II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 210

8.
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Ausschnitt aus:
4.
vom
Theaterzeitung.
Carltheater. Und wieder erhielt Herr Reusch von
Herrn Klein eine Ohrfeige und wieder wurde Herr Klein
von Herrn Reusch erschossen! Und doch ein anderes
Stück. Wir sprechen von Arthur Schnitzler's Schau¬
spiel „Freiwild", das nach einer langen glücklichen
Fahrt durch die deutsche Theaterwelt erst gestern in Wien
anlangte, in der Stadt, wo es geboren. Der Erfolg blieb
auch hier dem interessanten Werke tren. Der Dichter
wurde nach allen Actschlüssen stürmisch vor die Rampe
gerufen. Er tritt diesmal gestiefelt und gespornt als Dra¬
matiker auf, der nicht den Seelenständen nachspürt, sondern
einen äußerlichen Conflict mit sicherer Hand für das
Theater verwerthet. Aber auch bei dieser Arbeit lassen
ihn sein künstlerischer Sinn und sein literarischer Geschmack
nicht im Stiche. Das Schauspiel behandelt die Duellfrage,
die just in den letzten Tagen traurige Actualität
gewann. Der Stoff ist auf dem Theater heimisch, aber er
bleibt ewig neu. Als ein Mann des objectiven Ver¬
fahrens packt ihn der Verfasser an. Das Für
wird ebenso vernünftig erörtert, wie das Wiber.
Die Sache ist auf eine Ohrfeige gestellt und wird mit
einem Pistolenschusse erledigt. Der Vorgang ist ungeheuer
einfach und doch so wirksam. Ein Officier beleidigt eine
Schauspielerin, deren Tugend er nicht für waschecht
hält. Ein junger Mann, der das Mädchen liebt, gibt
50 dem Officier eine Ohrfeige. Das Ereigniß spielt
100 in einem Badeorte auf dem Platze zwischen dem Theater
inclusive
Porto.
200 und einem Kaffeehause. Der Officier, der keine Waffe be¬
Zahlbar
„ 500 sich trägt, ist nicht in der Lage, den Attentäter sofort
im Voraus.
„ 1000 niederzuschlagen. Der junge Mann wird zum Duell ge¬
Im fordert, aber er verweigert starrsinnig die Genug-hnitte ist das
Abonnemethuung. Als man ihn ersucht, auf seine Ehren steht es den
Abonnent bedacht zu sein, erwidert er kalt: „Nicht auf ändern.
das, was uns geschieht, auf das, was wir thun, kommt
es an." Und einem Rittmeister, der als Cartelltra, er bei
ihm erscheint, setzt er die Situation wie folgt aus¬
einander: „Für einen Schlag, den er verdient hat, soll
ich den Tod erleiden, denn ich nicht verdiene? Das
scheint mir nicht das richtige Verhältniß." Der
Cartellträger, der überflüssigerweise zum Bittsteller wird,
sucht ihm mit nicht minder guten Gegengründen beizu¬
kommen. Sie sind für ein Pistolenduell trefflich und für
ein Säbelduell stichhältig. Der Rittmeister, der sogar zum
zweiten Male bei dem Civilisten erscheint und ihm über¬
dies ein Scheinduell vorschlägt, mehr aus der Phantasie
des Dichters, als aus dem Soldatenleben gegriffen. So
einen Officier gibt es nicht auf unserem Planeten,
möglicherweise existirt er auf dem Mars. In beneidens¬
werther Selbsterkenntniß sagt er zwar: „Was kein andere
meiner Kameraden thäte, das ihne ich, aber er wird
dadurch nicht glaubwürdiger. Das ist höchstens ein Ein¬
geständniß der Schwäche — des Schauspieles. Alle Welt
räth nun dem Duellverweigerer, der Rache des Be¬
leidigten durch eine schleunige Abreise zu entfliehen, aber
er bleibt jetzt erst recht, um zu zeigen, daß es
ihm nicht an Muth fehle. Ja, er hat noch die
Ruhe, sich mit der tugendhaften Schauspielerin zu
verloben. Doch rasch tritt ihn die Rache an. Auf dem¬
selben Platze, wo die Ohrfeige gefallen war, sie
Officier den Mann zur Rede und schießt ihn über den
Haufen. Das sind die Hauptgeschehnisse, an denen sich
löstliche Episoden aus der sommerlichen Provinzheaterwelt
pig emportanten. Der endliche Director, der eifersüchtige
Komite, und die locker haben mit dem Auge
eines Humoristen geschaut und meisterlich geschildert. Mit
dem Spiele der Hauptdarsteller weren wir höchlich zu¬
frieden. Bürger und Officier, Herr Klein und Herr Reusch,
schlugen stammende Wirkungen aus ihren Rollen. Keiner will
besser sein als der Andere sind darum kann man von
edes sagen: Einer ist besser als der