II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 179


de un an, der nun an
das er von Haus aus fest, und vier unbefangenen,
entschlossen sei, entgehe. Diese Warnung erzielt das
gab dem Wellner ein ruhiges männliches Wesen, Herr
freundlichen Verkehr mit ihr. Möglich, daß sich in
Reucker hob als Rohnstedt mit schauspielerischer In¬
Gegentheil der beabsichtigten Wirkung. Rönning will
Beiden eine tiefere Neigung regt; aber ihre Beziehung
telligenz den Sinn der klugen Worte heraus; für den
der drohenden Gewalt nicht weichen und beschließt, zu
hat das Licht der Welt nicht zu scheuen, und die jung¬
Ausdruck der starken inneren Bewegung langt freilich
bleiben. Das ist sicherlich eine Inconsequenz des
Schauspielerin hat genug schlichten Stolz, um sich die
sein Temperament nicht aus. Die Chargen der Ko¬
Helden, der sich nun doch einem Wüthenden preisgibt
pecuniare Hilfe, die ihr der Freund in der reinsten
mödiantenwelt waren mit Humor erfaßt, namentlich
um den Stolz und den Muth des Mannes zu er
Absicht anbietet, zu verbitten. Dennoch gilt das „Ver¬
die Herren Zeisler und Thaller, und die Damen
weisen. Aber die Inconsequenz des Helden ist kein
hältniß für ein ausgemachtes, und Oberlieutenan¬
Moller und Bardi vermittelten treffend die satiri¬
des Autors. Darin liegt ja eben die tragische Wendung
Karinski, der es nicht fassen kann, daß eine Dame des
schen Züge. Das Stück wird ein dauernder Gewinn
der Fabel, daß der Unbefangenste schließlich in die Be¬
Sommertheaters ihn brüskirt, sieht in Rönning seiner
unseres Spielplanes sein.
fangenheit hineingebetzt wird, einen Bruch des Ein
glücklicheren Rivalen. Karinski ist nicht der Mann
heitsbewußtseins erleidet und daran zu Grunde geht
A. A.
diese Niederlage zu ertragen, und rühmt sich im Kaffee¬
* Deutsches Landestheater. (Aida.
Die Sache entwickelt sich nun, wie sie muß. Nach
hause, daß er es durchsetzen werde, Frl. Riedel zu¬
Große Oper von Verdi.) Hans Huckebein, mit dem
einem kurzen Zwischenspiel, das uns darüber aufklärt
Theilnahme an einem von den Officieren veranstalteten
Beinamen der Unglücksrabe, welcher für die Auffüh¬
wie die Lebemänner= und Komödiantenkreise die ganze
Souper nach dem Theater zu bewegen. Er sende
rung seines Schwankes einen größeren Zuschauerraum
Affaire in ihre Denk- und Anschauungsweise übersetzen
eine höfliche schriftliche Einladung durch den Piccolo
benöthigt, war für die Besucher der „volksthümlichen
des Kaffeehauses und erhält — keine Antwort. Nun gerathen die beiden Gegner aneinander, Karinski for¬
Vorstellungen zu ermäßigten Preisen" bereits zum
dert noch einmal Genugthuung, Rönning verweigert si¬
wettet er, aufs höchste gereizt, um zwanzig Flaschen
und der Officier stürzt auf den Gegner und schießt ihn zweitenmal ein Glücksrabe, da er denselben wieder den
Champagner, daß er sein Ziel erreich
verde, wenn
höchst seltenen Genuß einer Oper verschaffte. Während
nieder, ehe dieser zur Wehr greifen kann. Karinski
nühe. Er
er sich persönlich zu der spröden Dame
sich die sämmtliche Räume des Hauses füllende Zu¬
wird den Mord, den er begangen, durch Selbstmord
macht sich auch sofort auf den Weg, kehrt aber nach
büßen, und das Mädchen, um dessen willen Rönning
hörerschaft am vorigen Sonntage an der heiteren Ope¬
einer Weile verstört zurück; denn er fand eine ver¬
gestorben, deutet durch ein einziges Wort an, daß sie „Car und Zimmermann" ergötzte, fesselte dieselbe vor¬
schlossene Thüre, und seine laute Anmeldung wie sein
den Halt für das ganze Leben verloren hat.
