9. 1. Paracelsus
—0—
box 14/6
Telephion 12301.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
Dee
„OBSLHVE.
Nr. 84
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“ —
Vertretungen in Berlin, Chicage, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus:
Watralschr algen. Teltung Berig
vom: 7 #27
-t. „Wer Vieles bringt, wird Manchem etwas bringen,
und Jeder geht zufrieden aus dem Haus“ — meint der
Theaterdireltor im Vorspiel zum „Faust“. So dachte auch
Herr Raphael Löwenfeld und setzte im Schiller=Theater am
Mittwoch Abend gleich vier Stucke, allerdings lauter Einakter,
auf den Zettel. Da kam zuerst Max Dreyers Komödie
„Unter blonden Bestien". Die blonden Bestien
sind ein holsteinischer Gutsbesitzer und seine Frau, die
einen schwarzlockigen Geiger, der sich mit Liebesantragen lästig
macht, ohne viel Umstände zur Thür hinaus werfen. Herr
Pategg besorgte das in einer eindr##svollen Maske so recht
—con amore. Seine Parinerin Else Wasa unterstützte ihn
aufs Wackerste. Das zweite Stöck war melancholische Nah¬
rung, gereicht von dem Wiener Hugo v. Hofmanns¬
Für
und der Tod“ lautet
„Der Thor
#0 thal.
20 der Titel des Versspiels. Der Thor — so belehrt uns
50 ein Kommentar, mit dem die Direktion des „volksthümlichen
„
100 Schauspielhauses“ dem Verständniß der Besucher nachhilft —
Ii der Thor ist ein junger Edelmann, der in weltferner Ein¬
Abonnen—sämkeit lebend, sich in melancholischen Grübeleien verliert und
Abonnen
mit einem räthselhaften Fluche beladen zu sein glaubt. Wie es
sich für einen Aestheten ziemt, spricht er sich über diesen
D
Inhaltsa, einigermaßen bedenklichen Geisteszustand in einer langen Reihe
blätte flüssiger Verse aus, die aus der Form des Selbstgesprächs in
wodureh die dialogische übergehen, als aus der vierten Dimension
Leben de einige Gestalten — der Tod, eine verstorbene Geliebte, ein
theilungel verstorbener Freund — sich ebenfalls auf der Bühne ein¬
stellen, um einiges Metrische vorzutragen. Durch die auf¬
lärenden Bemerkungen des Todes und der Todten wird der
„Thor zur Einsicht gebracht, daß das Leben ihm des¬
wegen zwischen den Händen zerronnen sei, weil er
Keinem etwas gewesen und Keiner ihm. „Hand wird nur von
Hand gew'schen wenn Du nehmen willst, so gieb“, sagt
Goethe. Die Mahnung würde auch in Prosa nichts schaden,
mag also um so eher in Versen gelten. Aber, offen gestanden,
wir würden so etwas lieber im Buch lesen, als daß es auf der
Bühne vorgetragen wird mit einem Apparat, der einigermaßen
an spiritistischen Hokuspokus erinnerte. Die Darstellung bot
weder im Ganzen noch im Einzelnen c.was Bemerkenswerthes."
Um so mehr der folgende Einakter „Paracelsus“ von Artburg
Schnitzler. Der berühmte Gelehrte, Heilkünstler und Char¬
latan Theophrastus Bombastus Paracelsus von Hohenheim tritt
als Hypnotiseur auf. Indem er der Gattin des Waffenschmieds
Cypriau, Justina, bald eine Trugvorstellung als erlebte Wa
t,
heit suggerirt und dann wieder ihren Willen dahin bestimn
daß sie in Allem die reine lautere Wahrheit sagen muß.
bringt er auf geistreiche Weise zur Anschauung, wie das Leben
zwischen Ernst und Spiel, zwischen Trug und Wahrheit hin
und her pendelt. „Wer es weiß, ist klug“, sagt Paracelsus.
Gespielt wurde durchweg mit frischem Humoc und kräftiger
akteristik. Max Pategg war ein prächtiger Cyprian;
Narianne Wulf als Justina wußte ihre Rolle außergewöhnlich
interessant zu gestalten. Max Kirschner als Stabtarzt Dr.
Copus und Rudolf Lettinger als Paracelsus verdienen
ebenfalls anerkennende Erwähnung Ende gut, Alles gut.
Zum Schluß kam der Wichertsche Emakter „Post
festum“, die Geschichte von dem vergeßlichen, oder, nach
heute beliebtem Sprachgebrauch, übervergeßlichen Professor, der
beim Weggehen vom Ball den Ueberzieher verwechselt, in dem
fremden Rock natürlich nicht seinen Hausschlüssel findet, dann,
um diesen zu suchen, in das Haus zurückkehrt, wo die
festlichen Lichter eben erlöschen, und schließlich die günstige
Gelegenheit benützt, um mit dem Töchterchen des Generals,
der er bisher aus Vergeßlichkeit die Liebeserklärung schuldig
geblieben war, sich rite zu verloben. Das Stück bietet nur
eine einzige Rolle von Bedeutung, die des Professors der Ver¬
geßlichkeit Walter Stern. Diese Burde von Hans Kuhnert
ganz vortrefflich durchgeführt.
