II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 1), Paracelsus. Versspiel in einem Akt, Seite 4

9.1.
aracelsus
TSE
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N
Vertretungen in Berlin. Chicago, London, Nowvork, Paris. Stockhol
Ausschnitt aus:
Be.
vom 7
9%
Theater und Musik.
F. II. Das Deutsche Theater brachte gestern
(Sonnabend) Max Dreyers Drama „Winterschlaf“
als Novität für diese Bühne, da das Stück seit
seiner ersten Aufführung am Neuen Theater einen
mehrjährigen Winterschlaf gehalten hatte, bevor es
vom Schiffbauerdamm zur Schumannstraße wanderte.
Das Drama erlebte gestern aber auch insofern
eine Erstaufführung, als nun erst durch die vor¬
tieffliche Darstellung dies Werk einer gesunden
Wirklichkeitsdichtung zur wahren Geltung kam. Es
hatte den Erfolg einer echten, rechten Première,
das Publikum stand ganz im Banne der fesselnden
Dichtung und ihrer vorzüglichen schauspiele¬
rischen Verkörperung. Nach dem zweiten und
leb¬
dritten Akt gab der Beifall
haft kund, daß der Dichter mehrmals er¬
scheinen konnte. Das Deutsche Theater und
sein Director, der dies dramatische Dornröschen
zu neuem Leben erweckte, werden diesen Abend
den erfreulichsten Siegen rechnen können,
zu
welche die tapferen Kämpen moderner Bühnen¬
Für 50 Zeitung
nclusive
kunst errungen haben. Diese Saison des Deutschen
Porto.
Theaters steht unter dem Zeichen „Max Dreyer“ Erst
200
Zahlbar
der „Probecandidat“ und nun der „Winterschlaf“ —
500
n Voraus.
das sind zwei schöne Erfolge für einen Dichter
„ 1000
und eine Bühne, die zueinander gehören. Dreyer,
tte ist das
Im Gege wohl der sympathischste unter den jüngeren Autoren.
Abonnement du die das berechtigte Glück ihres Talents haben, jstcht es den
ern.
Abonnenten frei steht auf dem festen Boden einer Lebenspoesie,
der die naturalistische Pose der Weltverbissenheit
fremd ist. Seine Gestalten leben, aber sie leben
nicht nur, weil sie aus feiner Bebachtung in
wahrheitstreuer Gestaltung hervorgehen, sondern
sie leben auch deshalb, weil sie nicht die Gedanken¬
schwulst haben, mit der Ibsens Nachahmer
kotettiren. Dieses innerlich einsame Mädchen im
einsamen Forsthause, dessen Seele im Winterschlaf
liegt, bis ihre Sehnsucht, endlich einmal aus dem
Schlaf zum rauschenden Tag des Welt
lebens zu erwachen, ihr Schicksal und i
Tod wird — wie wahr, wie rührend wahr ist es
geschildert! Und diese reizvoll erdachte und an¬
ziehend gestaltete Figur fand eine vortreffliche
schauspielerische Versinnlichung durch Frl. Sarrow
Die Sehnsucht nach der Welt, dies leis erwachende
und immer stärker werdende Gefühl für den jungen,
ins Forsthaus verschneiten Schriftsteller, die tiefe
Verzweiflung über die brutale Schmach, die ihr
der Bräutigam angethan hat, alle diese großen
Aufgaben für eine Darstellerin wurden von Frl.
Sarrow vorzüglich gelöst. Für den wilden Franz
hatte Herr Rittner, dem herbe Leidenschaftlichkeit
besonders gut liegt, den rechten Ton. Meister¬
leistungen realistischer Bühnenkunst boten Herr Nissen
als Förster und Frl. von Pöllnitz, die als Tante
„mit den Procenten“ köstlich nüancirte. Ueber die
Art, wie Herr Sauer den Schriftsteller Meincke an¬ I.
gelegt hatte, kann man verschiedener Ansicht sein.
Meinem Gesühl nach würde der Einfluß, den
Meinckes Erscheinung auf die Försterstochter übt,
noch erklärlicher sein, wenn der Darsteller
diesen gefährlichen Gastfreund des Forst¬
hauses eine Stuse höhelheben und etwas
innerlicher geben wollte. Herr Sauer markirte
zu sehr den flüchtigen Wandervogel. Aber viel¬
leicht hatte Herr Sauer mit seiner Auffassung
Recht, jedenfalls beherrschte seine schauspielerische
Gewandtheit mit Eleganz die nicht leicht zu
spielende Rolle. — Den Beschluß des Abends
machte die Aufführung von Arthur Schnitzlers
„Paracelsus“ Das stark geschnörkelte Vers¬
spiel eines unserer natürlichsten Dichter war
neu einstudirt, um Herr Reicher Gelegenheit zu
geben, sich als Nachfolger von Kainz in einer Rolle
zu zeigen, aus der auch ein wirklicher Künstler
nichts machen kann. Die Hypnose im Costüm der
Renaissance läßt uns kühl. und auch Herr Reicher
vermochte nicht, dem berühmten Charlatan Para¬
celsus neues dramatisches Leben einzuhauchen. Es
wäre kein Unglück, wenn man den Schnitzlerschen
Paracelsus in den Winterschlaf hypnotisiren würde.