II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 180

8. F.
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wild


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Sund der Deutschen Monat wurden. Es
thums verdienten Männer niedergeworfen haben, und Boden zu erweitern, um die Arbeiter hat sich demnach im Fortgang der nationalen
weil sie mit ihnen in Widerstreit gerathen organisationen für das jungczechische Staats= Kämpfe unwiderleglich herausgestellt, daß die
waren wegen — nun ja, wegen der Anbringung rechtsprogramm verwerthen zu können, machten Czechen mit den Waffen, die sie gegen die
daran, durch die Erfüllung ihrer Pflichten sich den zu quittiren und sich in's Privatleben zurückzuziehen
Feuilleton.
Lebensunterhalt zu erwerben. Das wird ihr aber nicht da die Untersuchung und sein Schuldenmachen zusammen
leicht gemacht. Nicht nur, daß ihre Gage wie die der ihn ohnehin dazu drängen würden. Karinski lehnt heftig
anderen äußerst gering ist, der Director gibt ihr auch ab, da des Kaisers Rock ihm allein Stellung und Hal¬
„Freiwild."
noch die Entlassung, weil sie kein Publicum in's Theater tung gibt. Und weil man von Anna Riedel als eine
Schauspiel in drei Acten von Arthur Schnitzler.
Zum ersten Male aufgeführt am 27. November 1897 im zieht. Und als Anna Riedel den Director bittet, sie Unbezwinglichen spricht, setzt er sich in den Kopf, gerad¬
doch nicht mitten in der Saison brodlos zu machen, er sie zu gewinnen. An einer lustigen Tafel sitzt er mit
Neuen deutschen Theater.
seinen Collegen und wettet, daß Anna Riedel heute mit
hält sie die Antwort, daß sie um die halbe Gage bleiben
Mit dem Worte „Freiwild" werden die Dame
ihm soupiren wird. Am Nebentisch sitzt Rönning mit
könne. Jn dieser verzweifelten Lage findet Anna Riede
vom Theater bezeichnet, die den Lebemännern dur¬
ihre Stellung und durch ihre Nothlage preisge¬ einen ehrlichen Freund. Paul Rönning, ein junger seinem Freunde, dem Doctor. Karinski schickt zunächst
den Piccolo mit einer Einladung zu ihr, die kurzweg
geben sind. Mit bitteren Farben schildert Schnitzler die Maler, der sich in guten Verhältnissen befindet und sein
Verhältnisse an einer kleinen Sommerbühne. Der Di- Freiheit nicht einmal dem Streben nach künstlerischen abgelehnt wird. In der Erregung wettet er zwanzig
Erfolgen opfern will, interessirt sich für das anständige Flaschen Champagner, daß sie doch kommen werde. Er
rector zahlt eine so geringe Gage, daß die weiblicher
Mitglieder seines Theaters davon gar nicht leben können. Mädchen, und beabsichtigt sie aus dieser unwürdigen begibt sich in ihre Wohnung, findet sie aber verschlossen
Situation zu befreien. Fräulein Riedel und Paul treffen und kehrt verlegen zurück. Rönning, der aufgeregt dem
Die Consequenz ist, daß die Damen den Rest an Zeit
den ihnen ihre Thätigkeit frei läßt, dazu verwenden, sich auf den Spaziergängen, die der Arzt Paul verordnet Vorgange gefolgt ist, lächelt zufrieden, weil der Angriff
Gunst für ihre Kunst zu gewinnen und mit den Habitués hat, und plaudern mit einander, ohne daß von einer mißlungen ist. Der aufgeregte Officier aber bemerkt das
zu soupiren. Der Leiter des Kunsttempels sieht diese wirklichen Annäherung die Rede ist. Die ernste Schau= Lächeln, stellt Rönning heftig zur Rede, und als dieser
spielerin lehnt sogar mit Bestimmtheit den Antrag Pauls erst ausweicht, dann aber die Ehre Anna's ruhig und
Verhältnisse als den regelmäßigen Zustand an und zieh
ab, daß er ihr aus seinen Mitteln über die Knappheit fest vertritt, gebraucht Karinski ein verächtliches Wort
aus der geringen Besoldung nicht nur den Nutzen, da
er weniger Geld auszugeben hat, sondern den weiteren, der halben Gage hinweghelfe. Da ein anderer Weg von Anna. In dem Momente springt Paulus
daß die Damen den Kreis ihrer Verehrer als Publicum nicht durchführbar erscheint, will Paul abreisen und Anna und versetzt ihm in durfeige Mi. Muhe hatten die
Cameraden Karinski auf, sich auf Paul zu stürzen. Am
in das Theater locken. Die eifrigsten Besucher seines mitnehmen, um sie in bessere Verhältnisse zu bringen.
Da erscheint der Oberlieutenant Karinski in dem nächsten Tage begaben sich die Cameraden Karinskis
Hauses, namentlich die Officiere, sehen es sowie der Herr
als Zeugen zu Paul und fordern ihn zum Duell. Pau¬
Director für selbstverständlich an, daß die Damen gar kleinen Garnisonsorte. Dieser Officier ist wegen seine
lehnt jedoch ab und stellt sich auf den Standpunkt, daß
keine andere Pflicht haben, als das vergnügungslustige Lebensführung allgemein gefürchtet: er macht Schulder
er Karinski verdientermaßen gezüchtigt habe und keine
Publicum auch außerhalb des Theaters zu unterhalten und lebt, trotzdem er keine Aussicht mehr auf die
An dem kleinen Theater, das Schnitzler in die Nähe von Intervention seiner Verwandten hat, in flotter Weise Veranlassung habe, gegenüber einem solchen Menschen
Wien verlegt hat, haben sich auch alle Schauspielerinnen weiter. Insbesondere legt er seinen ganzen Stolz darein, sein Leben auf's Spiel zu setzen. Die Freunde Paul¬
und Sängerinnen dem allgemeinen Brauche längst gefügt den Damen gegenüber immer der Sieger zu sein, kommen, um ihm ihre Dienste für das Duell anzubieten
und sind beim Director und bei den Zuschauern mit Karinski ist noch jetzt in Untersuchung, weil er einen und erfahren zu ihrem größten Erstaunen, was geschehen.
Recht beliebt geworden. Nur eine junge Anfängerin, Civilisten, der ihn zufällig angestoßen, mit dem Säbel Sie können sein Verhalten nicht begreifen und reden
welche die Liebhaberinnen spielt, Anna Riedel, widersetzt niedergehauen hat. Karinskis Jugendfreund und ihm zu, das Duell nicht zu vermeiden. Aber Paul bleibt
sich der „Theaterordnung." Sie weist jede Annäherung Camerad, Oberlieutenant Rohnstedt, sucht vergeblich ab¬ fest; er gesteht der ritterlichen Austragung keinerlei
der galanten Herren beharrlich zurück und denkt nur zumahnen und räth ihm ernstlich, lieber seine Charge Wirkung zu und weist mit Nachdruck darauf hin, daß
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