II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 128

8. Freiw.
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Ziele bestehen zu lassen, die der Autor im Auge hat
Maer ist an ihnen der Reihe der von den
Er will feststellen, daß es eine Menschenclasse unter ihm geliebten und hoch geachteten Schauspielerin nicht bolde¬
Thalia-Theater.
uns geht, der gegenüber den anderen Menschen kommen. Er schlägt ihn auf den Mund...
dieser
classen die Eigenschaft des „Freiwild" in
Im Beginn des zweiten Actes erfahren wir, daß zu ihr
„Freiwild"
wohnt. Auf Grund dieser Feststellung baut er die Secundanten des Karinsky bei Rönning ge¬ Offici¬
den Conflict des Stückes auf, der in seiner Spitze wesen, von diesem aber kurzer Hand abgelehnt seine
Das neue Schauspiel des Herrn Arthur Schnitzler, mit einem empfindlichen Ausfall wider das Due
worden sind. Rönning hat einen Buben, der ihm nie zu
Verfasser des hier gleichfalls schon aufgeführten endigen soll, in Wirklichkeit aber nur mit einem über den Weg gelaufen ist, gezüchtigt wie er es ver¬ weisun
Schauspiels „Liebelei", spielt in einem kleinen Bade¬
Hiebe wider den gesunden Menschenverstand abschließ
dient, damit ist der Fall für ihn erledigt. An diesem Riede
ort, — wie im Theaterprogramm ausdrücklich ver= der den letzteren allerdings insoweit nicht ganz un¬ Entschlusse hält er auch seinen Freunden gegenüber
merkt ist, — „nicht allzuweit von Wien“. Dieser Ver
verdient trifft, als er just an entscheidungsvollster fest, nachdem diese ihm unverhohlen ausgesprochen, aufzu¬
merk soll dem Stücke eine fest umgrenzte locale Fär
Stelle des Stückes den Autor schnöde im Stiche ge- daß er sich damit auch für sie unmöglich gemacht hat
bung sichern. Man hat auf Grund dieses Vermerke
lassen hat.
hat. Er habe nur in Erfüllung einer Pflicht, Eintre
also nicht nur ein Recht, zu verlangen, daß die Leute
Ausgang und Verlauf des Conflictes entwickeln somit im guten Rechte gehandelt, und das al
im Wiener Dialect sprechen, sondern man dar
sich folgendermaßen. Der noch sehr jugendliche dafür sich todtschießen lassen, das steht zwar
auch annehmen, daß, was geschieht, nur Cavallerie=Oberlieutenant Karinsky hat seine Auge
nicht nach seinem Geschmack, dazu ist ihm sein Hand¬
hier, in diesem einen, des Näheren bezeichneten u. a. auch auf die neu engagirte Liebhaberin des Lesen zu lieb. Das Gleiche erklärt er auch einem rinsky
Orte zu geschehen möglich ist und sonst nirgends, kleinen Sommertheaters, Fräulein Riedel, geworfen, meraden des geohrfeigten Karinsky, der zu Rönning ertrag
Dieser letzteren Annahme widerspricht indeß hier aber ausnahmsweise nur Abweisung erfahren, mit dem Vorschlag kommt, dem Letzteren wenigstens ein
der Autor selbst, indem er in verschiedenen Das reizt ihn natürlich, und, von Hause aus zu ein Scheinduell zu bewilligen, da anderen Falles wirkli¬
Redewendungen, die er in das Stück auf¬
allerlei querköpfigen Dingen angelegt, verpflichtet er jenem nichts übrig bleibe, als sich glattweg eine stehen
genommen hat, deutlich betont, daß
sich seinen Kameraden gegenüber, die spröde Dame Kugel in den Kopf zu schießen. Rönning erklärt muß
was ihm an diesem einen Orte als „Freiwild" gilt, zur Theilnahme an dem beabsichtigten gemeinsamen kühl, keine Ursache zu haben, den Herrn daran zu sagen
d. h. als ein „Wild" nach dem zu jagen es Jeder Abendessen zu veranlassen. Ein Kellnerjunge, de
