8.
Freiwild
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ue, venu, previa Grad, S 1, heiter; Wald + 43 Grad,
1, fast heiter.
Vorlesung von „Jung=Wien.) Im Bösendorfer=Saale gab es gestern
Abends eine Augen= und Ohrenweide für alle Anhänger der „Moderne", denn
nicht weniger als vier Herren dieser neuesten Schöpfung — Hermann Bahr,
Georg Hirschfeld, Hugo v. Hofmannsthal und Arthur Schnitzler — traten zum
erstenmale als Vorleser vor das zu wohlthätigen Zwecken versammelte Publikum
Als Erster las Georg Hirschfeld, der Autor des Schauspiels „Die Mütter
eine Erzählung „Bei Beiden". Hirschfeld ist ein bartloser, überaus zaghaft sich
gebender Jüngling, der vor lauter Schüchternheit kaum den Mund zu öffnen
sich getraut. So theilte er denn das Schicksal aller Neuerer, daß man
ihn nicht verstand. Durch Umfragen konnten wir feststellen, daß Hirsch¬
feld's Erzählung die Geschichte einer tragischen Liebe mit sehr feiner
Stimmung behandelt. Nach ihm trat Herr Hugo v. Hofmanns¬
thal, bekannt auch unter dem Namen „Loris", hervor, der ein trauriges
Gedicht „Der Thor und der Tod“ las. Aber das Tragischeste an diesem Gedicht,
st, daß man es trotz der klaren und deutlichen Stimme, mit der der Autor
vortrug, gleichfalls nicht verstand. Herr v. Hofmannsthal besitzt einen faustischen
Drang, der geeignet ist, die zahlreichen Räthsel des Leens noch um ein Erkleck¬
liches zu verwirren. In dem dramatischen Gedicht „Der Thor und der Tod
kommt ein reicher Erbe, ein Edeltaan Namens Claudio, vor der mehrere rech
angenehme Gäste bei sich empfängt: nämlich den Tod, dann eine eigene bereit¬
verstorbene Mutter und seine todte Geliebte. Der reiche Erbe Claubio hat übri¬
gens seit dem letzten Gedichte Hofmannsthals, das eine gewisse Lokalberühmtheit
erlangte, bemerkenswerthe Fortschritte gemacht. Er läßt nicht mehr, wie es in
dem gefeierten Gedichte heißt, „verschwenden — An Adler, Lamm und Pfau — Das
Salböl aus den Händen — Der todten alten Frau." Die Todten erscheinen
persönlich vor ihm, sie entgleiten nicht mehr, und wie es in dem zitirten Pom
so schön heißt: „Die Wipfel in dem Weiten. — Ihm sind sie wie das Schreiten
tra
der Tänzerinnen werth!" Der Erbe Claudio verschwendet also nicht mehr das
Salböl der todten alten Frau an Adler, Lamm und Pfau, sondern tiefsinnige
ein
Redensarten an den Tod, an seine verstorbene Mutter und seine Geliebte, die
ihm mit ebensolchen volltönigen Redensarten erwidern. Der falsche Geist und
diese
im
das hohle Pathos, mit dem das Alles vorgebracht wurde, riefen das helle Ent¬
zücken der zahlreich versammelten Hofmannsthal-Gemeinde hervor, indeß
y
die übrigen Anwesenden mit ihrem stark antiquirten Geschmacke aus
all dem Tiefsinn nicht klug werden konnten. Nunmehr las Doktor
Pal
Stie
Arthur Schnitzler mit seiner Pointirung den ersten Akt von
„Freiwild“. Der hübsche Dialog, in dem sich die gut gezeichneten Figuren des Gat¬
Sie bewegen, rief große Heiterkeit kein Einen sittenschen Erfolg
Hermann Bahr, der die Vorlesung mit einer reizenden Anekdote abschloß.
In dieser schildert der Autor die Fatalitäten eines Ehemannes, der eine schöne
Frau sein eigen nennt. Hermann Bahr trug die Erzählung, die einen starken
Anschlag von Selbsterlebtem enthält, mit prächtigem Humor vor und hatte
ließlich das ganze Publikum — die Schwärmer für die „Moderne" und die
tiquirten — als Lacher auf seiner Seite.
Aus dem Gerichtssaale.