gestern Verdi's Meisterwerk durch den Adel des Stils,
Pochen war vergeblich. Die Kameraden, die mit ihm
Es gibt immer Beurtheiler, welche in solchen dra¬
die dramatische Wahrheit und die durch das Suje
gewettet haben, suchen die Sache scherzhaft abzuthun
matischen Fällen gegen den Autor den Vorwurf
bedingte Localfarbe der Musik und nicht minder durch
aber der aufgeregte Karinski, der ein Opfer sucht
erheben, daß das Problem nicht gelöst sei. Aber der
die künstlerische Leistung des Fräuleins Helene de
heftet seine Blicke auf den Nachbartisch, an dem Pau¬
Dramatiker hat gar nicht die Insgabe, die allgemeinen
Tériane, welche in der Titelrolle ihr für drei
Rönning sitzt, und provocirt den jungen Mann, in
Probleme der Gesellschaft zu lösen, wie es etwa der
Abende bestimmtes Gastspiel beendete. Ihrer Aida
dessen Mienen er ein befriedigendes Lächeln wahrge¬
theoretische Reformer oder der lehrhafte Verfasser von
muß gegenüber der Durchführung der Partien der
nommen haben will. Rönning antwortet kühl und
Staatsromanen versucht. Dem Dichter handelt es sich
Carmen und Santuzza der Preis zuerkannt werden,
correct, aber Karinski erhitzt sich immer mehr, und be¬
darum, des Problem darzustellen, die Widersprüche in de
da ihr von dramatischem Feuer erfüllter Gesangsvor¬
zeichnet das Mädchen, das seine Gesellschaft verschmähte
Anschauungen der Gesellschaft und in den Gefühlen der In
trag und ihre temperamentvolle Darstellung auf einer
mit einem häßlichen Namen. Da fährt Rönning end¬
dividuen anschaulich zu machen und durch deren tragisch
hohen Stufe standen und sie die herrliche und schwie¬
lich auf und versetzt dem herausfordernden Beleidiger
Folgen auf das Gefühl der Zuschauer einzuwirken. De
rige Partie in jeder Hinsicht beherrschte und durch
einen Backenstreich. Der wüthende Karinski, der ver¬
individuelle Conflict wird zu Ende geführt, der dar
eine Kette fesselnder Einzelnheiten einen nicht gewöhn¬
geblich nach der Waffe an seiner Seite sucht, wird von
über schwebende allgemeine tritt geklärt zutage und lichen Eindruck zu üben im Stande war, welcher in
seinen Kameraden fortgeschleppt, und die Freund¬
wirkt auffordernd in den Gemüthern nach. Solch ein
den Scenen des dritten Aufzuges in der Ari¬
Pauls stellen sich zur Verfügung, um mit ihm der
Stück verdichtetes, aus der Verworrenheit herausge
„ patria mia, non ti vedro mai pia“ und in der
Ehrenhandel zum Austrag zu bringen. Um den Ver¬
hobenes Leben kann nichtsdestoweniger erfahrungs¬
Steigerung des leidenschaftlichen Vortrags in den
lauf dieses Ehrenhandels dreht sich der zweite Act
gemäß zu großen Umgestaltungen in der Gesellschaft
unmittelbar folgenden zwei Duos mit Amonasro und
Schon früh im Morgen sind die Secundanten Ka¬
den Anstoß geben; aber das geschieht nicht durch Lehr
Rhadames den Höhenpunkt erreichte. In ihrem durch¬
rinskis bei Renning erschienen — und haben den un¬
und Vorschlag, die auf ein ganz anderes Gebiet the
dachten Spiele war die Auffassung des Charakters der
erwarteten Bescheid erhalten, daß Rönning nicht daran
oretischer Arbeit gehören, sondern durch die Macht des
gefangenen, in Leidenschaft für den feindlichen Feldherrn
denke, sich zu schlagen. Nun kommen die Freunde des
Lebendigen, das in seinen treibenden Elementen darge¬
entbrannten ethiopischen Königstochter mit dem düsteren
Letzteren, um mit Staunen ein Gleiches zu vernehmen
stellt, in seinen ursachlichen Zusammenhängen erfaßt
Fortgang der Handlung vollkommen im Einklang.
