box 14/7
Taehrtin
9.2. Die Gean
dresse: Berlin,
EA 1918
SC
atum:
voll vom höchsten Sehnen und vom heiligsten Ideal
Bassermann-Abend im Künstlertheater.
plauderte, unter dem Birnenkopf Louis Philippes
jung und grün erwachsen und aufgeblüht. Von der
Wan träumte als Kind sich zurücke, man schüttelte
Verbrüderung und Vermählung des Adels und der
ZIl sein greises Haupt. Man ditre es wenigstens,
Bourgeois, des Titels und des Geldsacks, des idealen
man konnte es schon. Vor allem zwir alten Herren.
Geburts= und des realen Besitzrechtes. Sie haben
Ganz besonders zum Beschluß dieses Dienstagabends
einander so lieb und werden sich in Ewigkeit zanken
im Deutschen Künstlertheater, alskaus den zerfallensten
und die Piquetkarten gegenseitig an den Kopf werfen.
Boncourtschlössern und den traurigsten Ruinen der
Doch weniger die politischen als die künstlerischen
Vergangenheit gespenstisch die dürre und welke Gestalt
Gespenster waren es, die am Dienstag abend in den
des Chevaliers von Rocheferrier sich loslöste und den
Ruinen spukten und das greise Haupt zum Schütteln
baumwollenen Regenschirm weiland König Louis
brachten. Niemand, auch Albert Bassermann nicht,
Philippes von Frankreich über die Häupter eines
kann den Chevalier spielen, den Chevalier in jeder
kriegswinterlich durchfrorenen und vom Berliner
Form und Spielart, ohne daß man dabei immer nur
Straßenmatsch gründlichst, gründlichst durchnäßten
an den einen denkt und hier das Gespenst aller Ge¬
Publikums aufspannte.
spenster vor sich sieht, Friedrich Haase, den Göttlichen,
Da sah man sie nun wieder beisammen sitzen, die
den König von vorgestern, den höchsten Repräsentan¬
Beeden, besunders den Eenen, wie primitive und
ten eines vorsintflutlichen ancien regime, den ge¬
archaistische Erinnerungsbilder eines expressionistischen
köpften Bourbonen, den armen Kopf mit der Krone
Spuktraumes: den dürren und hageren Chevalier,
unter dem Arm. Niemand, auch Albert Bassermann,
dem auch die Bourbonentage die vom maxima¬
wird das Blütenzeitalter der Herrschaft des schau¬
listischen Pöbel einmal geleerten Taschen nicht wieder
spielerischen Virtuosentums über das Theater von
aufgefüllt haben, und den dicken, runden, behäbigen
neuem erwecken und über uns heraufführen und den
Bauch des reichen Seidenfabrikanten aus Lyon, und
Geist der Friedrich=Haase=Kunst wieder auf den Thron
sie spielten ihre „Partie Piquet“ miteinander,
setzen. Man sieht seinen Chevalier, man wägt die
schwärmten von den goldenen, nur goldenen Tagen
Münze in der Hand hin und her und gibt sie ihm
des alten, alten Juli=Königtums. Einmal — ein¬
zurück: „Dies Haupt gleicht einer Birne — der, den
mal war j# auch diese „Partie Piquet“ ein ganz
ich meine, ist es nicht.“ Er ist doch kein Virtuosen¬
lebendiges charakteristisches Sittenbildchen und ein
geistreichstes Feuilleton, welches lustig, witzig, humor= künstler, kein urgeborener, echter und rechter, wie es
Fredericus Haase war.. Glücklicherweise, g#
weise nicht.
Gewiß sind schon augenblicklich in unser
spielkunst allerhand Tendenzen, Mächte u
rege, die über uns das Kunstbourbonentun
Art wieder aufrichten und die absolutist
herrschaft eines einzelnen Schauspieler
Bühne von neuem herstellen möcht
nur ein Vorwand, der Dramatike
leibschneider. Der Regisseur da
schöpf zwischen den Kulissen und n
zeug; ein gehorsam=untertänigster
der Hand des einen einzigen gen
Mauernweiters. Alle anderen Scha
ihm Krethi=Plethi, misera plebs
man nicht sehen und beachten sollte, ke
Dieser Virtuosenkünstler, die Friedrik
war der Feind aller Feinde, gegen den sich
achtziger Jahren zur Revolution verbanden
ter und die Regisseure, die Schauspieler und
toren im bestverstandenen, eigensten, natürk
teresse verbanden, und den sie auch über?
wegfegten, um das Zeitalter einer neuen
aufzuführen, die nur Leben sein will, nur all
Wieder= und Wide bild, mehr als Theater
Komödienspiel und sich auch grenzenlos nu
selbst täuscht, wenn sie sich als Kunst um
willen, als Kunst zum Selbstzweck ausgibt.
