen kommt. Ein paar ungez
lust bei Hartleben auf, doch die eigentliche Ueber=es für die verschärfte Teilnahme des Zuschauers aus¬
raschung sollte ein zwischen Hochmut und Schlaf= gereicht wenn Herr Grunwald, der Partner komische Momente hatte der Parvenn des
sucht torkelnder Chevalier ältesten Lustspieldatums des sich so beleidigt fühlenden Gatten die Szene[Ziener. Gemeinsam mit Herrn Schr
bringen; gerade dieses Wiederbelebungswunder ge= nicht so empfindlich abgekühlt hätte. Man sah einen mimte Fräulein Schulz die verliebte Jugend. Sie
verdutzten Herrn, der alle Vorwürfe geschäftsmän=ließ sich bei dieser Schmarrnrolle ihre sonstige Bega¬
riet nicht. Der selige Haase hat Bassermann zwar
nisch abwehrte. Und schon vorher hatte man sich bung kaum anmerken. Recht hat sie.
den Ifflandring vererbt, aber das Geheimnis ins
gefragi wie denn die Verstorbene von der präch= Auf der Bühne standen bemalte Kulissen von ehe¬
Grab genommen, wie man Rollenplunder vor
tigen Erscheinung des Ehemanns zu der unwahr= mals und wollten bemerkt sein. Aber die geblümten
Motten bewahrt.
scheinlichen Liebhabersiaur des anderen abgeglitten Reisetasche des Chevaliers war schon eher eine Sehens“
Das Schauspiel „Die Gefährtin“ gehörte
Emil Faktor.
würdigkeit.
sein konnte. Schnitzlerlähtsich jedenfalls eindrucks¬
Bestand der Brahmbühne. Es ist konzentrierter
voller spiet#lch in der Rolle der Freundin, die
ler, schmerzhafte Ehepsychologie, auf ein paar
von Emilie Unda so diskret gegeben wurde, daß
nen zusammengepreßt, die den Schleier einer
vor lauter Zurückhaltung nichts Wesenhaftes zurück¬
klichen Gemeinschaft am Begräbnistage der
Ungetreuen lüften. Der kühl trauende Witwer blieb. Und zuviel literarischen Ehrgeiz hatte der
piegelt sich in der Großmut des Wissenden, bis ihn Vorbangzieher. Er konnte sich kaum entschließen,
der wortlos melancholischen Schlußstimmung ein
die Ankunft des Anderen zur tragischen Geberde
Ende zu bereiten.
Er erwartete einen Fassungslosen und findet
eizt.
Bei Hartleben hatte die Spielleitung des Herrn
inen längst Getrösteten. Seine Lebensphilosophie
Lind schon mehr Glück. Auch mit Bassermann, der
ertrug es, von der jüngeren Gefährtin hintergangen
den Spießer aus Rudolfstadt zwar mannheimisch
zu werden; daß ihr Aehnliches widerfuhr treibt ihm
sächseln ließ aber einen unwiderstehlich launischen
das Blut in die Adern. Es ist eine Art Eifersucht —
im Namen der Verstorbenen. Ein interessantes Entrüstungsbürger hinstellte. Er war die leibhaftige
„sittliche Forderung“ mit feuerfarbener Ge¬
Motiv, das sogar die Probe auf Lebenswahrheit
erträgt. Männer gibt es, die die Augen erst auf=sundheit der Physignomie, mit strengen Brillengläsern,
mit lauter zu langen Gliedmaßen, mit Trompeten¬
tun, wenn der Rivale abspringt. Dann speien sie
stößen in der Kehle, mit einem Dümmlingslächeln im
Verachtung. Man könnte diesen Zustand auch ille¬
stieren Blicke, wenn der feierliche Ernst ein wenig
zitime Eifersucht nennen. Leider schwächt der Akt¬
verschnaufte. Man brüllte los, so oft der hoffnungs¬
durch weitere Enthül¬
schluß das Problem ab -
lose Moralprodiger die Wohlgerüche weiblichen Par¬
ungen, die es vergewöhnlichen.
füms feststellte Das waren witzige Pointer auf der
Die Rolle des Gatten sah ich damals Oskar
Sauer spielen. Ein herrlich gütiger Mensch, wan= Grundlage heiterer Naturalistik und der abgenutzte
zelte zwischen Erinnerungen und hielt den Stachel Geist dieser Satire wurde durch bebarrliche Wesens¬
o verborgen daß man ihm nichts Schroffes zu=komik immer wieder erneuert. Die Varietekünstlerin,
raute. Mild spöttelnd ließ er die Freundin seiner die Rudolfstadt ins =Gesicht lacht, gab Frau Else
Frau merken, wie gut er sich auskenne. Da kam] Bassermann mit zureichendem Humor. Das
der Blick hinter die eigentlichen Kulissen der Ver= Merkmal einer bewegten Vergangenheit sucht sie durch
langenheit. Da schossen aus verfinsterten Augen ein großblumiges Morgenkleid zu symbolisieren.