Wien, M. Man
Freiwild
box 14/3
ue, venu, previa Grad, S 1, heiter; Wald + 43 Grad,
1, fast heiter.
Vorlesung von „Jung=Wien.) Im Bösendorfer=Saale gab es gestern
Abends eine Augen= und Ohrenweide für alle Anhänger der „Moderne", denn
nicht weniger als vier Herren dieser neuesten Schöpfung — Hermann Bahr,
Georg Hirschfeld, Hugo v. Hofmannsthal und Arthur Schnitzler — traten zum
erstenmale als Vorleser vor das zu wohlthätigen Zwecken versammelte Publikum
Als Erster las Georg Hirschfeld, der Autor des Schauspiels „Die Mütter
eine Erzählung „Bei Beiden". Hirschfeld ist ein bartloser, überaus zaghaft sich
gebender Jüngling, der vor lauter Schüchternheit kaum den Mund zu öffnen
sich getraut. So theilte er denn das Schicksal aller Neuerer, daß man
ihn nicht verstand. Durch Umfragen konnten wir feststellen, daß Hirsch¬
feld's Erzählung die Geschichte einer tragischen Liebe mit sehr feiner
Stimmung behandelt. Nach ihm trat Herr Hugo v. Hofmanns¬
thal, bekannt auch unter dem Namen „Loris", hervor, der ein trauriges
Gedicht „Der Thor und der Tod“ las. Aber das Tragischeste an diesem Gedicht,
st, daß man es trotz der klaren und deutlichen Stimme, mit der der Autor
vortrug, gleichfalls nicht verstand. Herr v. Hofmannsthal besitzt einen faustischen
Drang, der geeignet ist, die zahlreichen Räthsel des Leens noch um ein Erkleck¬
liches zu verwirren. In dem dramatischen Gedicht „Der Thor und der Tod
kommt ein reicher Erbe, ein Edeltaan Namens Claudio, vor der mehrere rech
angenehme Gäste bei sich empfängt: nämlich den Tod, dann eine eigene bereit¬
verstorbene Mutter und seine todte Geliebte. Der reiche Erbe Claubio hat übri¬
gens seit dem letzten Gedichte Hofmannsthals, das eine gewisse Lokalberühmtheit
erlangte, bemerkenswerthe Fortschritte gemacht. Er läßt nicht mehr, wie es in
dem gefeierten Gedichte heißt, „verschwenden — An Adler, Lamm und Pfau — Das
Salböl aus den Händen — Der todten alten Frau." Die Todten erscheinen
persönlich vor ihm, sie entgleiten nicht mehr, und wie es in dem zitirten Pom
so schön heißt: „Die Wipfel in dem Weiten. — Ihm sind sie wie das Schreiten
tra
der Tänzerinnen werth!" Der Erbe Claudio verschwendet also nicht mehr das
Salböl der todten alten Frau an Adler, Lamm und Pfau, sondern tiefsinnige
ein
Redensarten an den Tod, an seine verstorbene Mutter und seine Geliebte, die
ihm mit ebensolchen volltönigen Redensarten erwidern. Der falsche Geist und
diese
im
das hohle Pathos, mit dem das Alles vorgebracht wurde, riefen das helle Ent¬
zücken der zahlreich versammelten Hofmannsthal-Gemeinde hervor, indeß
y
die übrigen Anwesenden mit ihrem stark antiquirten Geschmacke aus
all dem Tiefsinn nicht klug werden konnten. Nunmehr las Doktor
Pal
Stie
Arthur Schnitzler mit seiner Pointirung den ersten Akt von
„Freiwild“. Der hübsche Dialog, in dem sich die gut gezeichneten Figuren des Gat¬
Sie bewegen, rief große Heiterkeit kein Einen sittenschen Erfolg
Hermann Bahr, der die Vorlesung mit einer reizenden Anekdote abschloß.
In dieser schildert der Autor die Fatalitäten eines Ehemannes, der eine schöne
Frau sein eigen nennt. Hermann Bahr trug die Erzählung, die einen starken
Anschlag von Selbsterlebtem enthält, mit prächtigem Humor vor und hatte
ließlich das ganze Publikum — die Schwärmer für die „Moderne" und die
tiquirten — als Lacher auf seiner Seite.
Aus dem Gerichtssaale.
Wien, M. Man