Ein Vorstoß des alten Virtuosentums
Taehrtin
9.2. Die Gean
dresse: Berlin,
EA 1918
SC
atum:
voll vom höchsten Sehnen und vom heiligsten Ideal
Bassermann-Abend im Künstlertheater.
plauderte, unter dem Birnenkopf Louis Philippes
jung und grün erwachsen und aufgeblüht. Von der
Wan träumte als Kind sich zurücke, man schüttelte
Verbrüderung und Vermählung des Adels und der
ZIl sein greises Haupt. Man ditre es wenigstens,
Bourgeois, des Titels und des Geldsacks, des idealen
man konnte es schon. Vor allem zwir alten Herren.
Geburts= und des realen Besitzrechtes. Sie haben
Ganz besonders zum Beschluß dieses Dienstagabends
einander so lieb und werden sich in Ewigkeit zanken
im Deutschen Künstlertheater, alskaus den zerfallensten
und die Piquetkarten gegenseitig an den Kopf werfen.
Boncourtschlössern und den traurigsten Ruinen der
Doch weniger die politischen als die künstlerischen
Vergangenheit gespenstisch die dürre und welke Gestalt
Gespenster waren es, die am Dienstag abend in den
des Chevaliers von Rocheferrier sich loslöste und den
Ruinen spukten und das greise Haupt zum Schütteln
baumwollenen Regenschirm weiland König Louis
brachten. Niemand, auch Albert Bassermann nicht,
Philippes von Frankreich über die Häupter eines
kann den Chevalier spielen, den Chevalier in jeder
kriegswinterlich durchfrorenen und vom Berliner
Form und Spielart, ohne daß man dabei immer nur
Straßenmatsch gründlichst, gründlichst durchnäßten
an den einen denkt und hier das Gespenst aller Ge¬
Publikums aufspannte.
spenster vor sich sieht, Friedrich Haase, den Göttlichen,
Da sah man sie nun wieder beisammen sitzen, die
den König von vorgestern, den höchsten Repräsentan¬
Beeden, besunders den Eenen, wie primitive und
ten eines vorsintflutlichen ancien regime, den ge¬
archaistische Erinnerungsbilder eines expressionistischen
köpften Bourbonen, den armen Kopf mit der Krone
Spuktraumes: den dürren und hageren Chevalier,
unter dem Arm. Niemand, auch Albert Bassermann,
dem auch die Bourbonentage die vom maxima¬
wird das Blütenzeitalter der Herrschaft des schau¬
listischen Pöbel einmal geleerten Taschen nicht wieder
spielerischen Virtuosentums über das Theater von
aufgefüllt haben, und den dicken, runden, behäbigen
neuem erwecken und über uns heraufführen und den
Bauch des reichen Seidenfabrikanten aus Lyon, und
Geist der Friedrich=Haase=Kunst wieder auf den Thron
sie spielten ihre „Partie Piquet“ miteinander,
setzen. Man sieht seinen Chevalier, man wägt die
schwärmten von den goldenen, nur goldenen Tagen
Münze in der Hand hin und her und gibt sie ihm
des alten, alten Juli=Königtums. Einmal — ein¬
zurück: „Dies Haupt gleicht einer Birne — der, den
mal war j# auch diese „Partie Piquet“ ein ganz
ich meine, ist es nicht.“ Er ist doch kein Virtuosen¬
lebendiges charakteristisches Sittenbildchen und ein
geistreichstes Feuilleton, welches lustig, witzig, humor= künstler, kein urgeborener, echter und rechter, wie es
Fredericus Haase war.. Glücklicherweise, g#
weise nicht.
Gewiß sind schon augenblicklich in unser
spielkunst allerhand Tendenzen, Mächte u
rege, die über uns das Kunstbourbonentun
Art wieder aufrichten und die absolutist
herrschaft eines einzelnen Schauspieler
Bühne von neuem herstellen möcht
nur ein Vorwand, der Dramatike
leibschneider. Der Regisseur da
schöpf zwischen den Kulissen und n
zeug; ein gehorsam=untertänigster
der Hand des einen einzigen gen
Mauernweiters. Alle anderen Scha
ihm Krethi=Plethi, misera plebs
man nicht sehen und beachten sollte, ke
Dieser Virtuosenkünstler, die Friedrik
war der Feind aller Feinde, gegen den sich
achtziger Jahren zur Revolution verbanden
ter und die Regisseure, die Schauspieler und
toren im bestverstandenen, eigensten, natürk
teresse verbanden, und den sie auch über?
wegfegten, um das Zeitalter einer neuen
aufzuführen, die nur Leben sein will, nur all
Wieder= und Wide bild, mehr als Theater
Komödienspiel und sich auch grenzenlos nu
selbst täuscht, wenn sie sich als Kunst um
willen, als Kunst zum Selbstzweck ausgibt.
Ein Vorstoß des alten Virtuosentums