Trotz dieses Nebeneindrucks einer Provinzmadame ge¬
Blitze auf, der Körper des bresthaften Künstlers
sraffte sich empor und aus der eben noch staunend lang ihr der verführerische Vortrag eines kecken Lied¬
ragenden Stimme schwoll ein Gewitter, daß man chens. Das Publikum kam in lustigste Beifallslaune.
Gefaehrtin
9.2. Die Gaan
.#
Berliner Börgen Courier
Abenidausgabe
Berlin
— Ko0 Wuse dox WIIKT
wie betäubt zusammenfuhr. Niemals vorher, noch „Eine Par—.—
nachher, sah ich auf der Bühne einen so maßlos! Fournier (mit dem s
erbitterten, so grenzenlos zornigen Menschen! Dieser verschimmelte Verfasserehren teilt) war unsaftiger
Theater und Mlusik
Explosion folgten majestätische Augenblicke düsterer Abschluß. Bassermann modelliert einen schmarotzieren¬
Ruhe. Soviel Leidenschaft,, dieses Aeußerste anjden Kavalier, der im Hause seines Wohltäters nach
Einakierabend.
zahlreichen Hochmutsgeberden beim Kartenspiel so
Duxchleben: — vielleicht vermochte es nur die Ge¬
Künstlerhaus.
fühlsgröße eines Leidenden herzugeben. (Zwei Tage rebellisch wird, daß die Verlobung seines Sohnes mit
Man hätte sich ja vorstellen können daß Herr
Brüche zu gehen droht. =Mit
später hörte man von einem Rückfall Sauers aufs der Haustochter
Bassermann, der nun einmal Barnowskys
Hilfe eines vorgespiegelten Traumes kommt alles
Krankenlager.)
bedeutendste Kraft ist, die beschwerliche Wanderung
Herr Bassermann zeigt schon von Anfang wieder in Ordnung. Auch die Kartenpartie, der der
„Nach Damaskus“ mitmachen würde. Aber vor
Sein Zuschauer mit der Miene eines gelangweilten
eine ungemütlichere Art von Ehemärtyrer.
den Teziungeheuern Strindbergs und seinem Ge¬
Professor Pilgrim ist ein schwerblütiger Mann (in Kiebitzes bein ohnt. Bassermann gibt den Chevalier
wissenslabyrinth ist er in theatergemäßere Zonen des
Einaktigen geflüchtet. Nach der künstlerischen Opfer= besten Jahren), der jedes Wort mit einem Lufthauch in scharf karikierter Maske mit überfärbtem Schnurr¬
st
tat für Dehmel wollte er wieder einmal in Tonarten verhaltenen Ingrimms überzieht. Nichts an ihm bart und pechschwarzem Greisenhaarreszen.
nicht ausgeschlossen, daß man diesen Aristrokraten
schwelgen, Masken und Kostüme wechseln und sich ist harmlos und er arbeitet mit soviel Mißtrauen,
auch für einen gealterten Zirkusdirektor halten könnte.
daß die Geständnisse des Rivalen kaum eine Ueber¬
in jener Richtung befriedigen, die der Virtnose in
ihm bevorzugt. Für tragisches Bedürfnis wählte er raschung bieten. Er kam darum auch mit einem Der Künstler bietet im übrigen soviel Schnörk¬
etwas von Schnitzler, üppiger schoß seine Spiel- mittleren Maß von Jähzorn aus. Immerhin hätte der Charakteristik auf, daß man vor lauter ?
nicht zum Lachen kommt. Ein paar ungez
lust bei Hartleben auf, doch die eigentliche Ueber=es für die verschärfte Teilnahme des Zuschauers aus¬
raschung sollte ein zwischen Hochmut und Schlaf= gereicht wenn Herr Grunwald, der Partner komische Momente hatte der Parvenn des
sucht torkelnder Chevalier ältesten Lustspieldatums des sich so beleidigt fühlenden Gatten die Szene[Ziener. Gemeinsam mit Herrn Schr
bringen; gerade dieses Wiederbelebungswunder ge= nicht so empfindlich abgekühlt hätte. Man sah einen mimte Fräulein Schulz die verliebte Jugend. Sie
verdutzten Herrn, der alle Vorwürfe geschäftsmän=ließ sich bei dieser Schmarrnrolle ihre sonstige Bega¬
riet nicht. Der selige Haase hat Bassermann zwar
nisch abwehrte. Und schon vorher hatte man sich bung kaum anmerken. Recht hat sie.