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box 14/6
Telephion 12301.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
Dee
„OBSLHVE.
Nr. 84
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“ —
Vertretungen in Berlin, Chicage, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus:
Watralschr algen. Teltung Berig
vom: 7 #27
-t. „Wer Vieles bringt, wird Manchem etwas bringen,
und Jeder geht zufrieden aus dem Haus“ — meint der
Theaterdireltor im Vorspiel zum „Faust“. So dachte auch
Herr Raphael Löwenfeld und setzte im Schiller=Theater am
Mittwoch Abend gleich vier Stucke, allerdings lauter Einakter,
auf den Zettel. Da kam zuerst Max Dreyers Komödie
„Unter blonden Bestien". Die blonden Bestien
sind ein holsteinischer Gutsbesitzer und seine Frau, die
einen schwarzlockigen Geiger, der sich mit Liebesantragen lästig
macht, ohne viel Umstände zur Thür hinaus werfen. Herr
Pategg besorgte das in einer eindr##svollen Maske so recht
—con amore. Seine Parinerin Else Wasa unterstützte ihn
aufs Wackerste. Das zweite Stöck war melancholische Nah¬
rung, gereicht von dem Wiener Hugo v. Hofmanns¬
Für
und der Tod“ lautet
„Der Thor
#0 thal.
20 der Titel des Versspiels. Der Thor — so belehrt uns
50 ein Kommentar, mit dem die Direktion des „volksthümlichen
„
100 Schauspielhauses“ dem Verständniß der Besucher nachhilft —
Ii der Thor ist ein junger Edelmann, der in weltferner Ein¬
Abonnen—sämkeit lebend, sich in melancholischen Grübeleien verliert und
Abonnen
mit einem räthselhaften Fluche beladen zu sein glaubt. Wie es
sich für einen Aestheten ziemt, spricht er sich über diesen
D
Inhaltsa, einigermaßen bedenklichen Geisteszustand in einer langen Reihe
blätte flüssiger Verse aus, die aus der Form des Selbstgesprächs in
wodureh die dialogische übergehen, als aus der vierten Dimension
Leben de einige Gestalten — der Tod, eine verstorbene Geliebte, ein
theilungel verstorbener Freund — sich ebenfalls auf der Bühne ein¬
stellen, um einiges Metrische vorzutragen. Durch die auf¬
lärenden Bemerkungen des Todes und der Todten wird der
„Thor zur Einsicht gebracht, daß das Leben ihm des¬
wegen zwischen den Händen zerronnen sei, weil er
Keinem etwas gewesen und Keiner ihm. „Hand wird nur von
Hand gew'schen wenn Du nehmen willst, so gieb“, sagt
Goethe. Die Mahnung würde auch in Prosa nichts schaden,
mag also um so eher in Versen gelten. Aber, offen gestanden,
wir würden so etwas lieber im Buch lesen, als daß es auf der
Bühne vorgetragen wird mit einem Apparat, der einigermaßen
an spiritistischen Hokuspokus erinnerte. Die Darstellung bot
weder im Ganzen noch im Einzelnen c.was Bemerkenswerthes."
Um so mehr der folgende Einakter „Paracelsus“ von Artburg
Schnitzler. Der berühmte Gelehrte, Heilkünstler und Char¬
latan Theophrastus Bombastus Paracelsus von Hohenheim tritt
als Hypnotiseur auf. Indem er der Gattin des Waffenschmieds
Cypriau, Justina, bald eine Trugvorstellung als erlebte Wa
t,
heit suggerirt und dann wieder ihren Willen dahin bestimn
daß sie in Allem die reine lautere Wahrheit sagen muß.
bringt er auf geistreiche Weise zur Anschauung, wie das Leben
zwischen Ernst und Spiel, zwischen Trug und Wahrheit hin
und her pendelt. „Wer es weiß, ist klug“, sagt Paracelsus.
Gespielt wurde durchweg mit frischem Humoc und kräftiger
akteristik. Max Pategg war ein prächtiger Cyprian;
Narianne Wulf als Justina wußte ihre Rolle außergewöhnlich
interessant zu gestalten. Max Kirschner als Stabtarzt Dr.
Copus und Rudolf Lettinger als Paracelsus verdienen
ebenfalls anerkennende Erwähnung Ende gut, Alles gut.
Zum Schluß kam der Wichertsche Emakter „Post
festum“, die Geschichte von dem vergeßlichen, oder, nach
heute beliebtem Sprachgebrauch, übervergeßlichen Professor, der
beim Weggehen vom Ball den Ueberzieher verwechselt, in dem
fremden Rock natürlich nicht seinen Hausschlüssel findet, dann,
um diesen zu suchen, in das Haus zurückkehrt, wo die
festlichen Lichter eben erlöschen, und schließlich die günstige
Gelegenheit benützt, um mit dem Töchterchen des Generals,
der er bisher aus Vergeßlichkeit die Liebeserklärung schuldig
geblieben war, sich rite zu verloben. Das Stück bietet nur
eine einzige Rolle von Bedeutung, die des Professors der Ver¬
geßlichkeit Walter Stern. Diese Burde von Hans Kuhnert
ganz vortrefflich durchgeführt.