II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 213

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Schauspiel in
(Carltheater.) „Freiwild,
drei Acten von Arthur Schnitzler. Wenn Jemand von
schweren Bedenken bezüglich des Zweikampfes erfüllt ist und
sich diese Bedenken zur eigenen Erleichterung recht gründlich
läßt sich
schreiben will
von der Seele
dagegen wol nichts einwenden. Wenn diese Seelen¬
entlastung in dramatischer Form, also stückweise erfolgt,
so mag das wol als erschwerender Umstand gelten, aber
füglich kann auch dagegen ein berechtigter Ein¬
wand nicht erhoben werden. Und gelangt ein solches
das eine vielleicht
Stück zur Aufführung,
aber doch eine Thatsache,
betrübliche Thatsache,
die sich eben nicht abwenden läßt. Wenn aber dann ein
solches Stück mit der Prätension einer künstlerischen Leistung
an uns herantritt, wenn es eine ernsthafte kritische Beurthei¬
lung verlangt, dann ist das denn doch eine starke Zumuthung,
eine Herausforderung, die man nach dem Codex der gesunden
Vernunft ruhig ablehnen kann. Wir machen von
diesem codificirten Rechte Gebrauch und lehnen es
uns dem heute
ebenso artig als entschieden ab,
im Carltheater zum erstenmale aufgeführten Schauspiel „Frei¬
wild des Herrn Arthur Schnitzler mit dem schweren Rüstzeug
In diesem Stück fällt eine
literarischer Kritik zu stellen.
Ohrfeige. Darauf steht das Stück. Denn diese Ohrfeige wird
von Herrn Paul Rönning, einem ebenso wohlhabenden als
edlen und grundgescheiten Civilisten, dem Herrn Lieutenant
Karinski versetzt, der natürlich ein Spieler, ein Schulden¬
Mädchenjäger, kurzum ein
macher, ein Raufbold,
ihn in Duellstücken mit
wie man
Officier ist,
benöthigt. Es wäre tragisch,
Besserungstendenz unbedingt
wenn dieser Lieutenant Karinski, der doch auch
sonst ziemlich schneidig ist, etwa rascher mit einer Ohrfeige
am Platze wäre als der edle, grundgescheite Herr Rönning.
In diesem Falle wäre nämlich das Stück schon im ersten
Act zu Ende. Herr Rönning könnte mit einer geschwollenen
Backe und seinen gesammten Ueberzeugungen nach Hause
gehen, von dem schallenden Gelächter aller Freunde un¬
freiwilligen Humors begleitet. Denn Einer, dem eine wohl
gerathene Mautschelle im Gesichte sitzt und der dann mann¬
haft erklärt, sich nicht duelliren zu wollen, ist doch wol eine
komische Figur. Darum fällt die Ohrfeige in entgegengesetzter
Richtung und so kann das Stück für weitere zwei Acte auf¬
recht stehen. Ein geohrfeigter Officier! Das nimmt
sich gleich viel ernsthafter aus. Denn der muß
sich ja schlagen und will es auch. Aber Herr Rönning ver¬
weigert das Duell. Seine Ueberzeugungen sind nun einmal
nur auf Ohrfeigen eingerichtet. Da ist er also, der große
dramatische Conflict. Wie wird er gelöst werden? Sehr ein¬
fach. Die beiden Männer begegnen sich, jeder einen
Revolver in der Tasche. Abermals balancirt das ganze
Stück auf einem Geschwindigkeitseffect, der nichts weniger ist
als Zauberei. Herr Lieutenant Karinski ist schneller schußbereit
und drückt seinen Revolver früher ab, als Herr Rönning.
Das ist ein wahres Glück. Denn wenn Rönning's Schuß
früher fiele und der Lieutenant als Leiche am Flecke bliebe,
dann wäre ja dieser der Märtyrer, ein Held seiner Ehre oder
doch seines Ehrbegriffes, kurzum der, dem die Sympathie
bleibt. Und damit fiele ja die ganze, mühselig aufgerichtete
Tendenz zusammen und Herr Arthur Schnitzler hätte etwa
Militärfreundlich¬
gar ein Stück geschrieben, das fast nach¬
keit aussähe. Was zwischen der so rechtzeitigen Ohrfeige
und dem ebenso rechtzeitigen Pistolenschuß liegt, ist
schon so oft und um so viel besser geschrieben worden, daß
es kaum der Mühe lohnt dessen zu erwähnen: Es ist so
ziemlich Alles, was für und gegen das Duell geltend ge¬
macht werden kann. Und erst die eigentliche „Handlung" des
Stückes, die ist so nebensächlich und so abgebraucht, daß
darüber wirklich nichts zu sagen ist. Das tugendsame Mädchen,
das sich der Bühne widmet und von seiner kargen Gage
leben will, und der hochherzige Mann, der dieses Mädchen
dem Untergange entreißen und heiraten will, das sind doch
zu gute Bekannte noch von der alten, höchst unmodernen
Den Lieutenant
Bühnenkunst der Birch=Pfeiffer her.
Karinski spielte Herr Reusch so, daß diese Caricatur
Da¬
eines Officiers fast lebensmöglich erschien.
gegen gab Herr Meyer=Eigen einen Rittmeister, der
wol auch in der Miliz irgend einer südamerikanischen
Republik sofort aus Dienstesrücksichten pensionirt würde, und
Herr Blum stellte einen Lieutenant dar, wie er überhaupt
nur in den Auslagefenstern der Uniformirungsfirmen als
after Holzpuppe zu finden sein dürfte. Den edlen grundgescheiten
zicka, Civilisten, den Paul Rönning, spielte Herr Klein vom Raimund¬