den Ifflandring vererbt, aber das Geheimnis ins
gefragi wie denn die Verstorbene von der präch= Auf der Bühne standen bemalte Kulissen von ehe¬
Grab genommen, wie man Rollenplunder vor
tigen Erscheinung des Ehemanns zu der unwahr= mals und wollten bemerkt sein. Aber die geblümten
Motten bewahrt.
scheinlichen Liebhabersiaur des anderen abgeglitten Reisetasche des Chevaliers war schon eher eine Sehens“
Das Schauspiel „Die Gefährtin“ gehörte
Emil Faktor.
würdigkeit.
sein konnte. Schnitzlerlähtsich jedenfalls eindrucks¬
Bestand der Brahmbühne. Es ist konzentrierter
voller spiet#lch in der Rolle der Freundin, die
ler, schmerzhafte Ehepsychologie, auf ein paar
von Emilie Unda so diskret gegeben wurde, daß
nen zusammengepreßt, die den Schleier einer
vor lauter Zurückhaltung nichts Wesenhaftes zurück¬
klichen Gemeinschaft am Begräbnistage der
Ungetreuen lüften. Der kühl trauende Witwer blieb. Und zuviel literarischen Ehrgeiz hatte der
piegelt sich in der Großmut des Wissenden, bis ihn Vorbangzieher. Er konnte sich kaum entschließen,
der wortlos melancholischen Schlußstimmung ein
die Ankunft des Anderen zur tragischen Geberde
Ende zu bereiten.
Er erwartete einen Fassungslosen und findet
eizt.
Bei Hartleben hatte die Spielleitung des Herrn
inen längst Getrösteten. Seine Lebensphilosophie
Lind schon mehr Glück. Auch mit Bassermann, der
ertrug es, von der jüngeren Gefährtin hintergangen
den Spießer aus Rudolfstadt zwar mannheimisch
zu werden; daß ihr Aehnliches widerfuhr treibt ihm
sächseln ließ aber einen unwiderstehlich launischen
das Blut in die Adern. Es ist eine Art Eifersucht —
im Namen der Verstorbenen. Ein interessantes Entrüstungsbürger hinstellte. Er war die leibhaftige
„sittliche Forderung“ mit feuerfarbener Ge¬
Motiv, das sogar die Probe auf Lebenswahrheit
erträgt. Männer gibt es, die die Augen erst auf=sundheit der Physignomie, mit strengen Brillengläsern,
mit lauter zu langen Gliedmaßen, mit Trompeten¬
tun, wenn der Rivale abspringt. Dann speien sie
stößen in der Kehle, mit einem Dümmlingslächeln im
Verachtung. Man könnte diesen Zustand auch ille¬
stieren Blicke, wenn der feierliche Ernst ein wenig
zitime Eifersucht nennen. Leider schwächt der Akt¬
verschnaufte. Man brüllte los, so oft der hoffnungs¬
durch weitere Enthül¬
schluß das Problem ab -
lose Moralprodiger die Wohlgerüche weiblichen Par¬
ungen, die es vergewöhnlichen.
füms feststellte Das waren witzige Pointer auf der
Die Rolle des Gatten sah ich damals Oskar
Sauer spielen. Ein herrlich gütiger Mensch, wan= Grundlage heiterer Naturalistik und der abgenutzte
zelte zwischen Erinnerungen und hielt den Stachel Geist dieser Satire wurde durch bebarrliche Wesens¬
o verborgen daß man ihm nichts Schroffes zu=komik immer wieder erneuert. Die Varietekünstlerin,
raute. Mild spöttelnd ließ er die Freundin seiner die Rudolfstadt ins =Gesicht lacht, gab Frau Else
Frau merken, wie gut er sich auskenne. Da kam] Bassermann mit zureichendem Humor. Das
der Blick hinter die eigentlichen Kulissen der Ver= Merkmal einer bewegten Vergangenheit sucht sie durch
langenheit. Da schossen aus verfinsterten Augen ein großblumiges Morgenkleid zu symbolisieren.
Trotz dieses Nebeneindrucks einer Provinzmadame ge¬
Blitze auf, der Körper des bresthaften Künstlers
sraffte sich empor und aus der eben noch staunend lang ihr der verführerische Vortrag eines kecken Lied¬
ragenden Stimme schwoll ein Gewitter, daß man chens. Das Publikum kam in lustigste Beifallslaune.