Der schwachköpfige Poldi will anfänglich das Unge¬
auf das Leben bedeutsam zurückwirkt. Nach diese
Nach dem dritten Aufzuge wurden Fräulein Terian
heuere nicht glauben und setzt die Miene des verletzten
Seite hin hat Schnitzler seine dichterische Aufgabe ge¬
ein Kranz und ein Strauß überreicht. In der Roll¬
Ehrenmannes auf, da er daran zu glauben gezwungen
löst; er färbt nicht tendenziös — es war schon die
der egyptischen Königstochter Amneris eröffnete Fräul.
wird; aber auch der hochintelligente Dr. Wellner kann
Rede davon, daß die Vertreter verschiedener Anschau
Louise Köhler vom Stadttheater in Straßburg ein
das Staunen und die Mißbilligung nicht zurückhalten
ungen Wiederhall im Hause fanden — aber er gib
kurzes auf ein Engagement abzielendes Gastspiel. Die
er versteht zwar den Freund, der sich gegen den Wi
den Menschen und Conflicten soviel echte Lebensfarbe
dersinn des Duells sträubt und der sein neu gewor¬
Sängerin, eine Wienerin, welche als Elevin an der
daß sie überzeugend wirken und daß die Tragik des
neues Leben nicht aufs Spiel setzen will, weil ein
Wiener Hofoper ihre theatralische Laufbahn begann
„Freiwilds" jedem Fühlenden ans Herz greifen muß
gezüchtigter Excedent ihm an den Leib rücken möchte
und hierauf in Olmütz engagirt war, besitzt ein dunkles
Vielleicht hat seine Kunst der Detailmalerei ihn in
aber er ist mit seinem Gefühle auf Seiten der Gesell¬
ausgiebiges Organ, welches, wenigstens diesmal, in
in diesem Stück ein und wieder verleitet, zu weit in's
allzu gleichmäßiger Betonung zu Gehör kam und auch
schaft, die ihre Auschauungen unerbittlich vertritt, und
Einzelne zu gehen und das pikante Genrebild zu breit
bezüglich der Abstufungen in der Klangfarbe und eines
er warnt den jüngeren Genossen, sich in dem Kreise
in dem er bisher gelebt, rechtlos zu machen. Rönning auszuspinnen. Die Mischung von Satire und echte
lebhafteren Vortrags zu wünschen übrig ließ. Da auch
Poesie ist in „Liebelei glücklicher als in „Freiwild
die Darstellung gemessen und zu rückhaltend war,
bleibt bei seinem Sinn und findet einen Halt in den
Mädchen, für das er eingetreten. Sie eilt zu ihm, be¬ aber der Dichter spricht auch hier das entscheidende
blieb der Gesammterfolg der Leistung nur auf mitt¬
und das letzte Wort, und zumal der zweite Act be
lerer Höhe, und es dürfte die Sängerin vielleicht erst
schwört ihn, sich um ihretwillen nicht einer Lebensge¬
zeugt den Dramatiker, der die Fäden straff zusammen¬
bei einem zweiten Auftreten einen sympathischeren Ein¬
fahr auszusetzen, die beiderseitige Erregung drängt ver¬
faßt und zugleich den Schwerpunkt der Vorgänge in
druck hinterlassen. Neu besetzt war die Rolle des
borgene Gefühle ans Licht, Rönning begehrt die
das Innere der Menschen verlegt.
