II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 167

box 14/3
8. Freiwild
Infanterie=Brigade Nr. 45 seinen An¬
nimmt.
ung der Streitfrage her¬
Der Durchlauchtigste Prinz wird auf der Rei=
die Entschließung der Regierung
Mai abgegebene Erklärung des ver¬
nach England von Höchstseinem Hofmarschall, dem
et il ne re¬
und Wissenschaft.
fassung, nur einem Buben die gebührende Züchtigung hat
zu teil werden lassen und gar nicht einzusehen vermag,
daß er für diesen Gebrauch seines vermeinten guten Rechte
„Freiwild, Schauspiel in drei
sein Leben aufs Spiel setzen soll, das ihm schon erst sehr
Schnitzler. (Zum ersten Male.)
köstlich erschien, und nun, nach der im zweiten Akte er¬
plötzlich eingetretenen heißen Sommer¬
folgenden Verlobung mit Anna Riedel, doppelt lebenswer
Residenztheater eine ernsthafte dramatische
dünkt. Er lehnt, als ihm klar gemacht wird, was für
Karinski auf dem Spiele steht, jede Verantwortung für
in der es schwül genug hergeht
den Untergang und Selbstmord des Offiziers mitleidslo¬
de Verfasser, der schon in seinem Drama
st zeigte, eine Fülle wirklicher Lebens¬
ab, er will nur einem so sinnlosen Ehrbegriff, wie ihn der
brave Oberlieutenant Rohnstedt und seine eignen Freunde
zusammenzudrängen und ein energisches
Dr. Wellner und Grehlinger vertreten, ein für allemal nichts
in eigentlichen Kern der Handlung durch
zu thun haben. Die gleiche Selbstgerechtigkeit aber, die
zelheiten fesselnd zu machen, bewährt
den blutlosen Helden in diesem peinvollen, mit viel Scharf¬
ist wiederum im ersten Akt des düstern
wild". Wir werden in eine klei¬
sinn und Debattierkunst spannend gemachten zweiten Akt
erfüllt, hindert ihn im dritten, den einzigen Ausweg zu
geführt, in der ein Sommertheater
betreten, der ihm bleibt und schleunig abzureisen. Rönning
fiziere der Kavalleriegarnison die Schau¬
erfährt, daß der Oberlieutenant, der nur noch den Tod
bewußten Theaters ihnen gehörige
durch eigne Hand vor sich sieht, vom wildesten Rachegefühl
d" betrachten, wobei sie von dem ver¬
gegen ihn, seinen Verderber, erfüllt ist, und nun erscheint
direktor Schneider allen Vorschub ge¬
es ihm als Feigheit, dieser Bedrohung auszuweichen, er
Ein wüster Gesell, der Oberlieutenant
trotzt den Bitten der Freunde und der Braut, tritt
in Schulden, Händeln und Exzessen schon
Karinski waffenlos gegenüber und wird von dem Wüten¬
en einfachen Abschied steht, versteift sich
Schauspielerin dieses Sommertheaters
den niedergeschossen
Den Selbstmord, der dem Morde folgen muß, be¬
die Leichtlebigkeit und Leichtfertigkeit
kommen wir nicht mehr zu sehen. Aber auch so ist der
nicht teilt, in seinen Vergnügungskreis
mit dem das Stück schließt, grell und schrill
Mißlaut
vollen, stößt bei dieser Gelegenheit mit
genug. Und was schlimmer ist: für den Träger der An¬
bilisten Paul Rönning zusammen, der
schauung, die der Dichter versicht, vermögen wir uns nicht
spielerin interessiert. Und als sich der
zu erwärmen. Mags sein, daß der „Coder", von dem
abgeblitzte Karinski in frechster Weise
Pold Grehlinger mit so komischem Pathos spricht, voll¬
äußert, wird Paul Rönning von Er¬
kommen überlebt und sinnlos ist, gleichwohl fühlt jeder
des Bubenstück und vom Drang seiner
Zuschauer, daß unter allen Umständen ein anderer Coder
unbekannten Neigung für Anna Riedel
an seine Stelle treten müßte und keine Gesellschaft
gt den Verleumder des Mädchens in
dabei bestehen konnte, wenn jeder allein Thäter, Prüfer
Garten. Das Duell aber, das nach
Umgebungen, unvermeidlich geworden und Richter seiner eigenen Thaten wäre. Die Unbefangen¬
s

Zur Reichstags ersatzwahl in Königsberg hat auch
ostpreußische konservative Verein für die Stadt Königs versam
nach
berg eine Erklärung veröffentlicht, daß die konservatwe
denken,
Partei, um weitere Zersplitterung zu vermeiden, von der
festgehal¬
Aufstellung eines eigenen Kandidaten absteht, es aber für
.
Duse
an sich so begreiflichen Thuns von sich ablehnen will und
naissa
von der Welt gleichsam ertrotzen möchte, daß sie im Hand¬
deren
umdrehen seine Anschauungen teile, ihn gegen jede Folge
kein
seines Auftretens schütze, hat beinahe etwas Kindisches
Die Frage, ob man mit den Wölfen heulen dürfe, solle
Wag
oder müsse, kann doch wahrhaftig nicht mit der Forderung
Paris
beantwortet werden, daß die Wölfe singen lernen mögen.
Beifall
Aus der unorganischen Verbindung realistischer Sitten¬
schilderungen und halbabstrakter Erörterungen geht in
„Freiwild“ wohl ein interessantes, aber kein gutes, dra¬
vorruf
matisch ergreifendes, seelisch überzeugendes Stück hervor.
ist sche
Die vortrefflichen Einzelheiten, gewisse Meisterzüge der
Frau
Charakteristik, der tiefe Ernst, dem es dem Verfasser ist,
physisch
sein Bemühen, das einmal aufgeworfene Problem von
Natur
den verschiedensten Seiten her zu beleuchten, können für
Künst¬
den Mangel einer vollen, ergreifenden uns mit sich fort¬
sind be¬
reißenden Handlung, zu der immer ein Held gehört, mit
Duse
dem wir zu fühlen und zu leiden vermögen, nicht ent¬
in Le
schädigen. Nichts destoweniger hätte das Schauspiel ein
abgele¬
besseres Schicksal verdient, als vor einem klaffend leeren
Brief
Hause dargestellt zu werden.
wieder
Leider muß es gesagt sein, daß diese Leere Anlaß war,
abliest
die drei Akte im vollen frischen Zug und ohne die wider¬
Bernh.
wärtigen am Residenztheater üblich gewordenen Restau¬
gesteig
rationspausen zu spielen. Das Ensemble der Darstellung
letzten
war vortrefflich. Die Herren Carl Witt (Karinski),
aber
Friese (Pold Grehlinger), Dr. Manning (Dr. Wellner),
Flavio
I. Janda (Theaterdirektor Schneider) sowie Frl. Stehle
trieb
(Pepi Fischer) zeichneten sich in lebensvoller Verkörperung
schönen
ihrer Rollen besonders aus. Hr. Burmester (Paul
Rönning) und Frl. Garnow (Anna Riedel) kämpften
kein
mit der etwas unklaren, monotonen Anlage der von ihnen
eben,
dargestellten Gestalten, gewannen ihnen jedoch immerhin
wieder
das Möglichste ab und halfen den Eindruck sichern, den
fasser
das Schauspiel trotz aller seiner Mängel verdientermaßen
er der
Adolf Stern.
hinterläßt.