II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 1), Paracelsus. Versspiel in einem Akt, Seite 65

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Faehrtin
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Theater und Musik. 1) Geum

Lessing=Theater.
4—
Sonnabend, den 11. September, zum ersten Male: Die Ge¬
fährtin. Schauspiel in einem Akt von Artl
Hierauf,
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neu einstudiert: Hanneles Himmelfühkt. Trünmöichlung in
zwei Teilen von Gerhart Hauptmann.
„Und das macht mir das Leben so vielfältig und abwechs¬
lungsreich, daß mir eine Faroe die ganze Welt verändert“ sagt
Schnitzler. Bei ihm ist alles Stimmung und feinste psychologische
Analyse. Er gibt sie uns in gedämpftem Planderton, den unter
allen Deutschen wohl nur die Wiener mit solch leichter Selbstverständ¬
lichkeit und solch subtilem Stimmungszauber zu behandeln verstehen.
Seine Einakter sind eigentlich dramatisierte Novellen, — Dialoge ohne
Handlung, in denen er halb ironisch, halb resigniert das
Fazit irgend einer Lebenserfahrung gibt. „Die Gefährti“ ist eins
dieser elegischen Stimmungsbilder, das schon vor 10 Jahren im
Deutschen Theater unter der Direktion Brahm aufgeführt wurde,
dann aber von den Berliner Bühnen verschwand. Das lag wohl
an einer gewissen Monotonie des Dialogs, an den vielen Gedanken¬
strichen, die ihn wie tote Punkte unterbrechen. Nur ein hervor¬
ragender Künstler vermag es, durch Wiedergabe der Hauptrolle hier
Leben zu schaffen und Interesse zu erregen.
Professor Pilgram hat seine Frau verloren. Er stand ihr
schon lange fern, er weiß, daß sie einen anderen liebte, und hätte
sie freigegeben, weun sie darum gebeten hätte. Er sah in ihr ge¬
wissermaßen eine Heldin der Entsagung, und die Leiden, die er um
sie litt, waren ihm eine Art Entschädigung für den Ver¬
es
sei
lust ihrer Liebe. Nach ihrem Tode erfährt er
die sie zum Schweigen trieb,
nicht Entsagung gewesen
sondern ihre Liebe zum andern sei nur niedrige Spielerei gewesen
und sie habe nie den Wunsch gehabt, ihm zu gehören. Da erkennt
er, daß sie eine genz gewöhnliche Natur gewesen ist, er sieht, daß er
in einer erträumten Welt gelebt und sie weit überschätzt hat. Ver¬
er wende sich ab, — nun erst ein Wissender
achtung packt ihn,
und zugleich Befreiter.
Oskar Sauers Darstellung des Professors war eine geniale
Leistung. Er war unvergleichlich in der Subtilität der Charakter¬
zeichnung, in der leise angedeuteten, aber doch scharf pointierten
Wiedergabe der Seelenregungen des feinsinnigen Gelehrten, bei dem
kühler Verstand künstlich des Herzens Fühlen zugedeckt hatte, das
nun doch, nach dem Tode der Gefährtin hervorbricht.
Die Rollen des Assistenten und der Hausfreundin sind eigent¬
lich nur Besler'viegel für die des Professors und wurden von Frl
Sussin und Herrn Stieler ohne persönliche Note wiedergegeben
Eine geschmackvolle Inszeuierung bot den richtigen Stimmungshinter¬
grund für das Stück.
Mit „Hanneles Himmelfahrt“ der zweiten Neu
einstudierung des Abends, hat der Schnitzlersche Einakter eigentlie
nur das gemein, daß sie beide im Zeichen des Todes stehen. Hier
fein sezierende, kühle Analyse, — dort das Ueberströmen einer Dichter¬
phantasie, die aus dem Vollen schöpft, die aus den Tiefen,
des Gemüts quillt und sich auch beim Beschauer an das seelische
Mitempfinden wendet. Wie ein Klang aus fernen Kindertagen, der
längst verstummte Saiten wieder zum Tönen bringt, zog Gerhart
Hauptmanns Traumdichtung in ergreifender Beseelung an uns vors
über. Die Aufführung wurde sowohl der naiven Innigkeit und phan¬
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tastischen Poesie, als auch dem düstern Realismus des werkes in
gleicher Weise gerecht. Sie war mit liebevoller Sorgfalt inszeniert, nach
Entwürfen von Ludwig v. Hofmann. Das Schemenhafte der Traum¬
gestälten wurde durch die Beleuchtung glücklich hervorgehoben, sie
wirkten wie Visionen — die Gruppe der Armenhäusler, die dem be¬
wie das personifizierte böse“
trunkenen Maurer gegenüber steht —,
Gewissen. Nur die drei lichten Engel waren zu grell beleuchtet —
auch brachten sie die Klangschönheit ihrer Verse nicht zur Geltung.
Die Hauptrollen waren in den Händen der ersten Kräfte, die
sich ihnen mit voller Hingabe widmeten. Ida Orloff führte uns
das verängstigte kranke Kind mit packendem Realismus vor und fand
erschütternde Töne für seine visionäre Verzückung. Heinz Monnard
brachte in Spiel und Stimme das Mild=Beruhigende, das von der
Person des geliebten Lehrers ausgehen soll, zu glücklichstem Ausdruck
und sprach die Bibelverse besonders schön Auch Irene Triesch brachte
die Traumerscheinung der toten Mutter durch die mystisch, in halben
Tönen geflüsterten Worte stimmlich zu schönem Gelingen. Emmanuel
Reicher zeichnete den rohen Vater mit derbem Naturalismus und
wußte das erwachende Gewissen im boshaften Trunkenbolde scharf zu
markieren. Die Armenhäusler erfuhren eine gleich drastische Wieder¬
gabe durch die Damen Wüst und Albrecht und durch die Herren
Forest, Ziener und Marr.
Ueber der Aufführung schwebte ein Stern schönen Gelingens
und sie machte sichtlichen Eindruck auf die Hörer. Weihevolle Stille
lag über dem Hause, — kein lauter Beifall störte den Zauber, der
E. v. B.
alle gefangen nahm.