Feldherrn Rhadames mit Hr. Elsner, welcher wie
Schauspielerin zur Frau, und das Gespräch endet mit
Die Aufführung zählt zu den besten Darbietungen
sonst mit der Klangschönheit seines kräftigen und hell¬
dem Entschluß, in einer Stunde gemeinsam den Badeor
unseres Schauspiels. Herr John, der auf dem Ko
tönenden Tenors wirkte und sein feines Gefühl für
zu verlassen und sich nicht mehr zu trennen. Aber uner¬
thurn die Sicherheit des Schrittes erst gewinnen muß
das Richtige und Wahre im künstlerischen Gesang
wartete Hindernisse treten diesem Entschluße in der
Weg. Zunächst erscheint der wohlmeinende Rohnstedt, macht im Gesellschaftsstücke erhebliche Fortschritte; er bekundete. Hr. Hunold erzielte als König Amo¬
ist namentlich für Liebhaber, die nicht nur schwärmen
asro durch den energischen Ausdruck seines gut phra¬
um durch einen vertraulichen Vorschlag den peinlicher
sondern auch sonst einen Beruf und Character haben
rten Vortrags und die würdige Darstellung eine volle
Ehrenhandel doch noch zu einem leidlich befriedigenden
Wirkung. Hr. Sieglitz blieb im Besitze der Rolle
Abschluß zu bringen. Er deutet an, daß Karinski gut veranlagt. Sein Rönning war in der unbefangen,
des Oberpriesters, hingegen mußte Hr. Ehrl in hilf¬
darauf verzichte, das Leben des Gegners zu bedrohen, etwas lässigen Daseinsfreudigkeit, der man die Ver
reicher Bereitwilligkeit plötzlich für Hr. Gärtner den
wöhnung durch das Schicksal anmerkt, gut gezeichnet
wenn dieser wenigstens den Schein wahren und sich
K.
ungenannten egyptischen König übernehmen.
gewann durch die sympathische Einfachheit im Aus¬
ihm im Zweikampfe stellen wolle. Aber Rönning weis
** Concert des Quartetts Beamt. Das
drucke der Uiberzeugung und machte die Charakterent
auch dieses Anerbieten zurück; er will sich ebensowenig
wickelung, die dem Autor vorschwebte, anschaulich; man humoristische Männer=Gesangsquartett aus Brünn, an
begnadigen als tödten lassen; er findet die Angelegen¬
dessen Spitze Herr Sigmund Beamt steht, während
fühlte den Moment mit, in dem der Freidenker, der
heit damit beendet, daß ihm „einer über den Weg ge
die Namen der übrigen drei Mitglieder am Programm
den Händeln der Gesellschaft widerstrebt, durch dieses
laufen ist, den er nach Verdienst gezüchtigt hat." Ver¬
nicht genannt erscheinen, hat bereits im verflossenen
Widerstreben in die Händel hineingezogen wird. Herr
gebens betont Rohnstedt, daß es sich um die „Rettung
Jahre hier ein Concert veranstalten wollen, das jedoch
seines Kameraden handle, daß Karinski nur als Tauber traf den überreizten, unheimlichen Ton, die
nicht zu Stande gekommen ist. Seit dieser Zeit hat
Strammheit und das herausfordernde Wesen des
Officier, und als Officier nur dann leben könne, wenn
man über das Auftreten des Quartetts in anderen
Karinski, Fräulein Fasser war als Anna Riedel
er Genugthuung erhalte. Rönning hat keine Empfäng¬
Städten so viel Günstiges gelesen, daß sich das In¬
schlicht und ehrlich wie sie sollte. Auch das Charakteri
lichkeit für diese ihm fremdartige Logik und Rohnsted
teresse für ihre Leistungen noch erhöhte und das Sonn¬
muß unverrichteter Dinge abziehen. Aber die letzte stische der übrigen Figuren trat zumeist glücklich her