hindern. Im dritten Art wird Rönning von Karinsky nieve
mann frei steht, ihm „Freiwild ist überall. Unter eine von Karinsky eigenhändig geschriebene Karte an an derselben Stelle ereilt, wo die Ohrfeige gefallen gewie¬
„Freiwild" vermeint sind „die vom Theater". „Wenn
Fräulein Riedel überbringt, wird kurz ab¬ ist. Dreimal wiederholt Karinsky an Rönning die nur
die beim Theater auch schon anständig sein gewiesen. Karinsky erklärt im offenen Restau¬ Frage, ob er ihm Genugthuung geben wolle. Drei¬ jede
wollen, kennt man sich gar nicht mehr aus!",
rations-Garten, so daß es Jedermann hören mal antwortet dieser mit „nein!" Beim dritten aber
sagt einer der Officiere, die in dem Stücke mitthun, kann, daß er nun selbst gehen werde und sicher sei, „Nein, während er zugleich festen Schrittes auf den mehr
und er sagt dies unter Bezugnahme auf das All¬ sich keinen Korb zu holen. Zur Erltung dessen Officier losgeht, erhebt dieser den Revolver, es willig
gemeine, und nicht in Anwendung auf die besonderen proponirt er eine Wette um 20 Flaschen Seet, die fällt ein Schuß und mit diesem zugleich auch komm¬
Verhältnisse des einen kleinen Theater jenes Badeortes
einer der Kameraden auch annimmt. Aber dem Rönning.
ihn de
der „nicht allzuweit von Wien“ gelegen ist. Und Herrn Oberlieutenant ergeht es, wie es dem Kellner
Es wäre unrichtig, dem Verfasser zu bestreiten, daß
Die
um jede mißverständliche Deutung dieser einen jungen ergangen ist. Auch er muß vor verschlossener er mit geschickter Berechnung vorgegangen ist und Temp¬
Aeußerung unmöglich zu machen, fehlt es nicht Thüre Kehrt machen. Sein Mißgeschick wird von Wirkungen erzielt hat, die stark auf die Nerven des
an einer zweiten Aeußerung der gleichen Art, Allen, die davon hören, heiter aufgenommen, u. a
fallen. Doch die Mittel, deren er sich hiezu bedient, verein
die noch dazu von autoritärer Seite, nämlich von dem auch von einem näheren Bekannten des Fräulein sind nicht die des Kunstdramas vornehmen Stils, im
Theaterdirector selber kommt. Von dem Luxus, sich Riedel, einen Herrn Paul Rönning, der am Neben sondern die des Effectstückes groben Kalibers. Verdie
Anzüglichkeiten des Publikums zu verbitten, so be¬ tische sitzt. Wider diesen Herrn Rönning kehrt sich Ohrfeige und Todtschlag sind, so wenig als in der nehme
merkt nämlich dieser Ehrenmann, können allenfalls nun der ganze Zorn des Oberlieutenants Karinsky
gesitteten Gesellschaft, so wenig auch im literarischen ihn in
Mitglieder des Hoftheaters Gebrauch machen, nich
„Warum es ihm zu lächeln beliebe? Was es wohl Kunstwerk Recht oder Unrecht beweisende ganz
aber die der kleineren Bühnen, an denen es sich viel für Gründe geben könne, die eine Dame bestimmen, Documente. Das sind die guten Gründe der erschei¬
mehr für jede Dame empfiehlt, sich den Herren ihre Thüre verschlossen zu halten? Ob denn mit unter Rodies, und denen mögen sie überlassen Symp
Theaterbesuchern „sehr entgegenkommend zu erweisen, diesen Gründen nicht auch der denkbar sei, daß sie bleiben. Der einzige Mann in dem Stücke, Persö
Das ist deutlich genug gesprochen, um noch irgend einem Dritten nur darum den Einlaß verweigere, der im Wesen und in seinen Anschauungen den An¬ Herrn
einen Zweifel über die Art und die Beschaffenheit der weil schon ein Zweiter sich bei ihr befinde...
forderungen der guten Sitte näher kommt, ist Ober¬ Rochust
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